# taz.de -- Ehrung für den Sportler Walter Wächter: Ein Namensgeber, der passt
       
       > Der bisherige Gustav-Falke-Sportplatz in Hamburg wird nach einem
       > jüdischen, kommunistischen Arbeitersportler benannt statt nach einem
       > deutschnationalen Dichter.
       
 (IMG) Bild: Beim HSV erst Fußballer, dann Leichtathlet und dann weg: Walter Wächter (3.v.l.)
       
       Hamburg taz | Der Name Michaël Wächter ist vielen Psychologen in Schweden
       ein Begriff. Der 1913 in Hamburg geborene Wächter hat einst den
       schwedischen Psychologenverband mitbegründet und Fachbücher geschrieben,
       die bis heute in der Ausbildung Verwendung finden.
       
       In Hamburgs Sportszene kannte man Wächter unter seinem ursprünglichen
       Vornamen: Walter. Michaël nannte er sich erst seit in seinem zweiten Leben
       – nachdem er 1938 aus Deutschland hatte fliehen müssen, weil er Jude war.
       Zuvor hatte er wegen Beteiligung am kommunistischen Widerstand drei Jahre
       im Zuchthaus gesessen, in Fuhlsbüttel und in Bremen-Oslebshausen.
       
       An sein Wirken als Sportler und seinen politischen Widerstand wird künftig
       der Walter-Wächter-Platz in Eimsbüttel erinnern. An diesem Sonnabend weiht
       der Fußball-Bezirksligist FC Alsterbrüder den Platz offiziell ein. Die
       Sportanlage hieß bisher Gustav-Falke-Platz, aber mit dem Namen war der FCA
       schon lange nicht mehr glücklich. Falke (1853–1916) war ein
       deutschnationaler Dichter, der heftig für den Ersten Weltkrieg getrommelt
       hatte, etwa mit den Zeilen „Wovon sind wir Husaren so rot?/Von Blut! Wir
       schlugen viel tausend Franzosen tot“.
       
       Mit „unseren Werten“ sei der Name Gustav Falke nicht vereinbar gewesen,
       sagt Frank Vöhl-Hitscher, Vorstandsmitglied beim FC Alsterbrüder. Der
       Verein suchte daher nach einem geeigneten Namensgeber, schaute sich
       Stolpersteine in der Umgebung an und stieß schließlich 2016 bei einer
       Ausstellung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme auf Walter Wächter.
       
       Der Platz „dürfte nun die erste Sportstätte in Hamburg sein, die nach einem
       Arbeitersportler und Antifaschisten benannt ist“, sagt der Sporthistoriker
       Werner Skrentny. In der Nähe, in der Hohen Weide, besuchte Walter Wächter
       einst die Staatliche Aufbauschule, mit dem heutigen Gymnasium vergleichbar.
       Das Gebäude beherbergt heute das Landesinstitut für Lehrerbildung. Das Haus
       im Eppendorfer Weg 40, in dem Wächter aufwuchs, existiert nicht mehr.
       
       Als Teenager spielte Walter Wächter Fußball beim HSV, ehe ein
       Leichtathletiktrainer sein Talent als Sprinter entdeckte und ihm das Kicken
       verbot. „Er hat erzählt, dass er die 100 Meter in 11,6 Sekunden gelaufen
       und damit norddeutscher Jugendmeister geworden sei“, sagt sein Sohn Torkel
       Wächter, 57.
       
       ## Den HSV verließ er wegen einer antisemitischen Rede
       
       1929 verließ Walter Wächter den HSV. Auslöser war, wie er später schrieb
       „eine Rede mit antisemitischen Einschlägen“, die der damalige Vorsitzende
       gehalten hatte. Wächter wandte sich vom bürgerlichen Sport ab und schloss
       sich dem Freien Turn- und Sportverein Fichte Eimsbüttel an, der Teil der
       linken Arbeitersportbewegung war.
       
       Als die Nazis 1933 die Arbeitersportklubs auflösten, fand Wächter beim
       jüdischen Verein Bar Kochba eine sportliche Heimat. In vier Jahren gehörte
       er also gleich drei Sportverbänden an. Vor den Olympischen Spielen 1936
       duldeten die Nazis die jüdischen Sportorganisationen, um potenzielle
       Boykotteure zu täuschen.
       
       Auf verschlungenen Pfaden, über Ungarn und Italien, gelangte Wächter nach
       Schweden. Sein Sohn Torkel ist dort Schriftsteller. Er hat die
       Fluchterlebnisse seines Vaters in einem Roman verarbeitet. Er hofft, dass
       das Buch bald auf Deutsch erscheint. Zumal das Thema Flucht ja
       „hochaktuell“ sei.
       
       Frank Vöhl-Hitscher vom FC Alsterbrüder sieht das ähnlich. „Wie Walter
       Wächter müssen heute viele Menschen fliehen, und sie können nicht dort
       bleiben, wo sie bleiben wollen.“ Man habe viele Kinder aus geflüchteten
       Familien im Verein, ergänzt er. „Wir kennen uns mit dem Thema
       wahrscheinlich etwas besser aus als Politiker, die mit Begriffen wie
       'Asyltourismus’ und ‚Anti-Abschiebe-Industrie‘ hantieren.“
       
       Angesichts dessen, dass sich der bisherige Gustav-Falke-Platz in einer
       Straße befindet, die weiterhin nach dem Dichter benannt ist, stellt sich
       natürlich die Frage, ob nicht ein weiterer neuer Name fällig wäre. „Das
       wäre konsequent“, sagt Ralf Meiburg, sportpolitischer Sprecher der
       SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, die dem Namen
       Walter-Wächter-Platz geschlossen zugestimmt hatte.
       
       Bei einer Straßenumbenennungsdebatte befürchte er aber „kleinere
       Aufstände“. Es gebe in der Gustav-Falke-Straße einige Geschäftsadressen,
       und die zu ändern sei für die Betroffenen möglicherweise aufwendig, sagt
       Meiburg. Die Anwohner dort gelten ohnehin als renitent: 2017 protestierten
       sie gegen eine Carsharing-Station, weil diese ein paar Privatparkplätze
       kostete.
       
       31 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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