# taz.de -- USA und Türkei in diplomatischer Krise: Ankara will zurückschlagen
       
       > Weil die Türkei einen inhaftierten amerikanischen Pastor nicht freilässt,
       > haben die USA Sanktionen verhängt. Ankara droht mit Vergeltung.
       
 (IMG) Bild: Ist über die Inhaftierung des Pastors nicht amüsiert: Donald Trump (links) (Archivbild, Juli 2018)
       
       BERLIN taz | „Historischer Bruch“, „USA erklären der Türkei den Krieg“: Die
       öffentlichen Reaktionen auf die US-Sanktionen gegen zwei türkische Minister
       sind heftig bis schrill. Auch das offizielle Statement des türkischen
       Außenministeriums lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Wir
       protestieren gegen diesen beispiellosen Akt, der nicht ohne Gegenmaßnahmen
       bleiben wird“.
       
       Tatsächlich ist der Vorgang unter Nato-Verbündeten bislang einmalig: Am
       Mittwochabend hatte das Weiße Haus in Washington erklärt, man werde gegen
       den türkischen Innenminister Süleyman Soylu und den Justizminister
       Abdülhamit Gül Sanktionen verhängen. Eventuelles Vermögen der beiden
       Minister in den USA werde eingezogen und eine Einreisesperre verhängt.
       
       Beide Minister werden für die andauernde [1][Inhaftierung des
       US-amerikanischen Pastors Andrew Brunson] verantwortlich gemacht. Brunson,
       der seit mehr als zwanzig Jahren einer kleinen, evangelikalen Gemeinde im
       türkischen Izmir vorsteht, wurde im Dezember 2016 festgenommen, weil er
       angeblich illegale Kontakte sowohl zur kurdischen PKK als auch zur Sekte
       des Fethullah Gülen haben soll, die für den Putschversuch im Juli 2016
       verantwortlich gemacht wird.
       
       Hatten die USA sich zunächst hinter den Kulissen um die Freilassung des
       Pastors bemüht, protestierten US-Offizielle zuletzt bis hin zu Präsident
       Donald Trump auch öffentlich gegen die anhaltende U-Haft des Pastors. Als
       Brunson daraufhin zwar entlassen wurde, aber weiterhin im Hausarrest in
       Izmir bleiben musste, forderten Trump und Vizepräsident Mike Pence
       ultimativ seine Freilassung. Als die türkische Justiz dennoch keine
       Anstalten machte, Brunson gehen zu lassen, folgten die Sanktionen gegen die
       beiden Minister.
       
       ## Innenpolitischer Rückenwind
       
       Damit haben die USA zunächst allerdings nur erreicht, dass sich nun auch
       der größte Teil der Opposition – die sozialdemokratisch-kemalistische CHP
       und die rechtsnationale Iyi-Partei – in einer gemeinsamen Erklärung mit der
       Regierung gegen die „beispiellose Weise“ verwahrte, in der die beiden
       Minister „angegriffen“ werden.
       
       Auch oppositionelle Medien wie die Zeitung Sözcü sprechen von „skandalösen
       Sanktionen“, das Nachrichtenportal Odatv vom „Krieg gegen die Türkei“. Mit
       dem innenpolitischen Rückenwind kündigte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu an,
       man werde „hart zurückschlagen“.
       
       ## Worum es eigentlich geht
       
       Der betroffene Innenminister Süleyman Soylu verkündete gar auf Twitter, man
       werde sich den islamischen Sektenführer Fethullah Gülen „holen“, wenn die
       USA ihn nicht endlich ausliefern würden. Damit wurde auch noch einmal
       unterstrichen, worum es in dem Konflikt eigentlich geht: Seit dem
       Putschversuch vor gut zwei Jahren fordert die Türkei von den USA die
       Auslieferung Gülens, der seit 1999 in den USA lebt.
       
       Pastor Andrew Brunson dient dabei als „Tauschobjekt“, den man ausreisen
       lassen will, wenn die USA Gülen ausliefern. Der Konflikt hat sich jetzt so
       weit hochgeschaukelt, dass es sowohl für die USA als auch für die Türkei
       schwierig wird, eine gesichtswahrende Lösung zu finden. Angeblich war die
       türkische Regierung bereit, Brunson gehen zu lassen, „hätte aber noch Zeit
       gebraucht“, wie die türkische Zeitung Cumhuriyet schrieb.
       
       Die Märkte in der Türkei reagierten auch auf die US-Sanktionen und den sich
       verschärfenden Konflikt zwischen beiden Ländern. Die türkische Lira verlor
       weiter an Wert. Die Börse rutschte erneut ins Minus. Die türkische und die
       amerikanische Regierung sind sich auch über ihr Vorgehen in Syrien uneinig.
       Die USA kritisieren, dass die Türkei Luftabwehrsysteme in Russland kaufen
       will.
       
       2 Aug 2018
       
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