# taz.de -- Verbrechen an den Rohingya: Myanmars Militärs bangen
       
       > Der Internationale Strafgerichtshof erklärt sich für befugt, gegen
       > Myanmars Generäle zu ermitteln. Und das, obwohl Myanmar kein
       > Vertragsstaat ist.
       
 (IMG) Bild: Die Regierung unter Aung San Suu Kyi stützt seit Beginn der Demokratisierung das Militär
       
       Yangon taz | Der Weg ist frei für eine Strafverfolgung von Myanmars
       Generälen für Verbrechen gegen die Rohingya. Während Myanmar weiter alle
       Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen von sich weist, hat der
       Internationale Strafgerichtshof im niederländischen Den Haag am
       Donnerstagabend nach einer Abstimmung bekannt gegeben, dass er befugt sei,
       die an der Minderheit begangenen Gräueltaten zu untersuchen.
       
       Das war bis zuletzt nicht klar. Denn Myanmar ist kein Unterzeichner des
       Rom-Statuts und hat damit den Strafgerichtshof nie anerkannt. Verbrechen in
       dem Land können deshalb nicht in Den Haag verhandelt werden. Wie nun
       bestätigt wurde, kann der Strafgerichtshof allerdings sehr wohl die
       Vertreibung der muslimischen Minderheit ins benachbarte Bangladesch, einem
       Unterzeichner des Rom-Statuts, untersuchen.
       
       Nachdem eine Gruppe aufständischer Rohingya im vergangenen August mehrere
       Polizeiposten attackiert hatte, reagierte das burmesische Militär mit einer
       schonungslosen Sicherheitsoperation. 700.000 Rohingya flohen daraufhin vor
       Vergewaltigung, Mord und Brandstiftung nach Bangladesch, wo das [1][größte
       Flüchtlingslager der Welt] entstanden ist.
       
       In einem Ende August veröffentlichten explosiven Bericht bezichtigt die UNO
       den Oberkommandierenden des burmesischen Militärs Min Aung Hlaing und fünf
       weitere Kommandeure des Völkermords. Facebook sperrte am selben Tag seine
       Seite [2][wegen verhetzenden Inhalts].
       
       ## Impuls muss von internationaler Gemeinschaft kommen
       
       Die Regierung unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi stützt seit
       Beginn der Demokratisierung das Militär. Bei einer Pressekonferenz am
       Freitag wiederholte Suu Kyis Sprecher, dass Myanmar den Strafgerichtshof
       nie anerkannt habe.
       
       Die Regierung verweist stattdessen auf eine Untersuchungskommission, die
       man gegründet habe, „um auf falsche Anschuldigungen von der UNO und der
       internationalen Gemeinschaft zu antworten“, so der Regierungssprecher vor
       wenigen Tagen. Die Untersuchungskommission allerdings hat bereits
       angekündigt, dass „auf niemanden mit dem Finger gezeigt werden wird.“
       
       Die Internationale Juristenkommission mit Hauptsitz in Genf betont deshalb,
       dass der Impuls für Strafverfolgung von der internationalen Gemeinschaft
       ausgehen müsse. „Es ist aktuell nicht möglich sich auf nationale Gerichte,
       Strafverfolgung oder Untersuchungskommissionen in Myanmar zu verlassen,
       wenn es darum geht, die Sicherheitskräfte zur Rechenschaft zu ziehen“,
       heißt es in einem Statement vom Freitag.
       
       Anfang der Woche verurteilte ein Gericht in Myanmars größter Stadt Yangon
       zwei burmesische Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters [3][zu sieben
       Jahren Haft] wegen Geheimnisverrats. Sie hatten zuvor ein Massaker an zehn
       Rohingya-Männern enthüllt.
       
       ## „Nur ein erster Schritt“
       
       „Die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs ist historisch,
       aber sie ist nur ein erster Schritt“, sagte Matthew Smith, Direktor von
       Fortify Rights, einer in Südostasien tätigen Menschenrechtsorganisation und
       fügt hinzu: „Wenn der Sicherheitsrat die Situation an das Gericht
       überstellt, dann könnten endlich auch Verbrechen gegen die Kachin, Shan und
       andere Minderheiten untersucht werden.“
       
       Für die Minderheiten im Vielvölkerstaat Myanmar hat sich seit der
       Demokratisierung der ehemaligen Militärdiktatur wenig zum Besseren
       gewendet. Ganz im Gegenteil: In den Grenzregionen ist der Bürgerkrieg
       zwischen Zentralarmee und Rebellen eskaliert. Das Militär lässt
       Hilfsorganisationen kaum noch in die Gebiete der Minderheiten vor.
       Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung.
       
       Eine UNO-Resolution, die Menschenrechtsgruppen wiederholt forderten, dürfte
       durch ein Veto von China und Russland verhindert werden. Beide Länder
       präsentieren sich angesichts des zunehmenden Drucks aus dem Westen
       demonstrativ als Partner Myanmars.
       
       7 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Flucht-von-Myanmar-nach-Bangladesch/!5491879
 (DIR) [2] /Nach-UN-Kritik-an-Hasspropaganda/!5528260
 (DIR) [3] /Urteil-in-Myanmar/!5529899
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Verena Hölzl
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Myanmar
 (DIR) Rohingya
 (DIR) Internationaler Strafgerichtshof
 (DIR) Schwerpunkt Myanmar
 (DIR) Rohingya
 (DIR) Aung San Suu Kyi
 (DIR) Rohingya
 (DIR) Schwerpunkt Myanmar
 (DIR) Schwerpunkt Myanmar
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Amnesty-Bericht zu Myanmar: Neue Gewalt gegen Minderheiten
       
       In Myanmar gibt es weiter Menschenrechtsverletzungen, berichtet Amnesty.
       Das Militär habe Dörfer beschossen und die Menschen von Essenslieferungen
       abgeschnitten.
       
 (DIR) Verfolgte Minderheit in Myanmar: Rohingya nicht zurück nach Myanmar
       
       Nach heftigen Protesten und Warnungen durch die UNO sieht Bangladesch davon
       ab, Flüchtlinge zwangsweise ins Nachbarland zu transportieren.
       
 (DIR) Schlag für Pressefreiheit in Myanmar: Friedensnobelpreisträgerin ungerührt
       
       Aung San Suu Kyi verteidigt bei einer Konferenz in Hanoi die Verurteilung
       zweier Journalisten. Diese hatten zu Morden an Rohingya recherchiert.
       
 (DIR) Weltstrafgericht befasst sich mit Myanmar: Den Haag nimmt sich Rohingya an
       
       Das Haager Tribunal wird über die Vertreibung der Rohingya-Minderheit aus
       Myanmar urteilen. Die Frage der Zuständigkeit des IStGH ist juristisch
       umstritten.
       
 (DIR) Grüne Politikerinnen besuchen Myanmar: „My name is Katrin, this is Renate“
       
       Myanmar ist auf dem Weg zurück zum Pariah-Status. Doch Katrin
       Göring-Eckhardt und Renate Künast von den Grünen möchten das Land nicht
       allein lassen.
       
 (DIR) Kommentar Haft für Journalisten: Myanmar ist moralisch bankrott
       
       Die Strafen für Reuters-Journalisten zeigen, dass es in Myanmar keine
       unabhängige Justiz gibt. Da hilft auch keine Friedensnobelpreisträgerin.