# taz.de -- Insekten-Burger im Supermarkt: Die Grillensaison hat begonnen
       
       > Insekten sind eine gute Fleischalternative. Sie sind eiweißreich, ihre
       > Zucht verbraucht nur wenige Ressourcen: Aber wie schmeckt’s? Ein
       > Burger-Test.
       
 (IMG) Bild: Guten Appetit!
       
       Als ich bei Kaufland die Packung aufs Fließband lege, fällt der Blick der
       Kundin vor mir kurz darauf. Sie dreht sich weg und erstarrt. „Burger mit
       Insekten?“, fragt sie auf die typische Berliner Art leicht vorwurfsvoll.
       „Ja, die gibt’s hier seit Neuestem“, sage ich.
       
       Sie weiß nicht, was sie mit der Information anfangen soll. „So wat hamwa
       als Kinder jegessen“, sagt sie dann. „Rejenwürma uffm Spielplatz, einfach
       runterjeschluckt.“ Sie legt den Kopf in den Nacken, macht den Mund weit auf
       und zeigt, wie man einen Regenwurm mit spitzen Fingern in den Rachen
       versenkt, ohne dass er die Zunge berührt.
       
       „Wer den längsten runterbekam, hat jewonnen.“ Sie dreht sich zu ihrer
       Tochter, vielleicht 14, die gerade die Skittles-Auswahl betrachtet. „Meike,
       auch schon ma nen Rejenwurm geschluckt?“ Meike schüttelt sich. Ihre Mutter
       lächelt mich jetzt an, wir zwei haben ein Geheimnis. „Und, schmeckt’s
       denn?“, fragt sie. „Genau das“, sage ich, „ist die Frage“.
       
       Seit Anfang 2018 sind Insekten in der EU als Lebensmittel zugelassen, seit
       rund einem Jahr gibt es bei Rewe Insekten-Burger der Marke Bugfoundation –
       genauer: Insekten-Burger-Patties, also tiefgefrorene Bratlinge. Kaufland
       verkauft seit April Tiefkühl-Patties von Bold Foods. In etwa jeder zehnten
       Supermarkt-Filiale liegt also nun ein Lebensmittel für Entomophagen, also
       Insektenesser. Das ist zwar längst keine Vollabdeckung, aber doch
       erstaunlich für ein Land, in dem Insekten als Nahrungstabu gelten.
       
       ## Artgerechte Massenhaltung
       
       Kerbtiere werden als Proteinquelle der Zukunft beworben. Ihr Eiweißgehalt
       ist höher als bei jedem anderen Tier, das auf dem Speiseplan steht. Die
       Massenhaltung ist artgerecht, und bei der Zucht werden weniger Energie,
       Wasser und Futter als bei Säugetieren benötigt. Kurz: Sich von Insekten zu
       ernähren kann zumindest für Fleischesser den ökologischen Fußabdruck
       verkleinern. Und wenn man bedenkt, dass etwa zwei Milliarden Menschen
       regelmäßig Maden, Käfer oder Heuschrecken auf dem Teller haben – warum
       nicht? Zeit für eine Verkostung.
       
       Die Supermarkt-Patties bereite ich nach Packungsanweisung zu. Sie sollen im
       tiefgefrorenen Zustand fünf bis sechs Minuten in der Pfanne gebraten
       werden. Zusätzlich habe ich mir noch ein eigenes Rezept für einen Bratling
       überlegt, aus Insektenmehl, das ich beim Onlinehändler snackinsects.com
       bestellt habe, und den ich im Gewicht an die anderen Produkte (ca. 100
       Gramm) angepasst habe.
       
       Alle Patties enthalten rund 30 Prozent Mehl aus Buffalowürmern. Das sind
       die Larven des Getreideschimmelkäfers, also eigentlich Mehlwürmer, aber
       „Buffalo“ stellt natürlich eine viel bessere Assoziation zu Rindfleisch
       her. In die Burger-Buns wandern nur etwas Ketchup, Mayo, einige
       Salatblätter, Tomaten und Salatgurken – mehr nicht, um den Geschmack der
       Patties nicht zu übertünchen. Freundlicherweise darf ich in der Küche der
       taz Kantine braten, doch nur einer der Köche ist so neugierig, ebenfalls zu
       kosten. Wir probieren die Patties pur und eben als Burger.
       
