# taz.de -- Wochenkommentar zu Sexismus: Sexistische Götter in Weiß
       
       > Ärztinnen und Pflegerinnen sind in Kliniken häufig sexistischer
       > Diskriminierung ausgesetzt. Die Charité setzt sich jetzt damit
       > auseinander – ziemlich spät
       
 (IMG) Bild: Der vermeintliche Gott in Weiß steht noch immer ganz oben in der Klinik-Hierarchie
       
       Über 60 Prozent der Medizin-Absolvent*innen in Deutschland sind heute
       weiblich, ebenso fast 50 Prozent der praktizierenden Ärzt*innen – Tendenz
       steigend. Im Pflegebereich machen sie sogar rund 80 Prozent aus. Das Fach,
       in dem die ersten weiblichen Studierenden im 18. Jahrhundert promovierten,
       war, na klar: Medizin. Ein Fach und Arbeitsumfeld also, in dem sich Frauen
       wohlfühlen sollten, möchte man meinen.
       
       Trotzdem ist gerade hier [1][der Arbeitsalltag von Sexismus geprägt]. Das
       zeigte diese Woche eine Aktion von Studierenden der Charité. Auf einer
       Onlineplattform haben die Gruppen Medical Students for Choice und Kritische
       Mediziner*innen seit Sommer rund 200 Beiträge gesammelt, die vor
       Frauenfeindlichkeit und Herabwürdigung nur so triefen.
       
       Betroffene konnten auf der Plattform selbst darüber schreiben. Unter den
       Beiträgen befinden sich Berichte von grapschenden Chefärzten und
       Studentinnen, denen eine Karriere nicht zugetraut wird, ganz einfach, weil
       sie Frauen sind.
       
       ## Über 70 Prozent der Frauen sexuell belästigt
       
       Im Zuge einer dazugehörigen Aktionswoche präsentierte die
       Gleichstellungsbeauftragte der Charité, Christine Kurmeyer, am Montag
       wissenschaftliche Zahlen: 76 Prozent der befragten Frauen und 62 Prozent
       der Männer geben an, während ihrer Tätigkeit an der Charité schon sexuell
       belästigt worden zu sein. Das ist eindeutig häufiger als in anderen
       Berufen: In einer Befragung aus dem Jahr 2014 gab rund die Hälfte der
       Deutschen an, dass ihnen das am Arbeitsplatz schon passiert ist.
       
       Warum also geht es an der Charité, aber auch an anderen Kliniken
       hierzulande, so diskriminierend zu? Die Gleichstellungsbeauftragte nennt
       verschiedene Gründe: die starken Hierarchien in den Krankenhäusern mit
       meist männlichen Chefärzten ganz oben; aber auch die ständigen
       Ausnahmesituationen im OP-Saal, die manch einer als Entschuldigung für
       sexistische Grenzüberschreitungen benutzt.
       
       Dass sich die Charité jetzt offiziell mit Sexismus und seinen
       Rahmenbedingungen auseinandersetzt, ist längst überfällig. Sonst verstärkt
       sich der Pflege- und Ärzt*innenmangel in Berlin und bundesweit demnächst
       von selbst – niemand hat im Jahr 2018 noch Lust auf verstaubte Rollenmuster
       und Diskriminierung durch vermeintliche Götter in Weiß.
       
       8 Dec 2018
       
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