# taz.de -- Sexuelle Belästigung beim WDR: Schwanz eingezogen
       
       > Alles nur Missverständnisse? Der Ex-WDR-Fernsehspielchef Gebhard Henke
       > zieht seine Klage gegen Charlotte Roche und den „Spiegel“ zurück.
       
 (IMG) Bild: Charlotte Roche über Gebhard Henke: „Der hat mir ein knappes Jahr meines Lebens versaut“
       
       Berlin taz | Lange gab er sich betont gelassen – [1][nun hat er es
       gelassen]. Der ehemalige WDR-Fernsehspielchef Gebhard Henke hat seine Klage
       gegen Charlotte Roche und den Spiegel kurz vor der angesetzten Verhandlung
       zurückgezogen, wie Spiegel online berichtet. Am Mittwochvormittag hätte in
       Köln darüber entschieden werden sollen, ob der Spiegel und Roche die
       Vorwürfe der sexuellen Belästigungen gegen den vom Westdeutschen Rundfunk
       (WDR) – zu für ihn nach eigener Aussage sehr komfortablen Konditionen –
       entlassenen Henke hätte aufrechterhalten dürfen.
       
       Die Wende in dem Fall brachte laut Spiegel neues, vom Anwalt Roches am
       Montag vorgelegtes Beweismaterial. Sieben weitere Frauen werfen darin Henke
       vor, sie sexuell belästigt zu haben – unter Angabe ihres vollen Namens. Die
       Unterlagen liegen dem Spiegel laut eigener Aussage vor, es handle sich um
       prominente Persönlichkeiten aus der Fernsehbranche.
       
       Die im April 2018 gegen Henke erhobenen Vorwürfe beziehen sich auf einen
       Zeitraum von 1990 bis 2015. Von sechs Frauen gingen damals die
       Schauspielerin Nina Petri und Charlotte Roche mit ihrem Namen an die
       Öffentlichkeit. [2][In einem Interview] mit Spiegel online sagt Charlotte
       Roche jetzt, sie wisse von „25 weiteren Frauen, die er belästigt haben
       soll.“
       
       Fahrt nahm die Sache nicht nur durch die Kündigung seitens des WDR und die
       Vorwärtsverteidigung Henkes und seines Anwalts in einem Interview mit der
       Zeit auf; in einem Offenen Brief hatten sich zudem 16 Unterzeichnerinnen
       aus der deutschen Filmbranche [3][hinter Henke gestellt]. In dem von der
       Agentin Heike-Melba Fendel [4][initiierten Schreiben] hieß es, dass man in
       der Vergangenheit persönlich mit Gebhard Henke zusammengearbeitet habe, was
       durchaus nicht ohne Konflikte und Machtkämpfe geschehen sei. „Auch nicht
       frei von unterschiedlichen Auffassungen über Männer- und Frauenbilder.
       Immer jedoch frei von Übergriffen jedweder Art und Schwere.“
       
       ## 100.000 Euro für den Ehrenmann
       
       Die „Dreistigkeit“ Henkes und wie er „massiv mit Lügen gegen mich und auch
       gegen den Spiegel“ vorgegangen sei, erklärt sich wohl auch aus diesem
       Persilschein. Auch der WDR, sagt Roche im Interview, habe keine gute Figur
       gemacht. Sie und viele andere Frauen seien sehr enttäuscht gewesen, dass in
       der außergerichtlichen Einigung mit Henke nicht festgehalten worden sei,
       dass er die Vorwürfe erhebenden Frauen nicht rechtlich belangen dürfe. Vom
       Spiegel hatte Henke 100.000 Euro Entschädigung verlangt sowie von dem
       Nachrichtenmagzin wie von Roche gefordert, die Vorwürfe nicht zu
       wiederholen.
       
       Als Reaktion auf den Fall Henke sowie die Vorwürfe gegen einen langjährigen
       WDR-Korrespondenten hatte die ehemalige DGB-Vorsitzende und EU-Kommissarin
       Monika Wulf-Mathies im vergangenen Jahr drei Monate lang geprüft, wie der
       WDR seit den 1990er Jahren mit den Hinweisen auf sexuelle Belästigung von
       Mitarbeiterinnen umgegangen ist.
       
       Defizite sah Wulf-Mathies vor allem bei den personellen Rahmenbedingungen.
       Ein starkes Machtgefälle bestehe nicht nur zwischen Führungsebenen und
       Beschäftigten, sondern auch zwischen Beschäftigten und freien
       MitarbeiterInnen. Das schaffe Abhängigkeiten und sei Nährboden für
       Machtmissbrauch. Gleichzeitig fehle ein wertschätzendes und respektvolles
       Betriebsklima.
       
       Henke selbst ließ inzwischen via Anwalt und Zeit Online mitteilen, er sei
       „zu der Überzeugung gelangt, dass eine juristische Auseinandersetzung nicht
       der richtige Weg ist, um sich mit der Thematik und den Vorwürfen
       auseinanderzusetzen. Da nicht anonyme, sondern konkrete Vorwürfe von Frauen
       vorliegen, so will er sich damit auseinandersetzen, Missverständnisse
       ausräumen und sich, wenn ein unangemessenes Verhalten vorgelegen haben
       sollte, in aller Form entschuldigen.“
       
       22 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.spiegel.de/kultur/tv/gebhard-henke-ex-tatortkoordinator-zieht-klage-gegen-charlotte-roche-zurueck-a-1254491.html
 (DIR) [2] http://www.spiegel.de/plus/charlotte-roche-ueber-sexuelle-belaestigung-der-hat-mir-ein-knappes-jahr-meines-lebens-versaut-a-a3d63db2-ed82-4901-b24f-26fe7386c946
 (DIR) [3] /Belaestigung-beim-WDR/!5503590
 (DIR) [4] https://www.ksta.de/kultur/offener-brief-16-frauen-setzen-sich-fuer-wdr-mitarbeiter-gebhard-henke-ein-30115676
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
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