# taz.de -- Linke Kneipe enttarnt Immobilienriesen: Das Syndikat
       
       > Das britische Immobilienunternehmen Pears besitzt allein in Berlin etwa
       > 6.000 Mietobjekte. Erst Recherchen einer bedrohten linken Kneipe decken
       > dies auf.
       
 (IMG) Bild: Kundgebung für den Erhalt der Kiezkneipe Syndikat
       
       Berlin taz | Für eine der größten privaten Immobilienfirmen der Stadt gibt
       sich die Pears Global Real Estate Germany sehr verschlossen. In ihrem Büro
       am Kurfürstendamm 177 nimmt zwar eine Frau den Hörer ab, legt aber auch
       schnell wieder auf, nachdem die Stichwörter Syndikat, Weisestraße und
       Firman Properties gefallen waren. „Nie gehört“ und „Da kann ich jetzt
       nichts zu sagen“ sind ihre einzigen beiden Sätze, bevor sie das Telefonat
       grußlos beendet.
       
       Womöglich ist es auch dieser Strategie geschuldet, dass niemand in Berlin
       die Firma zu kennen scheint. Egal, wen man fragt, Bezirks- und
       Landespolitiker, Immobilienverband oder Stadtaktivisten – von der Pears
       Group hat noch keiner gehört. Auch den meisten Mietern dürfte der Name
       unbekannt sein: Offiziell gehören ihre Häuser luxemburgischen
       Briefkastenfirmen.
       
       Die deutsche Internetseite ist vom Netz genommen; Besucher der Website der
       britischen Konzernmutter Pears Group werden allerdings mit einer
       Luftaufnahme von Nikolaiviertel und Fernsehturm begrüßt. Eigenen Angaben
       zufolge gehören der Gruppe in Deutschland 6.200 Einheiten, Wohnungen und
       Gewerbe, überwiegend in Berlin.
       
       Aber der Reihe nach: Anfang Juli wurde der [1][Neuköllner Kneipe Syndikat]
       zum Jahresende gekündigt. Im Kiez und für die linke Szene der Stadt ist das
       als Kollektiv betriebene „Syndi“ eine Institution. Seit 33 Jahren treffen
       hier Aktivisten auf Nachbarn. Verhandlungen über einen neuen Mietvertrag
       stellte die Hausverwaltung DIM mit Sitz in der Potsdamer Straße im
       September ein. Die Eigentümer wollten keine weiteren Verhandlungen, teilte
       die Hausverwaltung mit. Es war der Moment, als das Kollektiv begann, sich
       mit der Frage zu beschäftigen, wer ihre wahren Hausbesitzer sind.
       
       ## Luxemburger Briefkastenfirma
       
       Seit 2014 gehört das Gebäude in der Weisestraße 56 der Firman Properties
       S.A.R.L. – wie die französische Buchstabenkombination verrät, eine
       Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Kapitalgesellschaft hat ihren
       Sitz in Luxemburgs gleichnamiger Hauptstadt: Avenue de la Gare 4–6. Sitz
       ist dabei jedoch etwas hochtrabend, wie Vor-Ort-Recherchen von Freunden des
       Syndikats ergaben. Die Firma teilt sich hier einen Briefkasten mit [2][75
       weiteren Firmen], die alle das Wort Properties im Namen führen. Und immer
       wieder tauchen die gleichen Geschäftsführer auf.
       
       Die Spur zur Pears Group ergibt sich aus zwei Vollmachten, die die
       Hausverwaltung DIM von den Eigentümern bekommen und von denen das Syndikat
       Kopien hat. Der Brief von 2014 ist von Katja Ciesielska und Rachel Hafedh
       unterzeichnet, der vom 19. Februar 2018 von Cengiz Coelhan und Robert
       McCorduck. Bei allen vier finden sich im Internet Verbindungen zur Pears
       Group und ihren Unterfirmen.
       
       Anruf bei Ciesielska, die ein luxemburgischer Unternehmerverband als Legal
       Director für die Gruppe ausweist. „Ja, das Syndikat kenne ich“, sagt sie.
       Weiterhin ist sie eine von vier GeschäftsführerInnen der Firman Properties
       S.A.R.L, der das Haus in der Weisestraße gehört. Fragen, ob sie zu weiteren
       Verhandlungen mit dem Syndikat bereit sei, will sie nicht beantworten. „Ich
       entscheide nicht alleine“, sagt Ciesielska. Und: „Ich arbeite für eine
       Familie, die die Eigentümerin der Gruppe ist.“ Auch wenn sie den Namen
       nicht nennen mag: Es ist die Familie Pears.
       
