# taz.de -- Protest gegen Airbnb: Überraschungsbesuch bei Mario
       
       > Gentrifizierungsgegner informieren mit einer Ausstellung in einer
       > Airbnb-Wohnung über Auswirkungen der Plattform und Praktiken der
       > Anbieter.
       
 (IMG) Bild: Hinter Marios Matratze zeigt eine Karte Airbnb-Angebote im Kiez
       
       Drei rote Stufen führen durch ein Fenster in die Erdgeschosswohnung von
       Mario. Der wohnt aber nicht selbst hier, sondern vermietet auf Airbnb. Weil
       er das mit dieser und sieben weiteren Berliner Wohnungen macht, haben
       Aktivisten die Wohnung in der Hobrechtstraße 7 in einen Airbnb-kritischen
       Ausstellungsraum verwandelt.
       
       Am Sonntag wurde die „Ausstellung“ eröffnet. Während Mario vermutlich noch
       ahnungslos am sonntäglichen Frühstückstisch saß, stiegen Dutzende Menschen
       in seine Wohnung, um mehr über ihn und das System Airbnb zu erfahren. In
       den vorangegangenen Tagen hatten die Aktivisten die Aktion auf Facebook als
       „Kunst-Ausstellung Home Street Home“ angekündigt.
       
       In der Berliner Debatte um steigende Mieten hat Airbnb, eine
       Online-Plattform, über die Menschen Wohnungen tage- und wochenweise
       vermieten, schon lange seinen Platz. Gentrifizierungskritische Stimmen
       werfen dem Unternehmen, das seine Europageschäfte von Irland aus abwickelt,
       vor, den Berlinern Wohnraum zu entziehen.
       
       Max Gebhardt, Sprecher der Aktivistengruppe „Airbnb & Co. Enteignen“, die
       nach eigenen Angaben seit Anfang des Jahres Airbnb-Wohnungen im
       Kreuzköllner Kiez recherchiert hat, sagt der taz: „Wir machen das, weil die
       Politik es nicht schafft, Airbnb zu regulieren und um Berlinerinnen und
       Berliner dazu aufzurufen, das Problem selbst in die Hand zu nehmen.“ Dies
       sollen sie tun, indem sie Airbnb-Wohnungen in ihren Häusern melden oder
       markieren, so Gebhardt.
       
       ## Das Geschäft eines Airbnb-Vermieters
       
       Wer über die rote Leiter durch das Fenster Marios Wohnung betritt, liest
       auf der rechten Wand „Willkommen im Airbnb-Apartment ‚Belle Epoque‘“.
       Daneben hängt eine Karte des Kiezes, auf der Airbnb-Wohnungen markiert
       sind. Auf der linken Wand findet man Informationen über den Vermieter Mario
       und weitere sieben Berliner Wohnungen, die er auf Airbnb anbietet. Aus
       mobilen Boxen spricht zugleich eine Stimme in seinem Namen: „Danke, dass du
       dich für eine meiner professionell betriebenen Ferienwohnungen entschieden
       hast. Ich freue mich, dass auch dein Weg dich in unsere gentrifizierte
       Stadt geführt hat.“ Die Wohnung in der Hobrechtstraße 7 hat auf geschätzt
       70 Quadratmetern zwei Zimmer, ein Badezimmer und eine Küche, dazu einen
       Hinterhof. Sie kostet 70 Euro pro Nacht.
       
       „Wir konzentrieren uns auf Anbieter, die mehrere Wohnungen anbieten, weil
       die das massivste Problem darstellen“, sagt Sprecher Gebhardt. Die
       Aktivisten, die ihre Ausstellung mit Werken diverser Künstlergruppen wie
       „Rocco und seine Brüder“ oder „Peng! Kollektiv“ geschmückt und mit
       Informationen von den Websites [1][insideairbnb.com] und
       [2][airbnbvsberlin.de] vorbereitet haben, gehen davon aus, dass es über
       20.000 Airbnb-Wohnungen und 1.000 Vermieter mit mehreren Angeboten in
       Berlin gibt.
       
       Auch der Berliner Senat hat das Problem Airbnb erkannt – und versuchte
       diesem zuletzt mit der Novellierung des Gesetzes zum
       Zweckentfremdungsverbot beizukommen. Vermieter müssen seit dem 1. August
       2018 eine Registrierungsnummer von ihrem Bezirksamt einholen und diese bei
       ihren Anzeigen auf Airbnb angeben. Wer mehr als 49 Prozent der
       Gesamtwohnfläche seiner Hauptwohnung vermietet, muss dazu eine Genehmigung
       beantragen.
       
       Das Problem: Nur ein Bruchteil derjenigen, die ihre Wohnungen auf Airbnb
       anbieten, besorgt sich tatsächlich diese Registrierungsnummer. Das geht aus
       einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Anfrage
       von Katalin Gennburg, Berliner Linken-Abgeordnete und Sprecherin für
       Tourismus und Stadtentwicklung, vom März hervor. Bis zum 31. Dezember 2018
       wurden demnach insgesamt 2.418 Registriernummern für die tage- und
       wochenweise Vermietung vergeben, für die Vermietung von Zweitwohnungen
       wurden 105 Genehmigungen erteilt, 1.735 Anträge wurden abgelehnt. Der
       Vergleich dieser Zahlen mit den geschätzten über 20.000 Wohnungen (der
       Berliner Senat nennt in der Antwort auf die Anfrage keine Zahl über
       Ferienwohnungen in Berlin) zeigt, dass die Gesetzesnovelle nicht ausreicht,
       um Airbnb in Berlin zu regulieren.
       
       ## Mögliche Mittel gegen Airbnb
       
       Für die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg „rangiert“ Airbnb „neben der
       Deutsche Wohnen in der Spitzenkategorie der profitgeilen Unternehmen, die
       mit Wohnraum Rendite machen“. Sie fordert ein Transparenzregister mit
       Informationen über Vermieter und Angebote, schärfere Steuerkontrollen und
       Klagen gegen Airbnb, weil es illegale Angebote auf seiner Plattform duldet.
       Gennburg will dafür einen Klagefonds für die Bezirke. In puncto Besteuerung
       sei vom Senat eine Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen für
       Stadtentwicklung und Finanzen in Aussicht gestellt worden, so Gennburg.
       
       Andere Städte könnten als Beispiel dienen. Im Februar verdonnerte Paris
       Airbnb wegen nicht registrierter Angebote zu einer Geldstrafe von 12,5
       Millionen Euro. Das Münchener Verwaltungsgericht dagegen sprach im Dezember
       2018 ein Urteil aus, das Airbnb verpflichtet, der Stadt Auskunft über
       Vermieter und Angebote zu geben. Airbnb wehrt sich in beiden Fällen
       rechtlich.
       
       In Berlin scheint eine Konfrontation noch bevorzustehen. Bis dahin kann man
       sich in der Hobrechtstraße über Auswirkungen von Airbnb informieren. Bei
       Redaktionsschluss hatte sich dort die erste Besucherwelle zwar gelegt, die
       „Ausstellung“ war aber noch nicht beendet und soll auch in den kommenden
       Tagen zu sehen sein.
       
       19 May 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://insideairbnb.com/
 (DIR) [2] http://airbnbvsberlin.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Volkan Ağar
       
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