# taz.de -- Dinge des Jahres 2018: In sieben Schritten zum Baumhaus
       
       > Symbol für den Kampf gegen die Kohle 2018: die Baumhäuser im Hambacher
       > Forst. Ein Aktivist hat uns erklärt, wie man sich ein solches baut.
       
 (IMG) Bild: Zimmer mit Aussicht: Clumsys Baumhaus im Hambacher Forst
       
       Seit sechs Jahren wohnt Clumsy im [1][Hambacher Forst]: Die letzten vier
       Jahre lebte er in seinem selbstgebauten Baumhaus Mona im Dorf Oaktown. Dort
       hatte Clumsy zwei Zimmer, Heizung, Strom, einen Balkon. Jetzt gibt es Mona
       nicht mehr. Im Herbst wurde das Baumhaus abgerissen, so wie 15 bis 20
       weitere Häuser und über 60 Plattformen. 
       
       Der Großeinsatz dauerte fast drei Wochen, kostete einen zweistelligen
       Millionenbetrag und die Arbeitszeit Tausender PolizistInnen. Die
       Begründung: Die Baumhäuser hielten Brandschutzbestimmungen nicht ein und
       gefährdeten so das Leben ihrer BewohnerInnen – von denen sich einige im
       Inneren ihrer Häuser mit Ketten und Beton fixierten. Der Kontext: RWE
       wollte etwa 100 Hektar Wald roden, um den benachbarten Braunkohletagebau zu
       erweitern. 
       
       Doch die Stieleiche, auf der das Baumhaus Mona thronte, steht noch: Wenige
       Tage nach Ende des Großeinsatzes verhängte das Oberverwaltungsgericht
       Münster ein [2][vorläufiges Rodungsverbot]. 
       
       Die BesetzerInnen begannen, neue Häuser zu bauen. Auch Clumsy. Er baut
       jetzt Mona 2.0, genau dort, wo vor der Räumung Mona stand. Auch Sie wollten
       schon immer ein Baumhaus bauen? Hier erklärt Clumsy, wie man das macht. 
       
       1. Einen Baum finden 
       
       Als Erstes suche ich einen passenden Baum. Er muss gesund sein: kein
       Pilzbefall, keine Insektenlöcher, keine rottenden Wurzeln. Die Krone sollte
       ausladend sein, mit viel Platz zwischen den Ästen, damit das Baumhaus
       reinpasst. Die Äste selbst müssen massiv sein: Zum Klettern reicht ein Ast
       mit einem Durchmesser von mindestens 10 Zentimetern, für ein Baumhaus
       brauche ich mindestens 20 bis 30.
       
       Generell gut geeignet sind Bäume, die recht hartes Holz haben, zum Beispiel
       Eichen oder Buchen. Wenn ein Baum passt, schaue ich mir auch die Bäume
       rundherum an. Da sollte sich kein kranker Baum in Richtung des zukünftigen
       Baumhauses neigen.
       
       2. In die Krone kommen 
       
       Wenn ich den passenden Baum gefunden habe, muss ich als Nächstes an die
       Stelle kommen, an der das Baumhaus entstehen soll. Wenn wir ein Baumhaus in
       wenigen Metern Höhe bauen, reicht eine Leiter. Aber die Baumhäuser, die wir
       vor der Räumung hatten, lagen in bis zu 28 Metern Höhe.
       
       Reicht eine Leiter nicht, bringe ich Kletterseile an. Dafür gibt es
       verschiedene Techniken. Man kann das Seil zum Beispiel an einen Wurfsack
       binden und hochwerfen. Manche schießen es auch mit Pfeil und Bogen nach
       oben. Wenn ich hochgeklettert bin, spanne ich in der Krone ein paar Seile
       und Querverbindungen: Damit kann ich mich sichern und beim Bauen möglichst
       frei bewegen.
       
       3. Material nach oben bringen 
       
       Die Stämme, Paletten, Bretter und was wir sonst brauchen, müssen wir nach
       oben bringen. Das geht mit einem Flaschenzug, der die Last halbiert. Wenn
       wir einen 100-Kilo-Baumstamm hochziehen, merken wir nur 50 Kilo Last.
       
       4. Der Boden 
       
       Das Erste, was nach oben muss, sind zwei massive Stämme. Empfehlen kann ich
       tote Fichten. Die sind innen gut durchgetrocknet und massiv, im Gegensatz
       zu Birke. Am besten schält man auch die Rinde ab. Das verhindert, dass sich
       Insekten einnisten und das Holz zerfressen.
       
       In der Krone bringe ich dann die Stämme in Position, um sie parallel
       zueinander an die Äste zu knoten. Vorher muss ich aber mit der Wasserwaage
       ran, um sicherzugehen, dass der Boden des Hauses halbwegs gerade wird. Wer
       das nicht macht, hat später einen schiefen Boden. Was aber auch ganz
       praktisch sein kann: Dann rollt alles, was man verliert, immer in eine
       Ecke.
       
