# taz.de -- Kommentar Ringen um den Brexit: Pragmatismus, please!
       
       > Ein „ungeordneter“ Brexit könnte die gesamte EU mit ins Chaos ziehen. Was
       > die Union jetzt braucht, ist verantwortungsbewusste Politik.
       
 (IMG) Bild: Die EU muss fähig sein, einer unübersichtlichen Post-Brexit-Lage vorzubeugen
       
       Am 29. März 2019 verlässt Großbritannien die Europäische Union. Diese
       einfache Tatsache gerät dieser Tage zuweilen in Vergessenheit angesichts
       des [1][endlosen Dramas], das sich in London in Bezug auf den Brexit
       abspielt. Monatelang wurde über die Konturen eines möglichen
       Austrittsabkommens mit der EU gestritten. Großbritanniens Premierministerin
       Theresa May setzte sich durch, mit der innenpolitischen Brechstange. Die
       Folge: Sie hat sich mit der EU geeinigt und mit der gesamten britischen
       politischen Klasse von rechts bis links entzweit.
       
       Egal wie dieses Spiel für May am Ende ausgeht: Dieses Brexit-Abkommen wird
       in der vorliegenden Form mangels Zustimmung im britischen Parlament nicht
       in Kraft treten. Die Alternative zu einem Brexit mit Abkommen ist
       allerdings nach geltender Gesetzeslage ein Brexit ohne Abkommen.
       
       Auf den gefürchteten [2][„No Deal“] muss sich Europa jetzt vorbereiten. Er
       ist nicht das Ende der Welt. Er bedeutet, dass man ganz pragmatisch
       überlegt, auf welcher Grundlage ab dem 30. März 2019 der Waren- und
       Personenverkehr zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU
       funktioniert. Denn er wird funktionieren, irgendwie. Nur idiotische
       Fundamentalisten können von einer kompletten Grenzschließung von einem Tag
       auf den anderen träumen. Die reale Welt tickt anders.
       
       ## Mays politisches Überleben ist unklar
       
       Bei allzu vielen Beobachtern in Brüssel und auch in Berlin herrscht in
       Bezug auf einen „ungeordneten“ Brexit nach wie vor eine hochmütige
       Geringschätzung: Sollen die blöden Insulaner doch selber sehen, wie sie aus
       dem selbst angerichteten Chaos wieder herauskommen. Aber Großbritannien ist
       die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU, die Londoner City der wichtigste
       Finanzplatz des Euro. Unübersichtlichkeit in diesen Bereichen zieht die
       gesamte EU mit ins Chaos – und eine Europäische Union, die von sich
       behauptet, alles besser zu wissen und zu machen, sollte in der Lage sein,
       eine solche Situation zu bewältigen und zu gestalten.
       
       Es wird in den nächsten vierzehn Wochen bis zum Brexit noch viel politische
       Aufregung in London geben, und es ist keineswegs klar, ob Theresa May den
       innenpolitischen Schiffbruch ihrer Brexitpolitik überhaupt politisch
       überlebt. Aber jenseits der Aufregung muss verantwortungsbewusste Politik
       jetzt auf kurzfristiger Ebene pragmatisch und auf langfristiger Ebene
       strategisch denken. Europa ist zu wichtig, um es auf diese Weise an einem
       in sich widersprüchlichen und letztlich auch nicht umsetzbaren Dokument
       scheitern zu lassen.
       
       11 Dec 2018
       
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