       Nun schmecken Insekten an sich nach wenig, war bisher meine Erfahrung. Je
       größer sie sind, umso knackiger wird die Sache. Getrocknete oder frittierte
       Heuschrecken fand ich bisher am interessantesten, sie sind etwas nussig. Um
       die Burger insektenartiger zu machen, entscheide ich mich deswegen dafür,
       bei allen noch ein paar getrocknete Heuschrecken zwischen die
       Brötchenhälften zu stecken – nicht für das Foto, für den Biss.
       
       ## Drei Produkttests:
       
       ## Bugfoundation
       
       Was ist es? „Insektenburger aus Buffalowürmern mit Soja“
       
       Hauptzutaten: Buffalowürmer (27 %), Sojaprotein (18 %), Wasser
       
       Regenwurm-Faktor: Null
       
       Gesamteindruck: International. Der Patty ist der höchste von allen, recht
       locker im Biss und entwickelt eine appetitliche braune Kruste, die an ein
       Falafel erinnert. Pur verkostet entspricht der Patty den heute üblichen
       vegetarischen Burgern aus dem Kühlregal, im Burger selbst schmeckt er dann
       noch falafelhafter und ist ausgewogen gewürzt. Senf, Zitronensaft,
       Petersilie und Gewürze sind in der Zutatenliste aufgezählt.
       
       ***
       
       ## Der Selbstgemachte
       
       Was ist es? „Schwarze-Bohnen-Burger mit Mehlwürmern und Miso“
       
       Zutaten: 85 Gramm Buffalowurmmehl, 15 Gramm getrocknete Grillen (beides von
       snackinsects.com), 1 Dose schwarze Bohnen, abgetropft (220 Gramm), 1 Ei, 1
       kleine fein gehackte Zwiebel, 1 kleine fein gewürfelte rote Bete, 1 EL
       dunkle Miso-Paste, 1/2 TL Chilipulver, 1/2 TL Kumin, 1/2 TL Geräucherte
       Paprika
       
       Zubereitung: Alle Zutaten bis auf Grillen, Zwiebel und Rote Bete mit dem
       Stabmixer zu einer Paste verarbeiten, bei Bedarf noch etwas Wasser
       hinzufügen. Am Ende Zwiebel, Bete und Grillen untermengen, 100 Gramm
       abwiegen und zu einem Patty formen, idealerweise mit einer Burger-Presse.
       In Öl auf beiden Seiten 5 Minuten braten.
       
       Regenwurm-Faktor: Leider gering, die Grillen verschwinden in der Masse, für
       Augen und Zähne unerkennbar.
       
       Gesamteindruck: Instagram-tauglich. Der Patty sieht extrem gut aus, dank
       der roten Bete kommt er am dunkelsten aus der Pfanne, schwarzbraun wie
       Hackfleisch. Die Grillen verhindern aber eine gute Bindung. Es krümelt.
       Geschmacklich dominiert das Bohnenmus, mehlig-muffig und extrem sättigend,
       im Burger sogar noch etwas aufdringlicher. Die Kruste allein schmeckt dafür
       umso besser. Insgesamt noch entwicklungsfähig – beim nächsten Mal würde ich
       zu Kichererbsenmehl, Bulgur oder Couscous greifen, das mindestens zehn
       Minuten in heißem Wasser (gleiche Menge) quellen durfte.
       
       ***
       
       ## Bold Foods
       
       Was ist es? „Rice Burger Patties mit Insektenprotein“
       
       Hauptzutaten: Buffalowürmer (39 %), Reis (39 %)
       
       Regenwurm-Faktor: Null
       
       Gesamteindruck: Eckkneipig. Der Bold Burger sieht am unappetitlichsten aus,
       außen wie innen, und überzeugt geschmacklich gar nicht. In der Pfanne
       entwickelt der Patty eine gleichmäßig braune Haut, wie man sie von der
       Currywurst ohne Darm kennt. Das Innere ist das kompakteste aller Produkte
       und schmeckt ähnlich einer Bulette, wie sie in Berlin noch in Kneipen zum
       Bier serviert wird. Oder wie die Füllung aus Hackfleisch und Reis in
       „Gefüllter Paprika mit Tomatensauce“ bei Oma. Im Burger schmeckt der Patty
       sehr trocken und verlangt nach mehr Ketchup. Es gibt noch einen
       Tex-Mex-Burger mit Mais statt Reis – vielleicht ist der besser.
       
       16 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörn Kabisch
       
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