# taz.de -- Internationaler Schmuggel von Heroin: Asiatischer Stoff für Afrikas Junkies
       
       > Die Kriege in der Ukraine und Syrien haben die Landrouten von Asien nach
       > Europa gestört. Jetzt ist Ostafrika Drogen-Transit – und Endstation.
       
 (IMG) Bild: Aus dem Saft der Schlafmohnkapsel wird Opium gewonnen – und daraus wiederum Heroin
       
       Nairobi taz | Ostafrika wird immer wichtiger für den Transit von [1][Heroin
       aus Afghanistan] nach Europa. Nach Schätzungen landen jährlich 40 Tonnen
       pures Heroin an der mehrere tausend Kilometer lange Küste Afrikas am
       Indischen Ozean. Davon werden etwa fünf Tonnen in Somalia, Kenia, Tansania
       und Mosambik lokal verbraucht. Die Zahlen könnten auch viel höher sein.
       
       „Wir merken, dass Drogensüchtige immer jünger werden“, sagt Calleb Angira,
       Direktor von Noset, einer Organisation in Kenia, die Drogenabhängigen
       hilft. „Das größte Problem derzeit in Kenia ist Heroin. Die Zahl der
       Menschen, die das spritzen, hat erschreckend schnell zugenommen.“
       
       In der Unterwelt sind Zahlen schwierig zu verifizieren, aber nach
       Schätzungen gibt es über 54.000 injizierende Heroinabhängige in Kenia.
       Andere rauchen es. Heroin ist relativ kostengünstig: Ein Schuss ist schon
       für 200 kenianische Shilling (2 Euro) zu bekommen.
       
       Erst vor zwei Jahren wurde in Nairobi und in der Hafenstadt Mombasa ein
       Anfang gemacht mit Ausgabe von Methadon und sauberen Nadeln an Süchtige.
       Solche Hilfe gibt es auch in Tansania, wo es mehr als 32.000
       Heroin-Spritzer gibt, nicht aber in Mosambik und Südafrika.
       
       ## Nicht wegen Touristen, sondern wegen Transitverkehr
       
       Calleb Angira glaubt, dass junge Afrikaner oft durch Touristen in
       Ferienorten mit Drogen in Kontakt gebracht werden. Aber das schnelle
       Wachstum der Zahl der Heroinabhängigen in Kenia kommt vor allem vom
       Transitverkehr. „Drogenhändler sind schlau. Sie hinterlassen hier ein wenig
       Heroin für die lokale Nutzung. Das schafft mehr Süchtige und einen neuen
       Markt“, so Angira.
       
       Ostafrika ist attraktiv geworden, weil die anderen zwei Transitstrecken aus
       Asien nach Europa schwieriger sind als früher. Eine führt durch
       Turkmenistan über Russland – mit vielen kaum passierbaren Grenzkontrollen,
       vor allem wegen des Ukrainekrieges. Der andere Weg führt durch den Iran und
       die Türkei – auch nicht besser, vor allem seit in Syrien Krieg herrscht.
       
       „Bleibt Ostafrika“, schließt Shanaka Jayasekara vom UN-Büro für Drogen und
       Kriminalität (UNODC). „Wir haben einen enormen Anstieg des Herointransports
       in der Region beobachtet. Wir schaffen es ab und zu, etwas abzufangen, aber
       es ist wahrscheinlich nur etwa 15 Prozent von dem, was transportiert wird.“
       
       [2][Das Heroin kommt vor allem aus Afghanistan], dort wo die
       radikal-islamischen Taliban die Macht haben. Es wird an die pakistanische
       Küste verfrachtet und über das Meer nach Somalia, Kenia, Tansania und
       Mosambik transportiert – in Dhows, den traditionellen Holzsegelschiffen des
       Indischen Ozeans.
       
       ## Heroin zwischen Zement
       
       Um es den Besatzungen der internationalen Marineschiffe schwerzumachen, die
       im Indischen Ozean auf der Suche nach somalischen Piraten patrouillieren,
       werden die Dhows vollgestopft mit legalen Waren. Es ist dann schwierig, die
       Fracht zu verschieben, um nach den Drogen zu suchen, die meistens ganz
       unten in der Bootsmitte versteckt sind.
       
       Vor vier Jahren fand die australische Marine vor der Küste von Kenia über
       1.000 Kilogramm Heroin in 46 Säcken zwischen einer riesigen Ladung Zement
       versteckt. Aber wenn Schiffe der internationalen Seestreitkräfte Drogen
       abfangen, können sie oft nicht mehr tun, als das Heroin über Bord zu werfen
       und die Besatzung gehen zu lassen.
       
       In Ostafrika wird das Heroin umgepackt in kleinere Mengen für den Transport
       nach Europa. „Es geht nicht immer direkt. Manchmal geht ein Teil über Land
       nach Südafrika und von dort über Westafrika nach Europa. Drogenhändler
       haben keine Eile. Sie wollen nur sicher sein, dass es ankommt“, sagt
       Jayasekara.
       
       Er sieht für Ostafrika nicht nur das Risiko, selbst ein Absatzgebiet für
       Heroin zu werden, sondern auch die Gefahr, dass die organisierte
       Kriminalität Fuß fasst, wie in Südamerika. Drogenkartelle können Macht und
       Einfluss in der Politik und den Sicherheitsorganen kaufen.
       
       ## Kontakte zwischen Dealern und Politikern
       
       Aus mehreren Ländern wurde bereits berichtet, dass Drogenhändler Personal
       in Häfen und an Grenzen bestochen haben, um ihre Waren ungestört rein- und
       rauszubringen. Forschungen von Enact, einem internationalen Projekt gegen
       transnationale Kriminalität, deuten auf enge Kontakte zwischen
       Drogenhändlern und Politikern in Kenia. [3][In ihrem Bericht „Die
       Heroinküste“] nennen sie Namen. Drogenhändler finanzieren Wahlkämpfe und
       Politiker geben ihnen dafür Schutz.
       
       „Politische Parteien in Kenia gehören ihren Führern“, steht im Bericht von
       Enact. „Drogengeld geht daher an Individuen. Dadurch ist es auch möglich,
       mehrere mächtige Politiker zu unterstützen, für größeren Schutz.“
       
       29 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://blogs.taz.de/drogerie/2017/12/22/afghanistan-vom-haschisch-zum-opium/
 (DIR) [2] /Drogenkonsum-in-Afghanistan/!5389366
 (DIR) [3] https://enactafrica.org/research/research-papers/the-heroin-coast-a-political-economy-along-the-eastern-african-seaboard
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilona Eveleens
       
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