# taz.de -- Kolumne Geht’s noch?: Och, nur Laborwerte…
       
       > Die Gesundheitsdaten-App Vivy hat Sicherheitsmängel. Das an sich ist kein
       > Skandal – die unprofessionelle Reaktion der Macher dagegen schon.
       
 (IMG) Bild: Mit der App können NutzerInnen Laborwerte, Röntgenbilder und Medikationspläne verwalten
       
       Eine App. Ein paar Sicherheitslücken. Und ein Hersteller, der, nachdem er
       darauf aufmerksam gemacht wurde, nicht etwa die App vom Markt nimmt und die
       Nutzer davor warnt, sie weiter zu verwenden, während er an der
       Fehlerbehebung arbeitet. Sondern die App laufen lässt, aber hinterher
       mitteilt, es habe ja nur ein hypothetisches Angriffsrisiko bestanden. Was
       Nutzer mit dieser App verwalten und austauschen sollen? Och, nur
       Gesundheitsdaten. Laborwerte, Röntgenbilder, Medikationspläne und so.
       
       Das Problem ist nicht eine Sicherheitslücke an sich. Menschen machen
       Fehler, Menschen schreiben Software, also hat Software Fehler, und selbst
       wenn eines Tages standardmäßig Software neue Software schreibt, wird es
       Fehler geben, weil irgendwann mal jemand im Ursprungscode Mist gebaut hat.
       
       Das Problem im aktuellen Fall der [1][Gesundheitsdaten-App Vivy], die von
       mehreren Krankenkassen gefeatured wird, ist: Es waren Mängel, die auf einen
       eher entspannten Umgang mit Sicherheitsfragen schließen lassen. Ähnlich
       übrigens wie bei dem Facebook-Hack, der Ende September bekannt wurde.
       
       Und: Statt die App erst mal zurückzuziehen, wie man es von einem
       Unternehmen erwarten sollte, das zum Start offensiv mit der Sicherheit
       warb, wiegelt der Hersteller hinterher ab. „Selbst im Falle erfolgreicher
       Angriffe wären maximal fragmentierte Datensätze einzelner Nutzer“ einsehbar
       gewesen.
       
       ## Nicht die einzige App mit Mängeln
       
       Würde es jemanden beruhigen, wenn es sich statt einer kompletten
       Patientenakte beispielsweise nur um einen Krankenhausbericht handelte? Oder
       kommen im Medikationsplan dann Schmerztabletten dazu, weil es dazu
       verleitet, den Kopf noch einmal mehr gegen die Wand zu schlagen, aus
       Fassungslosigkeit?
       
       Vivy – so deutet es das Unternehmen, das die Lücken entdeckt hat, an – ist
       erwartbarerweise nicht die einzige Gesundheitsapp mit gravierenden
       Sicherheitsmängeln. Die erste naheliegende Konsequenz wäre also: Finger
       weg. Die zweite: Software in derart sensiblen Bereichen muss Open Source
       sein. Damit möglichst viele kenntnisreiche Menschen sie überprüfen und
       Mängel entdecken können.
       
       Die dritte: eine Verpflichtung – dazu, das Produkt temporär zurückzuziehen
       und die Nutzer umgehend zu informieren, egal, ob ein Angriffsszenario als
       hypothetisch, realistisch oder schon geschehen betrachtet wird. Im besten
       Fall schafft das mehr Vertrauen als die Ungewissheit, ob der letzte
       MRT-Befund vielleicht doch in unbefugte Hände gelangt ist.
       
       3 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neue-App-der-Krankenkassen/!5533296
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Datenschutz
 (DIR) Datensicherheit
 (DIR) Gesundheit
 (DIR) Krankenkassen
 (DIR) Patienten
 (DIR) Patientendaten
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Google
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Datenschützerin über Patienten-Apps: „Nicht mit Gesundheit spielen“
       
       Krankenkassen wollen per App Gesundheitsdaten austauschen. Rena Tangens
       sagt, dass zentrale Problem dabei ist, dass dafür Smartphones verwendet
       werden.
       
 (DIR) Neue App der Krankenkassen: Patient gerettet, Datenschutz tot
       
       Mit einer neuen Smartphone-App wollen Krankenkassen leichter Patientendaten
       austauschen. Ärzte sind begeistert, Datenschützer nicht.
       
 (DIR) taz-Debattenserie Digitalisierung: Wie, das iPhone zählt meine Schritte?
       
       Eine Million Health-Apps gibt es, viele stammen von Krankenkassen. Sie
       können Apple und Google mit Daten füttern – oder ihnen Konkurrenz machen.