# taz.de -- Security in der Hamburger Jugendhilfe: Wachmänner statt Pädagogen
       
       > Ein städtischer Jugendhilfe-Träger setzt systematisch Securities für die
       > Betreuung von Jugendlichen ein. Rot-Grün lehnt die Debatte darüber im
       > Familien-Ausschuss ab.
       
 (IMG) Bild: Muss halt auch mal eine pädagogische Fachkraft ersetzen: Sheriff in schwarz
       
       Hamburg taz | Der städtische „Landesbetrieb Erziehung“ (LEB) setzt im
       großen Stil externe Wachleute statt fachlich geschulter Mitarbeiter zur
       Betreuung von Jugendlichen ein: 370 Plätze in 16 Einrichtungen sind davon
       betroffen. Ein Thema für den Familienausschuss, findet die
       Fraktionsvorsitzende und Jugendpolitikerin der Linken, Sabine Boeddinghaus.
       Sie hatte zu dem Thema eine Senatsanfrage gestellt.
       
       Doch SPD und Grüne zogen die Bremse. Sie lehnten die „Überweisung“ des
       Themas in den Ausschuss ab. „Die Anfrage ist aus meiner Sicht ausführlich
       beantwortet worden“, sagt die Grünen-Abgeordnete Anna Gallina. Sollte die
       Linke das anders sehen, könnte sie ja weiter schriftlich Fragen stellen.
       Auch die SPD erklärt, der Senat habe den Sachverhalt schon „umfassend
       erörtert“.
       
       Die Haltung ist überraschend. Waren es doch Grüne und SPD gewesen, die vor
       zehn Jahren den Einsatz von Security im damals geschlossenen Heim in der
       Feuerbergstraße unermüdlich kritisiert hatten. Die Betreuung durch
       Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma war dort erstmalig ausprobiert worden.
       In Ermangelung von pädagogischem Personal hatten Wachleute sogar mit
       Jugendlichen Malefiz oder Fußball gespielt. „Dass sich das verwischt und
       Wachleute in der Pädagogik mitwirken, lässt sich gar nicht verhindern“,
       sagt Boeddinghaus, die damals noch in der SPD war.
       
       Das geschlossene Heim wurde Anfang 2009 dichtgemacht. Doch der LEB hat auf
       dem Gelände mehrere offene Einrichtungen. Die Institution des Wachdienstes
       wurde beibehalten, auch der Zaun steht noch. Wie die taz jüngst berichtete,
       findet dort die „Einzelbetreuung“ von 16 Jugendlichen statt, bei denen
       nachts der Sicherheitsdienst die Aufsicht übernimmt.
       
       Ebenfalls seit 2009 wird in einer Einrichtung in Hamm nachts ein
       Sicherheitsdienst eingesetzt. Es handelt sich um Jugendwohnungen für über
       16-Jährige, in Ausnahmefällen werden dort auch 15-Jährige betreut. Dem
       Modell folgten weitere Nachahmer. Inzwischen hat der LEB besagte 16
       Standorte, in denen nachts Security als „Concierge“ fungiert.
       
       Der Senat schreibt in seiner Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion, die
       meisten Einrichtungen seien im Zuge der gestiegenen Zahl unbegleiteter
       minderjähriger Flüchtlinge entstanden. Der höhere Personenverkehr führe zu
       „höherem Konfliktpotential“.
       
       Anna Gallina nennt den Einsatz von Security „nur in sehr engen Grenzen
       sinnvoll“ – doch sie lehnt ihn nicht ab. Wachleute sicherten „den Rahmen
       für besonders herausfordernde pädagogische Arbeit in Fällen, in denen die
       Betreuten vor Selbst- und Fremdgefährdung geschützt werden müssen“. Wer den
       Einsatz rundweg ablehne, müsse auch die Konsequenzen für Jugendliche und
       pädagogisches Personal benennen.
       
       ## Schlechter Personalschlüssel
       
       Boeddinghaus kritisiert hingegen die strukturelle Bedeutung des Einsatzes
       von Security. Denn bei der Durchsicht der Senatsantwort fiel auf: Die
       betroffenen Einrichtungen sind mit 19 bis 38 Plätzen viel größer als
       herkömmliche Jugendwohnungen mit vier Plätzen. Auch der Personalschlüssel
       ist schlechter. „Der Einsatz von Security baut also nicht auf Erfahrungen
       mit Jugendlichen auf, sondern wird von vornherein mitgedacht“, sagt
       Boeddinghaus. Die Jugendlichen erführen eine „Jugendhilfe zweiter Klasse.“
       
       Das Argument, wegen hoher Zahlen junger Zuwanderer müssten Abstriche
       gemacht werden, sei nicht überzeugend. Die Zahl sei längst wieder auf Werte
       von vor der Zeit, als Tausende Flüchtlinge nach Hamburg kamen, gesunken.
       Auch sei der Einsatz von Securities keineswegs alternativlos, kommen doch
       andere Städte wie Berlin ohne aus. „Darüber würde ich gern im Ausschuss
       sprechen“, sagt sie. „Grüne und SPD verweigern die Fachdebatte.“
       
       22 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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