# taz.de -- Gastkommentar EU-Verteidigungspolitik: Der kleine, aber feine Unterschied
> Merkel und Macron fordern beide eine gemeinsame europäische Armee. Damit
> meinen sie aber längst nicht das Gleiche.
(IMG) Bild: Es klingt nur so, als verfolgten Macron und Merkel ein und dasselbe Ziel
Angela Merkel hat vergangene Woche im Europäischen Parlament eine
[1][„echte europäische Armee“ befürwortet]. Ihre Äußerung ist zugleich
Zustimmung und Ablehnung gegenüber dem Vorschlag des französischen
Präsidenten Emmanuel Macron, der ebenfalls eine gemeinsame Armee Europas
fordert.
Merkel betonte zwei Dinge: Die europäische Armee sei ein Ziel auf lange
Sicht und könne dazu führen, dass Europa mehr Verantwortung für seine
Sicherheit übernehmen kann, wenn die Europäer ihr Geld effizienter ausgeben
und Waffensysteme gemeinsam bauen.
Ein hehres Ziel, aber keineswegs ein Selbstläufer. Eine solche Armee stehe
außerdem nicht in Konkurrenz zur Nato, sondern stelle eine Ergänzung dar.
Merkels Vision lautet also: Eine europäische Armee als Beitrag zur Nato und
als Gegengewicht zu Washington in der Nato.
Macron zielt auf etwas anderes. Er will [2][Europas Fähigkeit zu
unabhängigem militärischen Handeln stärken] und hat deshalb einen
Zwischenschritt vorgeschlagen: eine Art schneller Eingreiftruppe, gestellt
von einer Koalition der Willigen in Europa, die außerhalb der Nato und der
EU-Strukturen aufgebaut werden soll. Großbritannien soll dabei sein, auch
wenn es die EU demnächst verlässt. Diesen Zwischenschritt Macrons erwähnte
Merkel mit keinem Wort.
Auch Macrons langfristiges Ziel scheint ein anderes. Er hält europäische
Streitkräfte für erforderlich, um Europas Verteidigungsfähigkeit auch dann
zu gewährleisten, wenn die USA unter Präsidenten wie Donald Trump
unzuverlässiger werden. Damit greift seine europäische Armee aber in den
Kernzuständigkeitsbereich ein, die die Nato für sich reklamiert: die
kollektive Verteidigung der Bündnisgrenzen.
Wenn zwei dasselbe sagen, meinen sie also noch lange nicht dasselbe. Die
Vision einer europäischen Armee könnte noch lange das bleiben, was sie
bereits seit Jahrzehnten ist: eine Zukunftshoffnung, die an den
unterschiedlichen nationalen Vorstellungen in Europa scheitert.
19 Nov 2018
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