       Sind die Stämme in Position, binden wir sie mit wetterbeständigen
       Kunststoffseilen aus sogenanntem Polypropylen an die Äste. Das machen wir
       mit je einem Kreuzbundknoten an jedem Stammende. Ein Baumhaus wird also von
       insgesamt vier Knoten im Baum gehalten, ohne Schrauben oder Nägel, die den
       Baum verletzen würden.
       
       Als Nächstes vernageln wir Querbalken, die die beiden Stämme verbinden. Das
       können auch Stämme sein oder einfach Kanthölzer. Für die dritte und letzte
       Schicht benutze ich am liebsten Federbretter: also Bretter, die man
       ineinanderstecken kann. Die haben den Vorteil, dass von unten kein Wind
       durchzieht. Wir nageln sie auf die Querbalken, dann ist die Plattform
       fertig.
       
       5. Die Wände 
       
       Bei meinem vorherigen Baumhaus hatte ich Wände aus Fachwerk. Beim neuen
       Baumhaus dachte ich: Wir werden eh bald wieder geräumt, es muss schnell
       gehen. Also habe ich Paletten an den Rand der Plattform gestellt, sie am
       Boden festgeschraubt, sie miteinander verschraubt – und das einmal
       rundherum. So hatte ich nach einer Stunde vier Wände.
       
       Zum Isolieren kann man Stroh in die Zwischenräume stopfen. Ein häufiger
       Fehler ist, dass Leute nicht darauf achten, dass die Isolierung durchlüftet
       ist. Dann gammelt sie irgendwann weg. Um das zu verhindern, tackere ich
       spezielle Folien von innen und außen an die Wände: Sogenannte Dampfbremsen,
       die kein Wasser durchlassen, nur Dampf. Über die Folien nagele ich Bretter.
       Das isoliert noch besser und sieht schöner aus als eine Wand aus grauer
       Folie.
       
       Die Türen und Fenster bringe ich schließlich mit Renovierband an: So heißen
       Türscharniere, über die man die Höhe immer wieder verstellen kann. So ein
       Baumhaus ist ja dem Wetter ausgesetzt, das Holz verzieht sich auch mal, und
       ab einer gewissen Höhe ist es fast immer in Bewegung. In 28 Metern merkt
       man den kleinsten Wind.
       
       6. Das Dach 
       
       Im Wald verwenden die meisten ein sogenanntes Bending, also ein Biegedach –
       das geht deutlich einfacher und schneller, als einen klassischen Dachstuhl
       auszubauen. Dafür nimmt man Haselnussruten, zwei bis drei Meter lang, etwa
       anderthalb Zentimeter dick. Die Haselnuss ist ein Strauch, da kann man
       ohne Bedenken Ruten abschneiden, die wächst dann sogar noch mehr nach.
       Alternativ kann man auch Zeltstangen nehmen.
       
       Mit Brettern schaffe ich kleine Fächer an den Wänden, wo ich die Ruten
       reinstecken kann. Auf der einen Wand stecke ich also eine Rute rein, biege
       sie rüber und stecke sie an der gegenüberliegenden Wand auch rein. Das
       mache ich so auf der gesamten Länge des Hauses. Dann webe ich weitere Ruten
       querdurch, um das Ganze zu versteifen und stabiler zu machen. So entsteht
       der Rahmen für ein Kuppeldach. Für die Isolierung lege ich über dieses
       Kuppeldach Decken. Darüber spanne ich eine Plane, gegen Regen. Auf diese
       Weise habe ich in zwei bis drei Stunden ein fertiges Dach.
       
       7. Upgrades 
       
       Das wichtigste Upgrade ist der Balkon. Wenn man schon hoch oben ist, muss
       man das ja nutzen. Eine Möglichkeit, den Balkon zu bauen, ist, auf der
       Plattform nicht die gesamte Fläche mit Wänden zu umgeben, sondern ein Stück
       frei zu lassen. Den Balkon umgebe ich mit einem niedrigen Zaun. Da kann man
       Blumenkästen dranhängen, für einen Kräutergarten.
       
       Ein anderes Upgrade ist ein Ofen zum Kochen und Heizen. Den baut man am
       besten während des Bauprozesses ein: Das Ofenrohr muss ja durch die Wand
       nach draußen. Wenn man das Rohr verlegt, darf man es auf keinen Fall
       einfach durch die Strohisolierung laufen lassen. Da fackelt die Bude ab.
       Man muss aufpassen, dass das Rohr keinen Kontakt zu Holz und Stroh hat. Im
       Baumhaus Mona hatte ich Blech an die Wände genagelt und den Zwischenraum
       mit einer feuerfesten Lehm-Sand-Mischung ausgefüllt.
       
       Leichter zu bauen und echt praktisch ist eine Stromversorgung über eine
       Solaranlage: ein Panel auf dem Dach, das eine Autobatterie im Haus auflädt.
       Dadurch hatte ich im Baumhaus Licht und konnte zum Beispiel mein Handy
       aufladen. In einem anderen Baumhaus hatten Leute eine Radiostation, samt
       Antenne, Mikro, Mischpult. So hatten wir zweimal täglich eine Stunde
       Programm mit Nachrichten und Musik.
       
       29 Dec 2018
       
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