       2011 heißt es in der Londoner Tageszeitung [3][Telegraph]: „Die William
       Pears Group ist eins von Großbritanniens größten Immobilienunternehmen,
       aber nur wenige haben davon gehört. Aus gutem Grund.“
       
       1952 von Bernhard Pears gegründet, wird die Gruppe seit 1984 von dessen
       drei Söhnen geführt. Einer von ihnen sagt in dem Artikel im Telegraph: „Wir
       haben nichts zu verbergen, aber wir sind eine private Firma.“ Allein in
       London und Südost-England sollen die Pears Group Immobilien im Wert von 6
       Milliarden Pfund, fast 7 Milliarden Euro, besitzen. Damals wurde auch der
       Aufbau eines „europäischen Fonds“ angekündigt.
       
       ## Viele Häuser in Berlin
       
       Nach Information des Syndikats erfolgte der Einstieg auf dem deutschen
       Markt spätestens 2014. Damals soll mindestens ein Paket mit cirka drei
       Dutzend Häusern übernommen und auf fünf Briefkastenfirmen aufgeteilt worden
       sein. Der Geschäftszweck, das wird klar, wenn man sich mit den
       verschiedenen Unterfirmen beschäftigt, ist auf maximale Rendite ausgelegt.
       
       Jochen Biedermann, grüner Baustadtrat aus Neukölln, hat zwar ebenfalls noch
       nie von der Pears Group gehört, hatte aber schon häufiger mit Firman
       Properties zu tun. Dabei sei es jeweils um Baugenehmigungen in
       Milieuschutzgebieten gegangen. „Wenn es reibungsfrei verlaufen wäre, würde
       ich sie nicht kennen“, so Biedermann. Auch in der Weisestraße 56 wurden die
       Wohnungen und die Räumlichkeiten des Syndikat in einzelne Einheiten
       aufgeteilt, um sie dann als Eigentumswohnungen verkaufen zu können.
       
       Nicht anders sieht es bei anderen Pears-Firmen aus: In Moabit kündigte die
       Juventus Properties reihenweise Ladengeschäften, dem [4][„Heimwerk“-Laden
       in Alt-Moabit] wurde von Longan Properties zum Jahresende gekündigt, ebenso
       dem Blumenladen Pusteblume in der Friedrichshainer Samariterstraße. Die
       Liste ließe sich fortsetzen.
       
       ## Erstes Nervenflattern
       
       Biedermann hat aber auch eine Nachricht, die Freunden und Betreibern des
       Syndikats Hoffnung machen kann. Aufgrund der zunehmenden Öffentlichkeit um
       die Kneipen-Kündigung hat sich die Hausverwaltung bei ihm gemeldet. Bei
       einem Treffen einigte man sich darauf, „mögliche Lösungen zu prüfen“, auch
       wenn die Hausverwaltung deutlich gemacht habe, dass sie „nicht die
       Entscheidungsträger in der Sache sind“. In ein bis zwei Wochen will man
       sich noch mal zusammensetzen.
       
       Das Syndikat will den Druck weiter hochhalten. 3.000 Unterschriften sind
       für den Erhalt der Kneipe bereits gesammelt, die Vernetzung mit den
       MieterInnen der anderen Pears-Häuser ist angelaufen. Das Kollektiv hat auch
       schon einen Brief an die Pears Group geschrieben und um ein Gespräch
       gebeten. [5][Diese Woche Donnerstag soll eine erste Kundgebung vor dem Büro
       am Ku’damm stattfinden].
       
       Aufmerksam geworden ist auch die Initiative [6][„Deutsche Wohnen und Co.
       enteignen“], die ein Volksbegehren anstrebt, das auf alle
       Immobilienunternehmen zielt, die mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt
       besitzen. „Wir kannten die Pears Group nicht, haben die uns aber jetzt
       notiert“, sagt Rouzbeh Taheri, Sprecher der Initiative.
       
       Auf eine mögliche Enteignung ihrer Eigentümer kann das Syndikat aber nicht
       warten – für eine rettende Lösung bleiben nur noch wenige Wochen.
       
       19 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!5536571/
 (DIR) [2] https://twitter.com/GoaGoaZwerg/status/1064478610558459905
 (DIR) [3] https://www.telegraph.co.uk/finance/financetopics/profiles/8569562/Pears-family-comes-out-of-the-property-shadows.html
 (DIR) [4] https://www.morgenpost.de/bezirke/mitte/article215815499/Handwerksladen-in-Moabit-wird-nach-50-Jahren-rausgeschmissen.html?__pwh=xQBw5tR+Ls2dbzBuCu3fug%3D%3D
 (DIR) [5] https://syndikatbleibt.noblogs.org/post/2018/11/18/kundgebungsreihe-der-druck-muss-steigen-damit-syndikat-bleibt/
 (DIR) [6] /!5543067/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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