# taz.de -- Die Hungernden werden mehr: Ein Armutszeugnis
       
       > Bis 2030 sollte der Hunger auf der Welt besiegt sein. Doch inzwischen
       > steigt die Zahl der Menschen wieder, die nicht genug zu essen haben.
       
 (IMG) Bild: Der Krieg im Jemen ist schuld an der Lebensmittelknappheit: Menschen vor einer Essensausgabe
       
       Eine wahrlich bedauerliche Entwicklung: Der Hunger ist wieder auf dem
       Vormarsch. War die Zahl der weltweit Hungernden seit der Jahrtausendwende
       bis 2016 um 28 Prozent zurückgegangen, steigt sie seit drei Jahren wieder.
       Dabei hatte sich die Weltgemeinschaft nicht zuletzt auf Betreiben der
       Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Hunger auf der Welt bis 2030 zu
       besiegen. Ein keineswegs utopisches Ziel: Genug Nahrung gibt es auf der
       Welt.
       
       Der Erfolg dieser 16 Jahre bei der Hungerbekämpfung aber täuscht über eine
       Tatsache hinweg: Die reichen Industrieländer haben dazu nur wenig
       beigetragen. Im Gegenteil: Das große Versprechen der Industriestaaten an
       die armen Länder, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungshilfe
       auszugeben, hat nicht einmal Deutschland in all den Jahren eingehalten.
       
       Die Ausgaben aller 30 führenden Industrienationen schrumpften gar um 2,7
       Prozent. Vielmehr war es nahezu allein auf die wirtschaftlichen Erfolge
       Chinas und Indiens zurückzuführen, dass die Zahl der weltweit Hungernden
       bis 2015 zurückgehen konnte.
       
       Nun lässt sich über Sinn und Zweck westlicher Entwicklungshilfe
       grundsätzlich streiten. Denn das, was oft als Entwicklungshilfe bezeichnet
       wird, hat in der Praxis den Namen häufig gar nicht verdient. Zudem wurden
       oft bloß Vorhaben korrupter Regime finanziert, von denen die wirklich
       Bedürftigen kaum etwas hatten. China und Indien hingegen haben sich auf
       diese „Hilfen“ aus dem Westen nur wenig eingelassen, sondern stattdessen
       auf wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt.
       
       Begünstigungen etwa beim Handel, beim Aufbau eigener robuster Industrien
       und landwirtschaftlicher Betriebe würden armen Ländern wahrscheinlich sehr
       viel mehr helfen als die häufig an moralische Bedingungen geknüpften
       vermeintlichen Hilfen westlicher Staaten. Doch dazu haben die
       Industrieländer bislang nur wenig Bereitschaft gezeigt.
       
       Und so wird das gesteckte Ziel, bis 2030 den Hunger komplett zu besiegen,
       eine Illusion bleiben – wahrlich ein Armutszeugnis.
       
       17 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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