# taz.de -- Tödlicher Terror in Synagoge in Pittsburgh: Unverhohlener Hass als Motiv
       
       > In Pittsburgh ermordet eine Mann elf Menschen in einer Synagoge. Ganz aus
       > dem Nichts kam das nicht, seit Trump nehmen antisemitische Angriffe zu.
       
 (IMG) Bild: Die Menschen sind geschockt von der mörderischen Attacke auf die Tree of Life-Synagoge
       
       Washington taz | Bevor er aufbrach, um [1][ein Blutbad anzurichten], nahm
       Robert Bowers eine jüdische Hilfsorganisation verbal ins Visier: „HIAS
       lässt Eindringlinge herein, die unsere Leute töten“, schrieb er bei
       Gab.com, einem Netzwerk weißer Überlegenheitsfanatiker, über die Hebrew
       Immigrant Aid Society (HIAS), die Flüchtlingen hilft, sich in ihrer neuen
       Heimat zurechtzufinden. „Ich kann nicht dasitzen und zuschauen, wie meine
       Leute abgeschlachtet werden. Ich gehe rein.“
       
       Was folgte, wird als der schwerste antisemitische Angriff in die jüngere
       amerikanische Geschichte eingehen. Am Samstagvormittag, zehn Minuten vor
       zehn, drang Bowers in die Synagoge Tree of Life ein, eines von etwa einem
       Dutzend jüdischer Gotteshäuser in Squirrel Hill, einem Stadtteil, in dem
       gut ein Viertel der Mitglieder der traditionell bedeutsamen jüdischen
       Gemeinde von Pittsburgh lebt. Was die Lower East Side für New York war, ist
       Squirrel Hill für die einstige „Steel City“ in Pennsylvania: das Zentrum
       jüdischen Lebens.
       
       Um 9.54 Uhr ging bei der Notrufzentrale der erste Anruf ein. Zu der Zeit
       fanden in der Synagoge, parallel zueinander, drei Gottesdienste statt.
       Während die Türen des Tempels unter der Woche verschlossen sind, stehen sie
       am Sabbat weit offen. Eine ständige Polizeipräsenz vor jüdischen
       Gemeindezentren, jüdischen Museen, jüdischen Gotteshäusern kennen die USA
       nicht. Bowers, der in einem Vorort Pittsburghs lebt und sich in Squirrel
       Hill offenbar bestens auskannte, stieß zunächst wohl auf keinerlei
       Widerstand, als er begann, um sich zu schießen.
       
       Bewaffnet war er mit einem Sturmgewehr des Typs AR-15 und drei Pistolen.
       Ehe Spezialeinheiten der Polizei am Tatort eintrafen, hatte er elf Menschen
       getötet, acht Männer und drei Frauen, und zwei weitere Personen verletzt.
       In 22 Dienstjahren, so beschrieb es Stunden später Robert Jones, der Chef
       des Ermittlerteams des FBI, habe er keinen derart entsetzlichen Tatort
       gesehen.
       
       ## Zahl der antisemitischen Vorfälle stieg um 57 Prozent
       
       Als Bowers das Gebäude verließ, versuchten ihn Polizeibeamte zu stoppen.
       Nach Angaben der Behörden verletzte er vier von ihnen bei einem
       Feuergefecht, bevor er zurück in die Synagoge rannte, wo er sich im dritten
       Stock verbarrikadierte. Nach ungefähr zwanzig Minuten, so das FBI, habe er
       aufgegeben und sei verwundet in ein Krankenhaus gebracht worden.
       
       Nach Informationen der Pittsburgh Post-Gazette gab der 46 Jahre alte Täter
       in ersten Verhören zu Protokoll, er wolle, dass alle Juden sterben. Die
       Juden seien schuld an einem Genozid, dem „sein Volk“ zum Opfer falle. Das
       Southern Poverty Law Center vergleicht das Massaker mit vorausgegangenen
       rassistisch motivierten Gewalttaten in religiösen Einrichtungen der USA.
       Darunter die Schießerei in einer afroamerikanischen Kirche in Charleston,
       wo ein Weißer 2015 neun Gläubige erschoss. Darunter die Attacke gegen einen
       Sikh-Tempel in der Nähe von Milwaukee, bei dem 2012 sechs Menschen starben.
       Darunter der Bombenanschlag auf eine Baptistenkirche in Birmingham, dem
       1963 vier afroamerikanische Mädchen zum Opfer fielen.
       
       Nach einem Bericht der Anti-Defamation League (ADL), die sich dem Kampf
       gegen die Diskriminierung von Juden verschrieben hat, ist die Zahl
       antisemitischer Zwischenfälle im vorigen Jahr, in dem Präsident Donald
       Trump sein Amt antrat, gegenüber dem Jahr davor um 57 Prozent gestiegen.
       Dies, so die ADL, sei der steilste Anstieg seit dem Ende der Siebziger, als
       man diese Statistiken zu führen begann.
       
       Trump sagte in seiner ersten Reaktion, es sei eine „schreckliche,
       schreckliche Sache, was mit dem Hass in unserem Land und überall auf der
       Welt passiert“. Wäre die Synagoge von bewaffneten Wächtern geschützt
       worden, wäre womöglich niemand getötet worden, sagte er, bevor er später
       auf einer Kundgebung in Illinois erklärte: „Wir alle müssen
       zusammenarbeiten, um das hässliche [2][Gift des Antisemitismus] aus unserer
       Welt zu entfernen.“
       
       ## Trump redet unverholenem Hass das Wort
       
       Abgesehen von der häufig wiederholten Forderung nach bewaffneten Wächtern
       habe Trump an diesem Tag die richtigen Worte gefunden, sagte Adam Schiff,
       ein Demokrat aus Kalifornien – im US-Kongress einer der prominentesten
       Abgeordneten jüdischen Glaubens. Nur reiche es eben nicht, an einem
       einzigen Tag das Richtige zu sagen, wenn man an allen anderen der Spaltung
       des Landes, oft sogar unverhohlenem Hass das Wort rede.
       
       28 Oct 2018
       
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