# taz.de -- Kommentar DGB-Demo am 1. Mai: Weniger Bratwurst, bitte
       
       > Die offizielle DGB-Demo am 1. Mai wird immer mehr zur Nebensache. Um
       > Menschen zu erreichen, muss auch über den Tellerrand geschaut werden.
       
 (IMG) Bild: Das allein reicht nicht
       
       Es gibt keine offizielle Teilnehmerstatistik der 1.-Mai-Kundgebungen des
       Deutschen Gewerkschaftsbundes, aber ein Archiv der Pressemitteilungen. In
       diesem Jahr meldete der DGB 381.500 TeilnehmerInnen bei seinen
       Veranstaltungen deutschlandweit. Zur [1][zentralen Kundgebung in Leipzig]
       kamen 1.500 Menschen. Anfang der 2000er schätzte man die Zahl der
       DemonstrantInnen noch auf etwa eine halbe Million. Zur zentralen Kundgebung
       in Hannover sollen 25.000 Menschen gekommen sein.
       
       All diese Zahlen mögen geschönt sein, aber die Tendenz ist klar: Die
       offizielle DGB-Großkundgebung am 1. Mai wird immer mehr zur Nebensache.
       
       Das muss einem erst mal nicht leid tun, besonders wenn man keine Bratwurst
       mag. Es gibt viele andere Demos, die man am 1. Mai besuchen kann. Im
       Berliner Grunewald versuchen [2][Aktivisten auf satirische Art mit
       VillenbesitzerInnen ins Gespräch zu kommen], am besten bei einem Wein in
       deren Salon. Das Kreuzberger Myfest lebt von seiner wilden Mischung aus
       Bands, Besuchern und Gerichten. Ergo: So divers wie die Gesellschaft sind
       auch die Maifeiern geworden.
       
       Leider spiegelt sich die Diversifizierung auch an anderer Stelle wieder:
       auf dem Arbeitsmarkt. Die Tarifbindung sinkt seit Jahren, nur noch für 57
       Prozent der Beschäftigten im Westen und 44 Prozent im Osten gelten
       Tarifverträge. Im Gegenzug ist der Anteil der atypischen und prekären
       Arbeitsverhältnisse gestiegen – mit oft schlechten Bedingungen und geringen
       Gehältern. Diese Menschen zu organisieren, wäre eigentlich Aufgabe der
       Gewerkschaften. Aber dazu braucht es mehr als die platte Forderung nach
       stärkerer Tarifbindung. Die Solo-Selbstständige im Coworking Space, die
       ihre Arbeit auf Honorarbasis abrechnet, oder der Paketbote, der beim
       Subunternehmer im Akkord schuftet, können darüber nur die Köpfe schütteln.
       
       Um die Menschen, die sich nicht (mehr) im DGB-Orbit bewegen, zu erreichen,
       tut es Not, über den (Bratwurst)-Tellerrand von Tarifbindung und
       Mindestlohn zu schauen. Und auch nach neuen Partnern Ausschau zu halten.
       Kämpfe wie die für bezahlbare Mieten, gegen rechts, aber auch für gute
       Arbeit gewinnt man nur auf breiter Basis. Das gilt nicht nur für den DGB.
       
       1 May 2019
       
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