# taz.de -- Aktivist über den Einsatz gegen rechts: „Wir wollen nicht ins Exil gehen“
       
       > Das Bündnis „Wann wenn nicht jetzt“ startet eine Tour durch den Osten. Es
       > will die Wende von links, sagt Mitorganisator René Hahn.
       
 (IMG) Bild: Die Marktplatztour im Osten will dazu inspirieren, gemeinsam anzupacken. Ohne die AfD
       
       taz: Herr Hahn, am 20. startet eine Marktplatztour durch Sachsen,
       Brandenburg und Thüringen unter dem Motto „Den Osten nicht den Rechten
       überlassen“. Was steht dahinter? 
       
       René Hahn: Wir wollen die Menschen vor Ort miteinander ins Gespräch
       bringen, Anwohner, Zugezogene, Geflüchtete oder auch die CDU. Wir alle
       tragen eine gesellschaftliche Verantwortung dafür, [1][dass die AfD nicht
       weiter Zulauf bekommt] oder gar an einer Regierung beteiligt wird. Dafür
       müssen wir auch Bildungsarbeit leisten und solidarisch miteinander sein. Es
       ist wichtig, jetzt gegenzusteuern und aus unserer Geschichte zu lernen,
       damit sich Verhältnisse wie in der 1930er Jahren nicht wiederholen.
       
       Wie soll das aussehen? 
       
       In Zwickau wird es zum Beispiel ein Streetsoccer-Turnier geben, einen
       Graffiti-Workshop, Lesungen zu den Themen „Hooligans und Gewalt“ und
       „Aufbruch im Osten“, Infostände von Initiativen aus der Nachbarschaft,
       Ausstellungen, Konzerte und außerdem einen Workshop, in dem wir uns mit der
       Frage beschäftigen: „Wie kann ein kreativer Umgang mit Leerstand aussehen?“
       
       Die Tour wird auch von Gruppen wie der Interventionistischen Linken in
       Hamburg unterstützt. Kommt jetzt die Großstadt-Antifa und versucht, kurz
       vor den Landtagswahlen was zu reißen? 
       
       Es ist ein großes Projekt mit vielen Partnern. Deshalb kommen auch Leute
       aus Städten wie Leipzig, Hamburg und Berlin, um hier mit anzupacken,
       aufzubauen, mit zu organisieren. Sie kommen nicht einfach an, um sich
       einzumischen, sondern wir haben vieles im Vorfeld miteinander abgestimmt.
       
       Trotzdem gucken jetzt kurz vor den Wahlen plötzlich alle in den Osten und
       kriegen einen Schreck angesichts der bevorstehenden Ergebnisse. Wie nehmen
       Sie das wahr? 
       
       Es ist wichtig, über die Wahlen hinaus dranzubleiben, das haben wir den
       Kooperationspartnern im Vorfeld vermittelt. Wir hoffen, dass langfristige
       Partnerschaften zwischen den Initiativen und Engagierten entstehen.
       [2][Egal wie erschreckend die Wahl ausgehen wird] – wir leben ja immer noch
       hier. Wir wollen auch nicht alle ins Exil gehen.
       
       Es soll auch darum gehen, die Wende von links aufzuarbeiten. Was bedeutet
       das? 
       
       Nach der Wende hat ja die Treuhand viele Unternehmen abgewickelt und
       Betriebe geschlossen. Da muss man ins Gespräch kommen und sich anschauen,
       was das ausgelöst hat, welchen Frust, und was vielleicht den Nährboden für
       die AfD geliefert hat. Wir wollen den Menschen signalisieren, dass wir
       gemeinsam anpacken können. Sie müssen dafür nicht die AfD wählen.
       
       Welche Antworten können Sie anbieten, die die Parteien links von der AfD
       offenbar nicht haben? 
       
       Gemeinsam Projekte zu starten, ist sicherlich besser, als in Depressionen
       zu verfallen oder sich zu verkriechen. Fridays for Future sind auch ein
       gutes Beispiel: Den jungen Menschen wurde immer vorgehalten, unpolitisch zu
       sein, und sie wurden von den Politiker*innen nicht ernst genommen. Ihnen
       muss man Anknüpfungspunkte geben, ihre Kritik ernst nehmen und sie mit
       einbeziehen.
       
       Im Vergleich zur vergangenen Landtagswahl im Jahr 2014 wird die AfD ihren
       Stimmenanteil am 1. September wahrscheinlich verdoppeln. Merken Sie im
       Alltag, wie die Stimmung sich verändert hat? 
       
       Als Jugendverein beobachten wir gesellschaftliche Prozesse natürlich, aber
       wir sind nicht permanent damit konfrontiert. Vielleicht liegt das aber auch
       an der eigenen Filterblase. Manchmal merkt man eine gewisse Verunsicherung,
       wie mit den Entwicklungen umgegangen werden soll.
       
       Wie bereiten Sie sich auf die Zeit nach der Wahl vor? 
       
       Wir sitzen nicht da und bereiten uns darauf vor, wie es dann mit der AfD
       als stärkster Partei ist. Wir organisieren ja etliche Projekte selbst und
       stecken auch finanzielle Mittel selbst rein. Da sind wir erst mal
       abgesichert. Für größere Projekte müssen wir vielleicht kreativ werden, um
       Fördermittel und Genehmigungen zu bekommen. Vor allem sollten wir aber auch
       gelassen bleiben und weiter überzeugt unsere Werte und Projekte vertreten.
       
       Wie ist die Marktplatztour finanziert? 
       
       Es gab unter anderem ein Crowdfunding. Nach den Ergebnissen der
       Kommunalwahlen hat man richtig gemerkt, dass die Spendenbereitschaft
       zugenommen hat. Aber man sieht ja auch bei der Seenotrettung, dass die
       Bereitschaft da ist. Wir sind optimistisch, dass es immer noch Leute gibt,
       die sagen: [3][„Wir müssen genau in solchen Momenten zusammenstehen] und
       geben, was wir haben – ob Geld, Zeit oder andere Mittel.“
       
       16 Jul 2019
       
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