# taz.de -- Noch mehr erste Liga für Berlin: Eine ganz neue Spielsituation
       
       > Eine Jubelarie hat sich durch die Woche gezogen: Union Berlin hat es in
       > die Bundesliga geschafft. Ein Wochenkommentar.
       
 (IMG) Bild: Union-Fans feiern mit den fußballüblichen, sonst verbotenen Feierutensilien
       
       Union im Roten Rathaus, Union auf dem Boot, Unioner Stadionparty, Balkon
       für Union: eine Jubelarie hat sich durch die Woche gezogen, da ist das
       Köpenicker Volk erstligareif. Nach dem [1][Bundesligaaufstieg] heißt
       sowieso nur einen Herzschlag vor dem ersten Bundesligaspiel, vor dem ersten
       Hauptstadtderby, ach was, vor dem Abstiegskampf.
       
       Die erfolgreiche PR-Maschine von Union Berlin läuft, die Hauptstadtpresse
       übertönt einander brav in Loyalität und Jubel. Union sells. Dabei steht am
       Sonntag kaum bemerkt ein weiteres Unioner Relegationsspiel an. Die Frauen
       spielen gegen Andernach um den Aufstieg in die zweite Bundesliga, 1:1
       lautete das Ergebnis im Hinspiel. Auch dort wird eher verteidigt und
       geackert, es gibt gewisse Parallelen zu den Männern, aber es ist
       bezeichnend, wie irrelevant das Team in der vermeintlich progressiven
       Berliner Öffentlichkeit bleibt. Wenn es nach der Unioner Vereinsführung
       geht, müssen die Frauen gar nicht unbedingt aufsteigen. Regionalliga reicht
       auch. Alles andere würde mehr Geld kosten, das der sympathische Knuddelklub
       lieber fast nur für die Männer aufwendet.
       
       Nein, solidarisch und egalitär ist Union wahrlich nicht in jeder Beziehung.
       Kritik aushalten muss er dafür kaum. Immerhin, Union engagiert sich, Hertha
       lässt es bei den Frauen bequem gleich bleiben.
       
       Jetzt also: Aufstieg der Unioner Herren. In der Presse wird auf die
       Ossidrüse gedrückt, aber für den Osten heißt der Union-Aufstieg
       wahrscheinlich gar nichts: nicht Dresden oder Magdeburg steigen auf,
       sondern ein Hauptstadtkiezklub, höchstens sentimental ostig. Keine
       entvölkerten Regionen profitieren, bloß ein paar Kioske in Oberschöneweide.
       Der Rest ist Folklore.
       
       Ob die klamme Hauptstadt langfristig zwei Profiklubs ernähren kann, bleibt
       herauszufinden. Schon Hertha fehlen die Mittel, um den geplanten
       Großangriff in der Bundesliga zu starten. Geldgeber aus dem Ausland wären
       eine plausible Lösung, bisher suchen die Charlottenburger aber ihren
       Chinesen vergeblich. Denkbar also, dass langfristig nur Platz für einen
       Berliner Bundesligisten ist, nicht gesagt, welcher. Im Image und Auftritt
       zieht Union längst vorbei. Die Konkurrenz im Jugendbereich verschärft sich:
       Hertha hat sich in den vergangenen Jahren als großer Nachwuchsförderer
       profiliert und möchte das gern bleiben. Nein, der Westklub freut sich
       sicher nicht über Unions Aufstieg. Aber immerhin darüber, dass er jetzt
       einmal mehr das Olympiastadion ausverkauft. Mit dem Hauptstadtderby gelingt
       wohl ausgerechnet dank Union, was Hertha immer anstrebte: mehr
       Fußballmetropole Berlin. Mehr sichtbare, andere Fankultur.
       
       Schattenseiten hat das. Die sogenannten Randsportarten rutschen weiter ins
       Halbbedeutungslose hinter der neuen Polarität. Die Lücke zum Berliner
       Amateurfußball wächst. Und die Unionerinnen dürfen weiter auf eine Zeit
       warten, in der dem Stammverein der Satz „Kein Geld“ nicht mehr als Ausrede
       durchgeht. Davon sind die Unioner Herren in der Bundesliga weit entfernt.
       Und Geld braucht man im Männerfußball ja eigentlich immer.
       
       1 Jun 2019
       
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