# taz.de -- Die Wahrheit: „So hältst du den Wolf nicht fern!“
       
       > Der neue britische Premier: Die schönsten Anekdoten über den
       > sympathischen Wirbelwind Boris Johnson.
       
       Am Mittwoch der vergangenen Woche wurde der 55-jährige Alexander Boris de
       Pfeffel Johnson von Queen Elizabeth II. zum 77. Premierminister des
       Vereinigten Königreichs ernannt. Dieses große historische Ereignis nimmt
       die Wahrheit heute zum Anlass, ausgewählte Anekdoten aus dem schillernden
       Leben des bedeutenden Buffoon zu erzählen. 
       
       Erst vor wenigen Jahren entdeckten Archäologen in einer verfallenen Gruft
       Boris Johnsons Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großmutter. Alles, was man durch das
       Genmaterial der aparten Mumie herausfinden konnte, deutet darauf hin, dass
       er einen abseitigen Anspruch auf den englischen Thron innehat – allerdings
       erst, wenn alle anderen 9.000 Thronfolger vor ihm sterben sollten. Boris
       Johnson aber hält dies als geheimen letzten Trumpf in der Hinterhand
       zurück. Man kann ja nie wissen …
       
       ***
       
       Während seiner Zeit im Elite-Internat Eton rief Boris Johnson den
       berüchtigten „Königlichen Kekskreis“ ins Leben, für den er sechs Mitschüler
       in seinem Alter gewinnen konnte. Jeden Donnerstag um Punkt acht Uhr abends
       versammelten sich die „Cookies“, wie sie genannt wurden, in einem alten
       Bootshaus an der Themse und bildeten in ihren schwarzen Schuluniformen
       einen Kreis um einen runzligen Holztisch. In die Mitte wurde ein Butterkeks
       aus dem Hause „Royal Dansk“ platziert, dann ließen die Jungen den Frühling
       erwachen und erleichterten sich. Wer aber als Letzter Onans Nektar auf das
       köstliche Backwerk niederregnen ließ, der musste das süße Objekt der
       Begierde verzehren. Wie später einhellig berichtet wurde, war dies stets
       der noch unerfahrene Boris Johnson.
       
       ***
       
       Als Boris Johnson sich als junger Student einmal nicht entscheiden konnte,
       ob er lieber Journalist oder Politiker werden wollte, setze er sich
       grübelnd unter einen Baum. Bald darauf schlief er ein. Als er wieder
       erwachte, hatte er einen runkelroten Sonnenbrand und arge Kopfschmerzen.
       Jetzt ahnte er, wohin genau sein Weg ihn führen würde.
       
       ***
       
       Am Eton College prahlte Boris Johnson gern damit, dass er mit Königin
       Elisabeth und Prinz Charles verwandt sei. Das hinge mit seinen deutschen
       Urururgroßeltern Adelheid Pauline Karoline von Rottenburg, nichteheliche
       Tochter des Prinzen Paul von Württemberg, und Karl Maximilian Freiherr von
       Pfeffel, Sohn des bayerischen Gesandten Christian Hubert von Pfeffel, Enkel
       des französisch-zweibrückischen Diplomaten Christian Friedrich Pfeffel von
       Kriegelstein, und dem Königshaus Württemberg zusammen, das wiederum … Weil
       mehrere seiner Mitschüler ihre Eltern verzweifelt baten, sie vor dem
       Langweiler zu schützen und von der Schule zu nehmen, musste Boris Johnson
       der Internatsleitung feierlich versprechen, seinen Stammbaum nicht mehr zu
       erwähnen.
       
       ***
       
       Heidegger, Nietzsche und Hegel sind die Eckpfeiler der Gedankenwelt des
       Boris Johnson. Wenn Heidegger versucht, Nietzsche einen Fehler
       nachzuweisen, damit dieser ausscheidet, Nietzsche wiederum seinerseits
       versucht, einen weiten Gedanken zu schlagen, um etwas zu entwickeln, das er
       Hegels Gewinn am Törchen nennt, dann erzeugt dieses unergründliche
       Zusammenspiel dreier Philosophen bei Boris Johnson jedes Mal eine epische
       Gänsehaut, als würden sie Cricket spielen.
       
       ***
       
       Boris Johnson war schon seit seiner frühesten Kindheit als gnadenloser
       Witze-Erzähler berüchtigt. Leider aber vergaß er später seine Witze immer
       in genau jenem Augenblick, in dem er sie zum Besten geben wollte. Schade.
       
       ***
       
       Als Boris Johnson eines Nachts wieder einmal von seiner Verlobten Carrie
       Symonds vor die Tür ihrer gemeinsamen Wohnung in Camberwell gesetzt wurde,
       entschloss sich der von ihr „Bozzie Bear“ genannte künftige
       Premierminister, durch den südlich der Londoner City gelegenen Stadtteil zu
       wandern, um sich zu sammeln. Im Dunkel einer Seitenstraße aber strunkelte
       ein furchtbar abgemagerter Mastiff auf ihn zu und hob das Bein, um sich auf
       seinen Schuhen zu entleeren. Entrüstet gebot Johnson dem Tier Einhalt: „Das
       ist nicht genug Wasser, um den bösen Wolf von deiner Tür fernzuhalten“,
       mokierte sich Johnson, der zwar gerade noch genug Contenance besaß, um das
       eigene Wasser zu halten, dennoch eher wie ein vom geraden Weg abgekommener
       Trunkenbold wirkte. Der Mastiff trollte sich traurig.
       
