# taz.de -- Das Einheitsfeiergelände ist bereit: Vier Cocktails für Deutschland
       
       > Auf der Straße des 17. Juni herrscht die dem Anlass angemessene
       > depressive Stimmung. Natürlich gibt's auch Chinapfanne.
       
 (IMG) Bild: Grau unter Grau: die überdimensionale Fotoinstallation des französischen Künstlers JR
       
       „Chef?“ – „Zu groß.“ Am Einlass auf der Straße des 17. Juni gibt es in
       kurzen Abständen lange Gesichter: Erste BesucherInnen drängen auf das
       Gelände der Einheitsfeier, aber viele wissen nicht, dass Rucksäcke nur bis
       DIN-A4-Format hineingenommen werden können, aus Sicherheitsgründen. Fast
       schon lustig, immerhin ist das DIN eine sehr deutsche Institution, und um
       Deutschland dreht sich hier ja von Montag bis Mittwoch alles. Nur die
       Abgewiesenen können nicht so richtig lachen, wenn der junge, etwas
       unsichere Security-Mitarbeiter mal wieder nach dem Boss ruft und der mit
       bulliger Türsteher-Miene sein Urteil spricht. „Chef?“ –„Zu groß.“
       
       Drinnen, unter den ewig gleichen schmutzigweißen Eventzelten ist alles
       vorbereitet: das Glücksrad vom Roten Kreuz, die Schlüsselanhänger auf den
       Stehtischen der Bundeswehr, der Nagelklotz beim Technischen Hilfswerk, an
       dem später wohl noch manch ein Familienvater dem Nachwuchs zeigen wird, wie
       man einen Hammer richtig hält. Pflaster gibt’s bei den Johannitern.
       
       Noch herrscht gähnende Leere und die solchen Anlässen eigene depressive
       Grundstimmung. Oder ist es erwartungsvolle Spannung? An den Fressbuden
       werden in den China-Pfannen die Sprossenberge umgeschichtet. Auch für
       Stimmung ist schon gesorgt: Der Reggaetonhit „Gasolina“ scheppert aus den
       Lautsprechern des Mojito-Karrens, dessen farbenfrohe Schilder versprechen:
       „Beim Kauf von 4 Cocktails auf einmal erhalten Sie einen Strohhut GRATIS!“
       
       ## Braves vom Streetart-Star
       
       Vorn unterm grauen Himmel die graue Installation des
       Streetart-Fotokünstlers JR: die haushohen Rücken dreier DDR-Grenzsoldaten,
       die eine ausgelassene jugendliche Meute beobachten, die auf der Mauer hockt
       – wobei die „Mauer“ hier das Brandenburger Tor ist. Im Gegensatz zu den
       sonstigen Arbeiten des international hoch gehandelten JR wirkt das Ganze
       brav und erwartbar. An der Gage des Franzosen müssen auch die durchaus
       saftigen Kosten für das Konstrukt aus Gerüsten und Planen liegen, die sich
       auf immerhin 800.000 Euro belaufen.
       
       Zwei junge Männer in weißer Kluft mit schwarz-rot-gelben Punkten schlendern
       die Straße entlang, sie gehören zum ehrenamtlichen HelferInnenteam und
       verteilen Programmheftchen und Aufkleber. Was die beiden, geschätzt um die
       30, mit dem Feier-Anlass verbinden? „Ich war vier, als die Mauer fiel“,
       sagt der eine grinsend, „und ich habe einen Migrationshintergrund, aber,
       ganz ehrlich, wenn ich rüberfahre in den Osten, dann spüre ich da immer
       noch eine Grenze. Komisch, oder?“
       
       1 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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