# taz.de -- Analyse zur Neonazi-Demo in Köthen: Lauwarme Hetz-Stimmung
       
       > Beim Naziaufmarsch in Köthen ging es weniger aggressiv zu als an den
       > Vortagen. Das dürfte an der Enttäuschung über die „wenigen“ Teilnehmer
       > liegen.
       
 (IMG) Bild: Sucht noch die Blickrichtung: Teilnehmer des Aufmarsches am Sonntag
       
       Das Wort fällt nicht. Über den Aufmarsch in Köthen sprechen die
       Veranstalter lieber von einem weiterem Erfolg, statt von Enttäuschung. Doch
       am Sonntagabend mobilisierte das breite Rechtsbündnis von „Kandel ist
       überall“, Pegida, „Compact – Magazin für Souveränität“, „Ein Prozent“ und
       „Zukunft Heimat“ nicht die erhofften Volksmassen für den Umsturz. Knapp
       1.400 vermeintlich besorgte Bürger, militante Rechtsextreme und
       gewaltaffine Hooligans waren ihrem Aufruf gefolgt, in der anhaltinischen
       Stadt gegen die Asyl- und Einwanderungspolitik „der Merkel“ zu
       demonstrieren.
       
       Der Abend dürften die Veranstalter jedoch enttäuscht haben. Obwohl
       bundesweit mobilisiert wurde, war um 18 Uhr auf dem Marktplatz von Köthen
       sichtbar: Sie waren hier schon mal mehr auf den Straßen. Von der Bühne
       versuchten der Chef von „Zukunft Heimat“, Hans-Christoph Berndt oder der
       Chefradakteur der Rechtsaußen-Zeitschrift „Compact“ Jürgen Elsässer dennoch
       die Stimmung anzuheizen.
       
       Eine Schweigeminute für den in Köthen nach einer Auseinandersetzung mit
       zwei Afghanen an einem Herzinfarkt gestorbenen Markus B. überdeckt nicht,
       das es den Organisatoren nach jedem tragischen Tod, nach jedem sexuellen
       Übergriff durch einen Geflüchteten vor allem darum geht, dass Merkel „weg
       muss“ und „wir“ das „Volk“ seien. Diese Parolen skandierte die Menge auch
       an den gewünschten Stellen; und auch „Widerstand, Widerstand“. Die Stimmung
       wurde allerdings nicht so aggressiv wie an anderen Tagen.
       
       Diese Zurückhaltung lag nicht daran, dass die besorgten Bürger den Marsch
       dominierten. Es waren durchaus militante Rechtsextreme und gewaltaffine
       Hooligans, die die Szenerie beherrschten. Die Veranstalter distanzierten
       sich offiziell von gewaltbereiten Extremisten, doch beschäftigten Ordner
       aus genau diesem Spektrum. Dass dieses Klientel nicht wieder Geflüchtete,
       Gegendemonstranten und Journalisten anging, dürfte der Atmosphäre
       geschuldet sein. Der vergleichsweise geringe Zulauf bremste ihre Euphorie.
       
       Bemerkenswert war Elsässers Appell, dass die AfD sich als parlamentarischer
       Arm in dieser Bewegung einreihen sollte, sich nicht distanzieren dürfe. Die
       Menge feierte einen Redner und etliche Landtagsabgeordnete der Partei vor
       Ort. Im Vorfeld war aus Landes- und Stadtpolitik aufgerufen wurden, sich
       nicht an den Gegenprotesten zu beteiligen.
       
       Dass es dann doch nur 900 Demonstranten waren, die den alten und neuen
       Rechten nicht die Straße überlassen wollten, muss man als vertane Chance
       ansehen – in Zeiten, in denen Rechte enttäuscht sind, dass nur 1.400
       Gleichgesinnte ihnen folgten.
       
       17 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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