# taz.de -- Transparenz-Funktion bei Facebook: Warum sehe ich das?
       
       > Das Online-Netzwerk will mit einer neuen Funktion Werbung transparenter
       > machen. Ob das ausreicht, ist fraglich.
       
 (IMG) Bild: Hat eine neue Transparenz-Funktion: Facebook
       
       Ab sofort können Facebook-Nutzer*innen auf Anzeigen in ihrem News-Feed
       neben der geschalteten Anzeige die Option „Why am I seeing this?“
       (übersetzt: „Warum sehe ich das?“) anklicken. Im Vorfeld hatte das
       US-amerikanische Nachrichtenportal [1][TechCrunch über die Neuerung
       berichtet.] „Der Grund für dieses Feature ist, dass wir Feedback von
       Nutzern erhalten haben, dass sie gerne mehr Transparenz zu Werbung auf
       Facebook erhalten möchten“, erklärte dazu Facebook-Sprecher Klaus Gorny der
       taz.
       
       Bei der neuen Funktion wird seit diesem Donnerstag sichtbar aufgeführt,
       aufgrund welcher Zielgruppenkriterien die Werbung der zahlenden Firma auf
       dem eigenen Facebook-Feed auftaucht, wie zum Beispiel Aufenthaltsland,
       Alter und Geschlecht. Unklar bleibt, ob darüber hinaus Interessen oder
       politische Meinungen verwertet werden.
       
       Facebook hatte die Transparenz-Funktion „Why am I seeing this“ bereits im
       Juni 2018 präsentiert, um strengere Auflagen für Drittanbieter
       durchzusetzen, die Zielgruppen-Marketing einsetzen. Das ist beispielsweise
       für Online-Shops ein gängiges Vorgehen: Über ihre Kundenlisten können sie
       abgleichen, welche Kunden auch Mitglied bei Facebook sind, um dann Werbung
       an eine bestimmte Alters- und Einkommensgruppe zu schalten.
       
       Dieses „Custom Audience Targeting“ ist möglich, [2][weil Facebook seine
       Nutzer*innen sehr genau kennt]: Über das Profil, Likes und Klicks sammelt
       es umfangreiche Infos über das Verhalten innerhalb und außerhalb des
       Netzwerks. Ohne Einwilligung des Nutzers verstößt Zielgruppenwerbung in
       Deutschland allerdings gegen das Datenschutzrecht, [3][entschied zuletzt
       der Bayerische Verwaltungsgerichtshof].
       
       Zaghafte Offenlegung trotz Milliarden-Klage 
       
       Dass NutzerInnen mit Hilfe der „Why am I seeing this“-Funktion künftig
       einsehen können, warum ihnen welche Werbung gezeigt wird, sei ein Schritt
       nach vorn, sagt Alexander Fanta, Journalist bei der Online-Plattform
       [4][netzpolitik.org]. Die neuen Angaben seien jedoch bewusst vage gehalten,
       kritisiert Fanta: „Um tatsächlich wirksam Desinformation und
       Wahlmanipulation zu erkennen, muss Facebook genau offenlegen, was der
       Werbekunde selbst eingestellt hat und wieviel er ausgegeben hat“.
       
       Das Unternehmen steht auch [5][wegen Datenschutzverletzungen] und die
       [6][Beeinflussung des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016] durch die
       Partnerfirma Cambridge Analytica unter Druck. Im April 2018 hatte Facebook
       daher [7][strengere Kontrollen für Werbeanzeigen mit politischen Inhalten
       angekündigt.] [8][Laut einem Artikel der Washington Post] drohen dem
       Unternehmen derzeit aufgrund der möglichen Beeinflussung des US-Wahlkampfes
       Strafzahlungen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar. Die britische
       Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica hatte über einen Persönlichkeitstest
       auf Facebook Daten von 87 Millionen Nutzer*innen abgegriffen, damit Profile
       erstellt und auf dieser Basis ausgewählten Nutzern politische Anzeigen
       ausgespielt.
       
       Damit, so vermuten einige Beobachter, könnte die britische Firma
       möglicherweise einen Beitrag zum Wahlsieg von Donald Trump geleistet haben.
       Außerdem hatten russische Propaganda-Gruppen verdeckt politische Anzeigen
       auf Facebook geschaltet. In Reaktion darauf und aus Sorge vor einer
       externen Beeinflussung der bevorstehenden Europawahl hatte die
       EU-Kommission im vergangenen Herbst einen [9][„Kodex gegen Disinformation“]
       formuliert und auch Facebook zur Unterschrift gedrängt.
       
       Tools von Non-Profit-Aktivist*innen geblockt
       
       Gemeinnützige Organisationen wie Mozilla und ProPublica haben schon früher
       Anwendungen entwickelt, um personalisierte Werbung kontrollierbarer zu
       machen. Facebook deaktivierte die dafür nötigen Schnittstellen jedoch –
       „aus Sicherheitsgründen“, so Gorny. [10][In einem offenen Brief wandten
       sich daraufhin Mozilla und 32 andere Organisationen], darunter
       AlgorithmWatch und Greenpeace, an Facebook. „Wir haben ein Recht darauf zu
       erfahren, wer für die Beeinflussung unserer Stimme bezahlt, und Facebook
       ist für die Umsetzung auf seiner Plattform verantwortlich“, heißt es dort.
       Die Internet-Aktivist*innen seien „tief besorgt“, ob Europäische
       Nutzer*innen bei der anstehenden Europa-Wahl ausreichend vor
       Desinformationskampagnen auf Facebook geschützt seien.
       
       Immerhin konnten Mozilla und Co. erreichen, dass Facebook sein
       Anzeigen-Archiv öffnet. [11][Darin werden für sieben Jahre alle politischen
       Anzeigen gesammelt.] Angaben zu Budgets und anonymisierte
       Nutzer*innen-Daten könnten „Menschen einen Einblick geben, wie und warum
       politische Werbetreibende sie ansprechen“, [12][heißt es in der
       Pressemitteilung von Mozilla.] Und: „Transparenz allein wird Probleme wie
       Desinformation oder Wahl-Hacking zwar nicht lösen, aber sie ist ein
       entscheidender erster Schritt“, so Mozilla-Vizepräsident Alan Davidson. Ob
       Facebook so verlorenes Vertrauen zurückgewinnen kann, bleibt offen.
       
       28 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://techcrunch.com/2019/02/06/why-am-i-seeing-this-ad/
 (DIR) [2] /Kartellamt-Entscheidung-zu-Facebook/!5568868
 (DIR) [3] https://netzpolitik.org/2019/online-werbung-warum-bayern-facebooks-custom-audience-funktion-einschraenkt/
 (DIR) [4] https://netzpolitik.org/
 (DIR) [5] https://www.lda.bayern.de/media/pm2018_18.pdf
 (DIR) [6] /Facebook-und-der-Datenschutz/!5489555
 (DIR) [7] /Politische-Inhalte-auf-Facebook/!5496740
 (DIR) [8] https://www.washingtonpost.com/technology/2019/02/14/us-government-facebook-are-negotiating-record-multi-billion-dollar-fine-companys-privacy-lapses/?utm_term=.863dc78e149e
 (DIR) [9] https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/code-practice-disinformation
 (DIR) [10] https://t.co/6Gy90VlfNJ
 (DIR) [11] https://techcrunch.com/2018/05/24/facebook-political-ad-archive/
 (DIR) [12] https://blog.mozilla.org/press-de/2019/02/14/nach-aufruf-von-mozilla-facebook-stellt-offene-ad-api-noch-vor-den-eu-wahlen-bereit/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elisabeth Nöfer
       
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