# taz.de -- Schwierige Regierungsbildung: Eine Woche Zeit zur Schwedenrettung
       
       > Annie Lööf von der Zentrumspartei soll verhindern, dass Rechtspopulisten
       > mitregieren. Eine andere Machtoption ist gescheitert.
       
 (IMG) Bild: Hoffnungsträgerin Annie Lööf von der Zentrumspartei: Gelingt es ihr die Rechtspopulisten zu verhindern?
       
       Stockholm taz | Schweden sucht mehr als neun Wochen nach der
       [1][Parlamentswahl vom 9. September] weiterhin nach einer neuen Regierung.
       Am Donnerstagnachmittag präsentierte Parlamentspräsident Andreas Norlén
       nach vorangegangenen Gesprächen mit den Vorsitzenden aller im Reichstag
       vertretenen Parteien einen neuen Sondierungsauftrag: Nun soll Annie Lööf,
       die Vorsitzende der liberalen Zentrumspartei sich an einer möglichen
       Regierungsbildung versuchen. Sie hat eine Woche Zeit dafür.
       
       Norlén reagierte damit auf die Abstimmungsniederlage seines Parteifreunds
       Ulf Kristersson, des Vorsitzenden der konservativen Moderaten. Dessen
       Versuch zusammen mit den konservativen Christdemokraten eine
       Minderheitsregierung zu bilden, die sich auf die Stimmen der
       Schwedendemokraten hätte stützen müssen, war am Vortag an einer deutlichen
       Parlamentsmehrheit gescheitert.
       
       Für Kristersson hatten nur die 154 Abgeordneten der beiden konservativen
       Parteien und der Schwedendemokraten gestimmt. Die 195 ParlamentarierInnen
       aller anderen fünf Reichstagsparteien votierten geschlossen mit Nein. Was
       ein historisches Votum war. Noch nie zuvor war ein schwedischer
       Ministerpräsidentenkandidat schon beim Versuch des Amtsantritts
       gescheitert.
       
       Sowohl Kristersson wie Norlén hatten offenbar gehofft, Liberale und
       Zentrumspartei würden doch in letzter Minute umfallen und nicht gegen
       Kristersson stimmen. Dabei hatten diese mit den Konservativen und
       Christdemokraten in der bürgerlichen „Allianz“ verbündeten beiden liberalen
       Parteien schon im Wahlkampf deutlich gemacht, sie würden keine Regierung
       akzeptieren, die von den Stimmen der aus Neonaziwurzeln entstandenen
       Schwedendemokraten abhängig wäre.
       
       Jan Björklund, Vorsitzender der Liberalen betonte, dass den in Teilen
       rassistischen Schwedendemokraten, die ein autoritäres Gesellschaftssystem
       anstreben, gerade angesichts der „rechtsnationalistischen Welle“ in Europa,
       zu der auch diese Partei gehöre, keine Machtposition eingeräumt werden
       dürfe: Schweden dürfe kein Polen oder Ungarn werden. Die
       Zentrumsvorsitzende Annie Lööf warf Kristersson vor, mit seinem
       Regierungsversuch einen „historischen Fehler“ zu begehen und einen
       „besorgniserregenden Weg“ einzuschlagen.
       
       ## „Unheilige Allianz“
       
       Der Linken-Vorsitzende Jonas Sjöstedt warnte vor einer Entwicklung hin zu
       einem konservativen Block, der sich von einer „fremdenfeindlichen Partei“
       abhängig mache. Die liberale Tageszeitung Dagens Nyheter begrüßte am
       Donnerstag, dass eine Parlamentsmehrheit Kräfte, die die „Demokratie
       verachten“ blockiert habe. Das sozialdemokratische „Folkbladet“ sah ein
       Votum „für Liberalismus und humanistische Werte und gegen Machtgier“.
       
       Dagegen sprach das konservative Svenska Dagbladet angesichts der Tatsache,
       dass erstmals ein Trio aus Konservativen, Christdemokraten und
       Schwedendemokraten gemeinsam für die Bildung einer Regierung gestimmt
       hatte, von einer „unheiligen Allianz“. Tatsächlich ist mit dieser
       Abstimmung die bisherige einheitliche Front aller übrigen
       Parlamentsparteien gegen die Schwedendemokraten endgültig Vergangenheit.
       
       Der Vorsitzende der Schwedendemokraten Jimmie Åkesson begrüßte diese „neue
       politische Landschaft“. Das Votum seiner Partei für Kristersson begründete
       er mit nicht näher erläuterten „Signalen“, die die Schwedendemokraten
       erhalten hätten, was eine Verwirklichung eigener politischer Ziele durch
       eine Regierung Kristersson angegangen wäre.
       
       Offenbar scheint es also vor der Wahl Kontakte über mögliche Zugeständnisse
       auf Forderungen der Rechtspopulisten gegeben zu haben. Åkesson erwartet,
       dass spätestens nach den nächsten Wahlen eine Konstellation aus
       Konservativen, Christdemokraten und Schwedendemokraten Realität werden
       kann. Auf dieses Trio waren bei den Wahlen im September 44 Prozent der
       Stimmen entfallen. 21 Mandate für eine Reichstagsmehrheit fehlen noch.
       
       15 Nov 2018
       
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