# taz.de -- Demonstrationen in Köthen: Deutlich mehr Rechte als Linke
       
       > Rechte ziehen erneut durch Köthen. Beim Gegenprotest sind mehrere
       > Hundert. Die Polizei hält sich vor Ort auffällig zurück.
       
 (IMG) Bild: Viel Schwarz-Rot-Gold: die rechte Demo am Sonntag in Köthen
       
       Köthen/Berlin taz | In der Kleinstadt Köthen in Sachsen-Anhalt
       demonstrieren am Sonntagabend erneut weit über 1.000 Rechte gegen die
       Flüchtlingspolitik. Zu einer kurz zuvor gestarteten Kundgebung gegen rechte
       Hetze und Gewalt sind etwa 700 gekommen. Die Polizei ist mit einem
       Großaufgebot vor Ort, hält sich aber weitgehend im Hintergrund, bis am Ende
       beide Protestzüge auf dem Marktplatz zusammentreffen.
       
       Zu der rechtsextremen Demonstration hatten [1][unter anderem AfD-Kader und
       Pegida aufgerufen]. Schon bei der Auftaktkundgebung auf dem Marktplatz
       spricht der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Roi. Er erklärt unter Applaus
       der rund 1.500 Umstehenden, 13 Jahre Merkel seien genug. Weitere
       Abgeordnete der AfD sind vor Ort, auch aus Baden-Württemberg. Ausführlich
       lobt Roi die rechtsextreme Identitäre Bewegung für ihre Kunstaktionen.
       
       Viele Deutschlandfahnen wehen, auf Plakaten stehen Aufschriften wie: „Wir
       sind Chemnitz! Wir wollen keine Messermänner“, auf einem Transparent ist
       „Danke Herr Maaßen für die Wahrheit“ zu lesen. Der Start des
       „Trauermarsches“ verzögert sich bis 18.45 Uhr, weil zunächst Ordner
       fehlten.
       
       Während der Aufmarsch durch die Stadt zieht, hält sich die Polizei
       auffällig zurück. Die Demonstranten laufen streckenweise ohne
       Polizeibegleitung durch Köthen. Beamte sind nur an der Spitze und am Ende
       des Zuges zu sehen.
       
       Dabei ist die Polizei nach eigenen Angaben mit mehr als 1.000 Beamten vor
       Ort, es sind mindestens zwei Wasserwerfer zu sehen. Auch Pferde sind im
       Einsatz, um beide Demonstrationen zu trennen.
       
       Hintergrund der Demos ist der Tod eines 22-Jährigen vor einer Woche. Nach
       Behördenangaben starb der schwer herzkranke Deutsche an einem Infarkt,
       nachdem er sich schlichtend in einen Streit zwischen mehreren Afghanen
       eingeschaltet hatte und ins Gesicht geschlagen wurde. Zwei 18 und 20 Jahre
       alte Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft.
       
       Schon am letzten Sonntag und Montag hatte es in Köthen Demonstrationen
       gegeben, [2][die von Rechtsextremen geprägt waren]. Dabei waren Reden
       gehalten worden, die zu [3][Strafermittlungen wegen Volksverhetzung]
       führten.
       
       Als die jetzige Demo der Rechten am Tatort, einem Spielplatz, vorbeikommt,
       werden dort Trauergebinde abgelegt und Kerzen angezündet. Wenig später
       pöbelt ein Marschierender einen Anwohner an, der den Marsch kritisierte.
       „Halts Maul“, brüllte er.
       
       Zurück auf dem Marktplatz treffen die Rechten gegen 19.45 Uhr auf die
       linken Gegendemonstranten – getrennt nur durch eine Kette von Beamten und
       Mannschaftsfahrzeugen der Polizei. Einige Hooligans rücken vor zur
       Absperrung. Die Polizei hat die Helme aufgesetzt. Sie mahnt per
       Lautsprecher die Rechten zurück auf den Marktplatz zu kommen und den
       Rednern zu zu hören. Von jenseits der Polizeikette sind Antifa-Parolen wie
       „Siamo tutti antifacisti“ zu hören.
       
       Jürgen Elsässer, Chefredakteur des neurechten Blattes Compact, preist vom
       Lautsprecherwagen den „leuchtenden Osten“, grüßt den islamisierten Westen
       und die vielen AfD-Abgeordneten aus dem ganzen Bundesgebiet. Nach dem
       Singen der Nationalhymne löst sich die Versammlung gegen 20.30 Uhr auf.
       
       ## Zeichen gegen Rechts
       
       Die Landesvorsitzende der Grünen, Susan Sziborra-Seidlitz, hatte schon am
       Nachmittag beim Auftakt der Gegendemonstration Politiker kritisiert, die
       dazu aufgerufen hatten, [4][an keiner der Demonstrationen teilzunehmen].
       Sie könne verstehen, dass die Köthener sich Frieden wünschten, der aber sei
       gefährdet durch Rechtsextreme, die dazu aufriefen, „dass Gegendemonstranten
       und Journalisten brennen sollen“.
       
       Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte dazu
       aufgerufen, „dass die Bürger dann am Sonntag, wenn die Rechten
       demonstrieren, einfach in ihren Wohnungen bleiben und die Rollläden
       zumachen.“ Runtergelassene Rollläden sind am Abend in der Stadt aber nicht
       zu sehen, auch kein Plakat gegen Rechts. Im Gegenteil: Anwohner grüßen
       Marschierende.
       
       Einen Tag zuvor hatten Bewohner der Stadt auch ein klares Zeichen gegen
       Rechts gesetzt. Hunderte waren am Samstag einem Aufruf der Stadtverwaltung
       und der Evangelischen Landeskirche gefolgt, das [5][Pflaster in der
       Fußgängerzone mit Kreide bunt zu bemalen]. Der Marktplatz und Teile der
       Strecke des Aufzugs am Sonntag wurden gänzlich bunt gestaltet.
       
       Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde im Laufe des Abends immer wieder
       aktualisiert.
       
       16 Sep 2018
       
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