# taz.de -- Bauen in Berlin: Auf der Spur des Geldes
       
       > Vom Kosmosviertel bis nach Dahlem: Mit dem Hauptausschuss unterwegs auf
       > Baustellen-Rundfahrt.
       
 (IMG) Bild: Für den Spazierweg um die Halbinsel Stralau (hier im Zwielicht) wurden Grundstücke enteignet
       
       Enteignung? Längst passiert in Berlin. Nicht etwa nur angedroht, sondern
       gleich zwei Mal geschehen, auf der Halbinsel Stralau. Es sind die
       Abgeordneten des Hauptausschusses, die an diesem Mittwoch hören, wie so
       etwas auch ohne Volksbegehren geht. Allerdings nicht, um bloß die
       Besitzverhältnisse zu ändern. Sondern um einen Uferrundweg für
       Spaziergänger wie Jogger zu sichern. Mit einem Reisebus touren die
       Parlamentarier durch die engen Straßen der Halbinsel. Es ist ein Stopp auf
       der jährlichen Baustellenrundfahrt des Ausschusses, der sich dabei
       ausgewählte Projekte anschaut, in die das Geld fließt, über das er
       beschließt.
       
       Und so lernen die Abgeordneten vier Tage nach Start der
       Unterschriftensammlung zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen, dass
       selbst die Enteignung einer 120 Quadratmeter großen Fläche zehn Jahre
       dauern und bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führen kann.
       Und zehn Jahre sei „noch relativ schnell“ gewesen, erzählt eine langjährige
       Verwaltungsmitarbeiterin. Aber der Uferweg ist fast durchgängig da, nur
       neben dem schiefen Turm von Stralau ist ein Umweg nötig. Was die Frage
       aufwirft, warum das nicht auch bei der Bebauung an der nur zwei Kilometer
       entfernten East Side Gallery geklappt hat. Das habe etwas mit der
       Einstufung des Projekts als Entwicklungsgebiet zu tun gehabt, lässt sich
       die taz erklären, das sei vor Gericht gewichtiger.
       
       Vorbei an der Rummelsburger Bucht, wo Vertreter zweier Anwohnerinitiativen
       ihre Argumente vortragen, warum die geplante Bebauung unbedingt gestoppt
       werden müsste beziehungsweise auf keinen Fall gestoppt werden darf, geht es
       in den absoluten Südosten. Der Bus ist sogar schon in Brandenburg, bevor er
       nach Altglienicke abbiegt, in die Kosmossiedlung, die wie abgeschottet
       neben der Autobahn liegt. Dort, wo die Arbeitslosigkeit deutlich über dem
       Landesdurchschnitt liegt und wo die Statistik jedes zweite Kind als arm
       einordnet, ist zu hören, wie wichtig es für die Bewohner gewesen sei, dass
       die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Stadt & Land mit Senatszuschüssen
       hier jüngst rund 1.800 Wohnungen kaufte.
       
       Eine halbe Stunde später in Dahlem im Südwesten Berlins zu sein mutet dann
       weiter weg an als die 24 Kilometer Busfahrt dorthin nahelegen. Nach
       Enteignungs-Realität und Wohnungssicherung für Bedürftige geht es hier um
       Investitionen in den Botanischen Garten, bei dem die zuständige Freie
       Universität einen Sanierungsstau von 173 Millionen Euro sieht. Es geht noch
       weiter zur Rudolf-Wissell-Brücke und zum Naturkundemuseum – und dann wird
       ein wenig anschaulicher geworden sein, was die Abgeordneten in ihrem
       Sitzungssaal sonst nur auf Papier vor sich haben.
       
       10 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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