# taz.de -- Folge des Klimawandels: Zu wenig Getreide für die Welt
       
       > Jahreslang zu heiß und zu trocken: In Europa wird wegen des Klimawandels
       > weniger Getreide geerntet. Die Vorräte weltweit sinken.
       
 (IMG) Bild: Ganz schön trocken: Mähdrescher bei der Weizenernte
       
       Rom/München dpa/taz | Zum zweiten Mal in diesem Jahrzehnt wird die
       weltweite Getreideernte nicht reichen, um den Bedarf zu decken. Das
       erwarten sowohl die UN-Welternährungsorganisation (FAO) in Rom als auch der
       Internationale Getreiderat (IGC) in London. Im Agrarjahr 2018/19 werden
       demnach knapp 30 Millionen Tonnen mehr verbraucht, als geerntet werden,
       schätzt die FAO in ihrer [1][jüngsten Prognose]. Die erwartete Gesamternte
       rund um den Globus beziffern die UN-Experten auf fast 2,66 Milliarden
       Tonnen.
       
       Das letzte globale Getreide-Defizit gab es im Agrarjahr 2012/13, als die
       US-Farmer unter den Folgen einer mehrjährigen Dürre litten. Der Getreiderat
       – ein Zusammenschluss der wichtigsten Getreide produzierenden Staaten –
       gibt eine ganz ähnliche Prognose ab.
       
       Eine Ursache des aktuellen Rückgangs ist die Dürre des vergangenen Jahres
       in weiten Teilen Europas, die einen Rückgang der Weizenernte in der EU und
       Russland zur Folge hatte. Ein Agrarjahr bezeichnet den Zeitraum von einer
       Ernte bis zur nächsten. Auf der Nordhalbkugel beginnt dieses immer im
       Sommer, wobei die Starttermine in den USA, Europa und Asien unterschiedlich
       sind.
       
       Weizen ist überwiegend für den menschlichen Verzehr bestimmt, während der
       größere Teil der Maisernte für die Produktion von Futter für Rinder,
       Schweine und andere Nutztiere verwendet wird.
       
       ## Erzeugerpreise für Lebensmittel steigen
       
       Die Folgen des knappen Weizens sind in Europa bereits zu spüren: Die
       Erzeugerpreise für Lebensmittel – also die Preise, die die Hersteller
       verlangen – sind laut Bundesverband der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE)
       im Januar und Februar im Vergleich zum Vorjahr kaum gestiegen. Doch bei
       Brot und Getreideerzeugnissen legten die Erzeugerpreise in Deutschland um
       kräftige 6,3 Prozent zu, wie der Verband auf Anfrage mitteilte. Schon 2018
       gab es bei Brot und Getreideprodukten größere Preiserhöhungen als bei
       Lebensmitteln im Schnitt.
       
       Europas größter Händler von Agrar-Rohstoffen ist die Münchner Baywa. Deren
       Vorstandschef Klaus-Josef Lutz vermutet, dass sich der Klimawandel
       bemerkbar macht. 2018 fiel die europäische Getreideernte dürrebedingt um
       sechs Prozent niedriger aus als im Vorjahr. „2018 war nicht der Ausreißer“,
       sagte Lutz kürzlich dazu. „Das ist das dritte und vierte Jahr in Folge,
       dass klimatische Kapriolen uns das Geschäft schwer machen.“
       
       Ein Minus bei der Getreideernte bedeutet nicht, dass Hungersnöte drohen:
       Die Lagerhäuser und Speicher rund um den Globus sind gut gefüllt. In den
       Vorjahren war die Getreideproduktion kräftig gestiegen. Bei dieser
       Entwicklung spielt nach Einschätzung der Baywa der wachsende globale
       Appetit auf Fleisch eine wichtige Rolle. „Die Wahrheit ist einfach: Die
       Menschen wollen mehr Fleisch essen, damit brauchen wir Getreide“, sagte
       Vorstandschef Lutz dazu. „Wir sehen, dass wir einerseits eine rückläufige
       Produktion, und andererseits einen höheren Verbrauch haben.“
       
       In der Tat: „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren einen ziemlich
       kräftigen Anstieg der weltweiten Maisproduktion“, sagte FAO-Ökonom
       Abdolreza Abbassian in Rom. Er nennt zwei Ursachen: „In den USA ist der
       Maisanbau für die Produktion von Biokraftstoffen ausgeweitet worden.“ Und
       auf der anderen Seite des Pazifiks essen die Chinesen mehr Fleisch.
       
       ## Weltweite Vorräte schrumpfen
       
       Die Ausweitung der Maisproduktion hat nach Abbassians Worten aber keine
       wesentlichen Auswirkungen auf den Weizenanbau und damit die Herstellung von
       Lebensmitteln. „Mais und Weizen wachsen an unterschiedlichen Orten und zu
       unterschiedlichen Zeiten“, sagte der FAO-Experte.
       
       Der Internationale Getreiderat in London geht davon aus, dass die
       weltweiten Vorräte sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr schrumpfen
       werden. Die Londoner Fachleute prophezeien für 2018/19 eine etwas größere
       Schrumpfung der Lagerbestände um 44 Millionen Tonnen, für 2019/20 rechnen
       sie mit einem weiteren Rückgang von 28 Millionen Tonnen.
       
       7 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.fao.org/worldfoodsituation/csdb/en/
       
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