# taz.de -- Kommentar WHO und Pharmaindustrie: Spielplatz für Multimilliardäre
       
       > Die Weltgesundheitsorganisation lügt, wenn es um Folgen von Atomunfällen
       > geht. Noch schlimmer: Sie befindet sich im Würgegriff von
       > Kapitalinteressen.
       
 (IMG) Bild: Wie sauber arbeitet die WHO mit ihren Geldgebern?
       
       Als junger Medizinstudent war ich voller Bewunderung. Was für eine
       mächtige, weltumspannende Organisation, [1][die so viel Gutes tut]! Die
       Weltgesundheitsorganisation WHO erklärte Gesundheit zum Grundrecht eines
       jeden Menschen, bezeichnete die Gesundheit aller Völker als Voraussetzung
       für Frieden, und definierte Gesundheit als den „Zustand des vollständigen
       körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des
       Freiseins von Krankheit und Gebrechen“. 1948 wurde die WHO gegründet. Es
       ist ihr gelungen, die Pocken auszurotten. Die Kinderlähmung wurde massiv
       zurückgedrängt. Seit über 70 Jahren arbeitet die WHO also zum Wohle der
       Menschheit. Dachte ich jedenfalls.
       
       Zum ersten Mal stutzig wurde ich 2008 auf einer internationalen Tagung über
       „Electronic Health“ in Wien, als ein WHO-Sprecher vom Nutzen der
       elektronischen Gesundheitskarte für Afrika schwärmte. Von gesundheitlichen
       Problemen in Afrika hatte ich schon viel gehört, aber dass die Elektronik
       dort einen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage leisten
       könnte, war mir neu. Na gut, dachte ich, Spinner gibt es überall.
       
       Dann kam 2009 die Schweinegrippe. Gerüchte über Bestechlichkeit, sogenannte
       „Interessenskonflikte“ wurden laut. Die WHO erklärte diese eher harmlose
       Infektionskrankheit zu einer Pandemie der höchsten Gefährlichkeitsstufe und
       schuf damit einen grandiosen Markt für unwirksame Grippemedikamente und
       eine umstrittene Impfung. Deutschland, Frankreich, England und weitere
       europäische Staaten hatten Verträge mit Impfstoffherstellern wie Novartis,
       Sanofi oder Glaxo abgeschlossen, mit denen sie sich zum Ankauf des
       Schweinegrippen-Impfstoffs verpflichteten, wenn die WHO die höchste
       Pandemie-Warnstufe ausrufen würde.
       
       Die Bild-Zeitung posaunte am 21. 10. 2009 die Schlagzeile eines
       „Schweinegrippen-Professors“ ins Land, der 35.000 Tote in Deutschland
       vorhersagte. So kam es außerdem noch zu tonnenweisen Ankäufen von
       „Grippemedikamenten“, [2][etwa Tamiflu]. Alle Warnungen seriöser
       Wissenschaftler, dass diese Medikamente nichts helfen, sondern im Gegenteil
       mit ernsten unerwünschten Wirkungen zu rechnen sei, wurden ignoriert. Am
       Ende machte ein britischer Unterhausabgeordneter den Vorschlag, die
       Tabletten anstelle von Streusalz zu verwenden, denn der Winter 2009 war in
       Großbritannien eisig.
       
       ## Geheimvertrag mit Atomenergie-Behörde IAEO
       
       In Liberia, in Guinea und in Sierra Leone kam es 2014 zu einer
       [3][Ebola-Epidemie], in deren Verlauf über 10.000 Menschen starben. Trotz
       rechtzeitiger Warnungen setzten die Hilfsmaßnahmen der WHO viel zu spät
       ein, wurden aber sogleich hektisch, als eine Beeinträchtigung des
       internationalen Flugverkehrs drohte. Der Schutz der westlichen Welt vor
       unkontrollierbarer Ausbreitung stand obenan, die betroffenen drei ärmsten
       Ländern der Welt wurden komplett isoliert. Die erschütternde medizinische
       Katastrophe selbst hingegen war zunächst kein Grund für die WHO, zu
       intervenieren.
       