       ***
       
       Was nur wenige wissen: Boris Johnson ist ein tiefgläubiger Mensch. Für den
       mächtigen Politiker ist sein Körper Gottes prächtigster Tempel. Deshalb
       lässt er sich auch von seinem Leibarzt einmal im Monat von Kopf bis Fuß
       gründlich untersuchen. Seine Lieblingsuntersuchung nennt er gern: „Boris
       durch die Sakristei betreten.“
       
       ***
       
       Kurz vor seinem dramatischen Tod hatte Boris Johnson eine entsetzliche
       Vision: In zehn Jahren hätte er die gleiche Frisur wie Donald Trump. Damit
       konnte er nicht leben, und so erschoss er sich. Gott sei Dank hatte er das
       alles nur geträumt. Sich räkelnd erwachte er und bat schmunzelnd einen der
       Bediensteten um ein Spiegelei auf Toast.
       
       ***
       
       Sein bestgehütetes Geheimnis? Boris Johnsons Polydaktylie. Am rechten Fuß
       hat er sechs Zehen. Den zusätzlichen Zeh nennt Johnson gern liebevoll
       „Juli“.
       
       ***
       
       Während seiner Amtszeit als Bürgermeister von London half Boris Johnson
       einmal einem alten Mütterchen über die Straße vor dem Rathaus und erzählte
       ihr dabei von seinem Verwandten Christian Friedrich Pfeffel von
       Kriegelstein, dem Bruder des Schriftstellers Gottlieb Konrad Pfeffel, den
       sie sicher gut kenne … Die alte Lady warf sich resigniert vor einen roten
       Bus.
       
       ***
       
       Boris Johnsons Lieblingsfilm ist der deutsche Kriminalreißer „Die toten
       Augen von London“ aus dem Jahr 1961 nach einem Roman von Edgar Wallace.
       Johnson hegt eine absonderliche Vorliebe für die Figur des „Blinden Jack“,
       des grobschlächtigen Mörders aus der Bande sehbehinderter Hausierer. Noch
       viel mehr allerdings liebt er den Nebel, der durch den
       Schwarz-Weiß-Streifen wabert. Als Bürgermeister von London erschien er
       einmal auf einer Mottoparty zum Thema „Love“ verkleidet als Nebelbank, und
       alle anderen Gäste dachten, er wolle wieder auf eines seiner denkwürdigen
       Wortspiele mit „Fog“ und „Fuck“ hinaus. Doch Boris Johnson verehrt den
       Nebel abgöttisch, weil er, so sein Geständnis nach einigen Gallonen Gin,
       sei wie er selbst: weiß, milchig und undurchdringlich.
       
       3 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Ringel
 (DIR) Corinna Stegemann
 (DIR) Carola Rönneburg
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Boris Johnson
 (DIR) Anekdoten
 (DIR) Premierminister
 (DIR) Urlaub
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Geburtstag
 (DIR) Joe Biden
 (DIR) Norwegen-Woche
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Axel Springer
 (DIR) Außenminister
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der sture Gast
       
       Ein ebenso schrulliger wie geheimnisvoller Urlauber macht sich breit in der
       ihm als Kurzzeitdomizil angebotenen Privatwohnung in Berlin.
       
 (DIR) Die Wahrheit: „Hab keine Angst vor niemandem!“
       
       Der frisch gewählte deutsche Bundeskanzler: Die schönsten Anekdoten über
       den sympathischen Grinsezwerg Olaf Scholz.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der Lieger von Eschnapur am Flipper
       
       Die schönsten Anekdoten über den sympathischen Greis MIR, auch bekannt als
       Michael Ringel und Maestro jedweder Galaxie, der am Sonntag Geburtstag
       feiert.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Die sieben Säulen der Seele
       
       Der neue Präsident der USA steht fest. Die schönsten Anekdoten über den
       sympathischen Greis Joe Biden.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Und ewig wiehern die Fjorde
       
       Die Norwegen-Woche der Wahrheit: Irrungen und Wirrungen einer
       Großbauernfamilie. Ein wild galoppierender Heimatroman.
       
 (DIR) Unterhaus-Nachwahl in Wales: Brexit-Gegner erringen Mandat
       
       Die Liberaldemokraten holen den Wahlkreis Brecon und Radnorshire. Das wird
       gravierende Auswirkungen auf Boris Johsons Brexit-Pläne haben.
       
 (DIR) Die Wahrheit: „Nein, das ist nicht Alain Delon!“
       
       Die schönsten Anekdoten über den sympathischen Windhund Emmanuel Macron.
       
 (DIR) Die Wahrheit: „O weh, o weh! Was muss, das muss!“
       
       Glückwunsch zum 75. Geburtstag: Die schönsten Anekdoten über die
       sympathische deutsche Verlegerin Friede Springer.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der Wolkenschieber aus Westfalen
       
       Anekdoten aus dem schillernden Leben Frank-Walter Steinmeiers.