# taz.de -- Kommentar Machtkampf in Venezuela: Zeit, sich von Guaidó zu verabschieden
       
       > Präsident Maduro gibt nicht so einfach auf. Deshalb will die Opposition
       > eskalieren, um so eine ausländische Intervention zu provozieren.
       
 (IMG) Bild: Die Proteste haben den Machtkampf in Venezuela bislang nicht entschieden
       
       Mehr als drei Monate nachdem er sich selbst zum Interimspräsidenten
       Venezuelas ausgerufen hat, sucht Parlamentschef Juan Guaidó erneut den
       Showdown im Kampf um die Macht. Die ökonomische und soziale Lage in
       Venezuela hat sich seither, insbesondere durch die verschärften
       US-Sanktionen, weiter verschlechtert – Guaidós Machtbasis im Land selbst
       ist jedoch offenbar nicht gewachsen. Auch sein neuester Versuch, das
       Militär auf seine Seite und [1][die Macht an sich zu ziehen, ist bislang
       gescheitert].
       
       Rund 50 Länder, darunter leider auch Deutschland, erkennen Guaidó als
       Interimspräsidenten an – aber es wird immer klarer, wie absurd und falsch
       das ist. Guaidó beruft sich auf die Verfassung, nach der dem
       Parlamentspräsidenten im Falle eines Machtvakuums an der Staatsspitze für
       30 Tage bis zu Neuwahlen die Regierungsgewalt übertragen wird. Guaidós
       Selbsternennung ist jetzt fast 100 Tage her, und er hat keine Wahlen
       ausrufen können, eben weil es nie ein Machtvakuum gab. Auf die Verfassung
       kann sich Guaidó genauso wenig berufen wie Maduro, der mit der Entmachtung
       des oppositionell dominierten Parlaments und der monatelangen Verhinderung
       eines Neuwahlreferendums die selbst gegebenen Spielregeln außer Kraft
       setzte.
       
       Die EU und jene europäischen Länder, die leichtfertig Guaidó anerkannten,
       haben sich damit als potenzielle Vermittler selbst aus dem Spiel genommen.
       Schlimmer noch: Sie stehen jetzt, ob gewollt oder ungewollt, an der Seite
       einer US-Regierung, die im Zusammenspiel mit rechten bis ultrarechten
       Regierungen der Region einen Machtwechsel in Venezuela zu erzwingen sucht.
       Das wiederum erinnert in Lateinamerika an die schier unendliche Reihe
       US-amerikanischer Interventionen, die Diktatoren nicht stürzten, sondern an
       die Macht brachten.
       
       Und die Rhetorik insbesondere der USA gegen die Regierung von Nicolás
       Maduro wird immer schärfer. Maduro sitze schon fast im Flugzeug nach Kuba,
       der Verteidigungsminister sei kurz vor dem Seitenwechsel, viele Offiziere
       wollten sich dem Aufstand anschließen – mit Falschmeldungen fast im
       Minutentakt wurden die letzten Tage von Washington aus begleitet. Aber
       weder die erhofften Risse in der chavistischen Führung noch die soziale
       Explosion auf der Straße mochten sich so recht einstellen.
       
       Was bleibt also? Guaidó selbst scheint zu wissen, dass eine ausländische
       Intervention seine einzige reale Option auf die Macht ist. Was er gerade in
       Venezuela veranstaltet, sucht die Eskalation, will die gewaltsame
       Überreaktion der Regierung provozieren, um eine solche Intervention zu
       rechtfertigen. Das ist vollkommen verantwortungslos. Zeit für die EU, sich
       von Guaidó zu lösen.
       
       1 May 2019
       
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