       Es gibt einen Geheimvertrag zwischen der WHO und der Internationalen
       Atomenergie-Behörde IAEO aus dem Jahre 1959, der die WHO verpflichtet,
       nichts zu veröffentlichen und nichts zu propagieren ohne vorherige
       Genehmigung durch die IAEO. Warum hat die WHO weder in 33 Jahren seit der
       Katastrophe von Tschernobyl noch in 8 Jahren [4][seit der Katastrophe von
       Fukushima] die „Gesundheit aller Völker“ zur Maxime ihres Handelns gemacht?
       Weil sie sich vertraglich zu Desinformation, Bagatellisierung und
       Abwiegelei verpflichtet hat! Selbst die Dokumente von zwei UN-Konferenzen
       zum Thema Tschernobyl, die 1995 in Genf und 2001 in Kiew stattfanden,
       werden von der WHO bis heute geheim gehalten. Denn laut IAEO sind durch die
       Folgen von Tschernobyl „weniger als 50 Tote“ zu beklagen. Da ist ein
       weiterer Kommentar überflüssig.
       
       In den 90er Jahren froren viele Regierungen ihre Beiträge zur WHO ein,
       einige stellten die Zahlungen ganz ein. In dieser für die WHO
       existenziellen Phase traten edle Ritter auf den Plan, an erster Stelle die
       Bill-and-Melinda-Gates-Stiftung. Fern von demokratischer Legitimation durch
       die Vereinten Nationen erklärte die Gates-Stiftung Malaria, Tuberkulose und
       Aids zu den drei Hauptgeißeln der Menschheit und stellte – nicht nur der
       WHO – Milliarden von Dollar für die Forschung und Entwicklung von
       Medikamenten zur Verfügung. Es steht außer Frage, dass sie damit sehr viel
       Gutes taten.
       
       Je nachdem, wie man es berechnet, wird der Etat der WHO aber inzwischen zu
       mindestens 50 Prozent, unter Einbeziehung der PPP-Initiativen sogar zu 80
       Prozent von Stiftungen, NGOs und Privatleuten bestritten. Deren Mittel sind
       zweckgebunden. Selbst wenn es gute Zwecke sind, so hat die WHO damit ihre
       Unabhängigkeit und Selbstständigkeit verloren.
       
       ## Doppelter Profit durch Krankheits-Verursachung und Heilung
       
       Die Gates-Stiftung hält Aktien von Nahrungsmittel-, Alkohol- und
       Pharmakonzernen. Je höher deren Gewinne sind, desto mehr Geld hat die
       Stiftung. Die WHO müsste, entsprechend ihrem Auftrag, gegen das aggressive
       Marketing der Hersteller von Junkfood voller Zucker, Fett und Salz
       vorgehen. Sie würde damit aber an dem Ast sägen, auf dem sie sitzt.
       Nahrungsmittelkonzerne sorgen dafür, dass sich Übergewicht,
       Gefäßkrankheiten und Diabetes auf der ganzen Welt immer mehr ausbreiten, um
       anschließend mit der Pharmaindustrie die „Lösungen“ dafür gewinnbringend zu
       verkaufen. Die Eroberung der WHO durch Konzerne und Stiftungen ermöglicht
       auf diese Weise doppelten Profit, einmal bei der Verursachung von
       Krankheiten und dann an deren Behandlung.
       
       Fazit: Mit Electronic Health für Afrika machte sich die WHO lächerlich, mit
       der Schweinegrippen-Hysterie sorgte sie für Milliardenumsätze der
       Pharmaindustrie, bei der Ebola-Epidemie reagierte sie viel zu spät, und in
       Fragen der Kernkraft und der Atomstrahlung belog und belügt die WHO die
       Welt nach wie vor. Heute ist sie ein Spielplatz für Multimilliardäre, die
       sich die Weltgesundheitspolitik als Hobby und als Geschäftsmodell gewählt
       haben.
       
       16 Feb 2019
       
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