# taz.de -- Kommentar Spaltung der Labour-Partei: Unbehagen mit Corbyn
       
       > Sieben Abgeordnete verlassen die Labour-Party um Jeremy Corbyn. Aber sie
       > sind nur die Speerspitze. Wird ihr Protest die Partei verändern?
       
 (IMG) Bild: Luciana Berger sagte am Montag, Labour sei unter Corbyn „institutionell antisemitisch“ geworden
       
       Die britische Labour-Partei ist viel mehr als nur eine politische Partei.
       Geboren als parlamentarische Vertretung der Gewerkschaften, sieht sie sich
       als Verkörperung der Arbeiterbewegung, also einer über Generationen
       gewachsenen Identität, die Menschen Halt bietet. Für viele alte
       Labour-Sympathisanten ist eine andere politische Heimat nicht vorstellbar.
       
       Kämpfe um die Labour-Seele sind daher auch kulturelle Zerreißproben. Es ist
       nach wie vor für viele britische Linke eine Schande, dass der einzige
       Labour-Führer der vergangenen vierzig Jahre, der jemals Wahlen gewann, Tony
       Blair gewesen ist. Der versprühte einst jugendlichen Optimismus und
       Erneuerung, verkörpert aber heute Egoismus und Skrupellosigkeit. Es war
       vor allem der Wunsch nach einem Schlussstrich unter die Ära Blair, der den
       Aufstieg Jeremy Corbyns begünstigte. Der punktete mit seinem [1][Image als
       harmloser, gütiger Weihnachtsmann], der weise Worte und Geschenke verteilt.
       
       Aber Corbyn mit seinen familiären Wurzeln in der Friedensbewegung der
       1930er Jahre und seinem Umfeld aus weltfremden Oberschichtintellektuellen
       verkörpert ebenso wenig wie Blair die alte Labour-Volksseele. Und in seinem
       Windschatten sind zentrale Parteiämter an skrupellose Apparatschiks
       gegangen, die einen befremdlichen Führerkult pflegen und jeder abweichenden
       Meinung mit Hass begegnen.
       
       [2][Die sieben Labour-Abgeordneten], die jetzt aus Protest gegen diese
       Entwicklung öffentlich aus der Partei austreten, sind zahlenmäßig nicht
       viel. Aber sie sind nur die Speerspitze. Das Unbehagen über Labour unter
       Corbyn ist in der britischen Linken ähnlich weit verbreitet wie einst das
       Unbehagen über Labour unter Blair. Können die Dissidenten diesem Unbehagen
       jetzt eine neue Heimat bieten, von außen zurück in die Labour-Partei
       hineinwirken und damit Veränderung erzeugen? Oder werden sie als Verräter
       isoliert und müssen sich eigene politische Strukturen aufbauen, die
       wirkungslos verpuffen? Das ist noch offen. [3][Aber mehr noch als der
       Brexit] könnte es über die Zukunft der derzeit stärksten Linken Europas
       entscheiden.
       
       18 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Labour-Parteitag-in-Grossbritannien/!5450542
 (DIR) [2] /Britische-Abgeordnete-verlassen-Labour/!5571010
 (DIR) [3] /Brexit-und-Labour-Party/!5564115
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Labour Party
 (DIR) Jeremy Corbyn
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Labour Party
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Brexit-Ansprache im britischen Unterhaus: May bietet Verschiebung an
       
       Sollte das britische Unterhaus das Gesprächsergebnis mit der EU nicht
       billigen, darf es über eine Verschiebung abstimmen.
       
 (DIR) Krise bei britischer Labour-Partei: Der Anti-Corbyn
       
       Chuka Umunna gilt als Anführer der Labour- und Tory-Abweichler, die die
       britische Politik umkrempeln wollen. Seine Basis reagiert zurückhaltend.
       
 (DIR) Folgen der Labour-Spaltung: Austritt der Konservativen
       
       Wegen der EU-feindlichen Stimmung in ihrer Partei schließen sich Ex-Tories
       der Labour-Abspaltung an. Entsteht eine neue Zentrumspartei?
       
 (DIR) Britische Abgeordnete verlassen Labour: „Eine rassistische Partei“
       
       Sieben Abgeordnete verlassen die britische Labour-Opposition. Grund:
       Corbyns Brexit-Kurs und seine antisemitischen Äußerungen.