# taz.de -- Dokumentation über Ruth Bader Ginsburg: Schwarze Brille und Spitzenjabots
       
       > Die Doku „RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit“ porträtiert die Ikone
       > und Richterin am US-Supreme Court, Ruth Bader Ginsburg.
       
 (IMG) Bild: Ruth Bader Ginsburg
       
       „Anti-American“, „witch“ und „zombie“ tönt es von der Leinwand zu den
       Streicherakkorden von Rossinis Ouvertüre zum „Barbier von Sevilla“. Unter
       den Stimmen ist ziemlich deutlich auch die des derzeitigen US-Präsidenten
       erkennbar. Doch anscheinend ist mit den Schmähungen diesmal nicht die böse
       Hillary gemeint. Sondern eine für ihre Integrität bekannte Frau an der
       Spitze des Obersten Gerichtshofs der USA, die besonders bei Fragen
       geschlechtlicher Diskriminierung als Wegbereiterin heutiger Frauenrechte in
       den USA gelten darf.
       
       Die 1993 von Bill Clinton berufene Ruth Bader Ginsburg ist die zweite Frau
       am höchsten US-Gericht. Einflussreich war sie als dezidiert liberale Stimme
       schon immer. Doch in den letzten Jahren wurde die mittlerweile 85-Jährige
       unter der von ihren Fans geprägten (und von ihr mit schönem Humor selbst
       übernommenen) Bezeichnung „Notorious RGB“ mit den Markenzeichen schwarze
       Brille und Spitzenjabots auch zu einer Ikone vieler junger US-BürgerInnen.
       Und da auf Lebenszeit berufen, wird ihr gesundheitliches Befinden penibelst
       beäugt. Als RBG am 7. November mit Rippenbrüchen ins Krankenhaus
       eingeliefert wurde, [1][ging ein Beben durch die liberale Welt.] Doch nach
       wenigen Tagen wieder entlassen – ging es direkt zurück an den Schreibtisch.
       
       Der Film von Julie Cohen und Betsy West beginnt mit prägnanten Einblicken
       in das beachtliche Fitnessprogramm der alten Dame. Es folgt die
       chronologische Erzählung des außerordentlichen Lebens einer so fleißigen
       wie anfangs schüchternen Juristin, die als eine von neun Frauen unter
       fünfhundert männlichen Studenten ihr Studium an der Harvard Law School
       begann und dabei noch einen krebskranken Mann und ein kleines Kind
       mitversorgte.
       
       ## Medial besoffen und ansteckend humorvoll
       
       Erst als Ginsburg trotz ihres brillanten Abschlusses in ganz New York keine
       angemessene Stelle bekam, realisierte sie die Misogynie des damaligen
       Justizbetriebs – und entschloss sich, mit aller Kraft der Juristerei
       dagegen anzukämpfen. So bilden die von ihr erstrittenen Gerichtsurteile
       vieler dieser Fälle neben dem Biografischen den zweiten rote Faden des
       Films. Audiovisuelle Grundlage sind neben einer reichhaltigen Auswahl an
       Archivbildern und Fernsehmitschnitten ein langes Interview der
       Filmemacherinnen mit RBG selbst sowie Gespräche mit ihren beiden
       erwachsenen Kindern, FreundInnen, KollegInnen und anderen Wegbegleitern.
       
       Leider ist dieser Film dabei wie viele andere US-Dokumentationen so sehr
       von einem Horror Vacui getrieben, dass keine der vielen befragten Personen
       über einen Satz lang im Bild zu sehen ist, kein unbewegtes Bild länger als
       eine Sekunde im Fokus bleibt und hinter (fast) jedem verbalen Statement
       mindestens noch ein Piano mitklimpert. Das ist technisch professionell und
       kunstvoll gemacht, führt aber beim Zuschauen schnell zu einem Gefühl von
       medialer Besoffenheit. Und eigentlich schön ausgeheckte Montage-Highlights
       wie die Kombination einer Workout-Sitzung mit der Arie der Königin der
       Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ gehen in der Flut der einstürmenden Bilder
       und Töne unter.
       
       Zugegebenermaßen war der Film in den USA mit diesem Konzept höchst
       erfolgreich. Und vielleicht lässt sich die erzählerische Getriebenheit ja
       auch als Spiegelung des hektischen Arbeitsrhythmus der schwer
       workaholischen Titelheldin im Erzählstil lesen. Eine Menge Zeitgeschichte
       studieren können wir auf jeden Fall. Und mit Ruth und ihrem leider schon
       2010 verstorbenen extrem liebenswerten und unterstützenden Mann Martin
       zwei kluge und ansteckend humorvolle Menschen kennen und schätzen lernen.
       
       16 Dec 2018
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silvia Hallensleben
       
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