# taz.de -- Kolumne Russisch Brot: Ungeliebter Kapitän
       
       > Denis Gluschakow hat Spartak Moskau 2017 zum Titel geführt. Heute hassen
       > ihn die Fans und pfeifen ihn aus, auch wenn er ein Tor schießt
       
 (IMG) Bild: Kapitän und Hassobjekt: Denis Gluschakow
       
       Russland spricht über Denis Gluschakow. In die russische Suchmaschine
       Yandex wurde in den letzten Tagen kaum ein Name häufiger eingegeben als der
       des Mittelfeldspielers von Spartak Moskau. Fragt man bei Yandex, warum
       jemand besonders unbeliebt ist, wird als erste Erweiterung des Fragesatzes
       der Name Gluschakow angeboten. Was hat es auf sich mit dem Spieler, der
       Spartak 2017 zur Meisterschaft geführt hat. Von den Ultras in der Kurve
       wird er gehasst, von kaum einem mehr geliebt. Als er beim 2:1-Erfolg von
       Spartak am vergangenen Wochenende gegen den amtierenden Meister Lokomotive
       Moskau ein Tor geschossen hat, selbst da wurde er ausgepfiffen.
       
       Wie wohltuend muss es für Gluschakow gewesen sein, als bei jenem Spiel
       gegen Lokomotive ein Fan aufs Feld gelaufen kam, der nichts weiter wollte,
       als dem Kapitän mitzuteilen, dass er auf seiner Seite stehe. Der war von
       der ungewohnten Zuneigung derart überwältigt, dass er nach dem Spiel
       [1][via Instagram seinem Wunsch] Ausdruck verliehen hat, der junge Mann
       möge nicht allzu hart bestraft werden.
       
       Ach ja, Instagram. Damit hatte alles angefangen. Nach einer peinlichen
       Niederlage gegen Achmat Grosny zu Beginn der Saison hatte Gluschakow ein
       Gedicht mit einem Herz versehen, das der Moskauer Volksschauspieler Dimitri
       Nazarow auf Instagram gepostet hatte. Indirekt verlangte der nach eigenen
       Angaben glühende Spartak-Fan darin die Entlassung des damaligen Trainers
       Massimo Carrera. Der Italiener war stinksauer und suspendierte den Kapitän
       umgehend. Auch Verteidiger Andrei Eschtschenko, der Nazarows Verse
       ebenfalls beherzt hatte, wurde von Carrera aus der Mannschaft geworfen.
       
       Seit der wohl einmaligen Entscheidung Carreras, Spieler wegen eines Likes
       in sozialen Medien rauszuschmeißen, ist die Kurve in Aufruhr. Um Gluschakow
       ranken sich die wildesten Verschwörungstheorien. Es fallen die üblichen
       Fanschimpfwörter. Ein „Judas“ sei Gluschakow, heißt es in einer
       Stellungnahme der Fangruppierung „Ultra Nord“.
       
       ## Ein hässlicher Verdacht
       
       „Er hat unseren Verein, unsere Farben und uns alle verraten – alle, die mit
       ganzem Herzen für Spartak brennen.“ So steht es in der Erklärung. Es gehe
       um mehr als einen Post in sozialen Medien, schreiben die Fans. Ihr Vorwurf:
       Gluschakow soll sein Amt als Kapitän missbraucht haben, um Spieler dazu zu
       bewegen, gegen Carrera zu spielen, Spiele absichtlich abzuschenken, damit
       der Trainer seinen Job verliert.
       
       Letzteres ist längst geschehen. Carrera wurde im Oktober entlassen, nachdem
       Spartak auf Platz sieben der Tabelle abgerutscht war. Sein Nachfolger Oleg
       Kononw begnadigte Gluschakow umgehend. Seitdem läuft der wieder mit der
       Kapitänsbinde auf. Und seitdem ist jedes Spiel des langjährigen
       Nationalspielers ein wahres Spießrutenlaufen. Zwar gibt es auch Fans, die
       hinter Gluschakow stehen, doch die lautstarke Kurve tut alles dafür, dass
       sich der 31-Jährige unwohl fühlt. Himmelangst dürfte Gluschakow etwa
       gewesen sein, als beim Europa-League-Spiel am vergangenen Donnerstag gegen
       Rapid Wien ein Mann mit mächtigen Rasputinbart aufs Spielfeld rannte, um
       Gluschakow zu bedrängen. Wenigstens dieser Mann kann ihm nun erst mal nicht
       mehr gefährlich werden. Er sitzt hinter Gittern.
       
       Auch wenn die sportliche Rehabilitation Gluschakows läuft, er von den
       Sportpublikationen in die Elf des 16. Spieltags gewählt wurde und auch sein
       neuer Trainer von ihm schwärmt, bleibt es einen schwierige Zeit für den
       Spieler. Denn er hat nicht nur Zoff mit den Fans, sondern befindet sich in
       einem veritablen Rosenkrieg mit seiner Nochfrau Darja. Das Video, das
       zeigt, wie sie ihrem spärlich bekleideten Mann [2][in einer Sauna vorwirft,
       sie betrogen zu haben], ist von Hunderttausenden in Russland geklickt
       worden.
       
       Seit klar ist, dass Gluschakow in etlichen Städten Geliebte unterhalten
       hat, streiten die zwei um das Sorgerecht für die beiden Töchter und
       natürlich ums Geld. Dass Gluschakow dabei umgerechnet über 2,5 Millionen
       Euro in einen Pensionsfonds gesteckt hat, um das Geld vor dem Zugriff
       seiner Frau zu sichern, macht ihn bei den Russen nun nicht unbedingt
       sympathischer. Die Antwort auf die Frage, warum niemand Denis Gluschakow
       liebt, stellt sich vielleicht bald kaum mehr jemand.
       
       5 Dec 2018
       
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