# taz.de -- Kooperation gegen Flüchtlinge: Italien und Libyen gegen Migranten
       
       > Vor zehn Jahren unterzeichneten Italien und Libyen einen
       > Freundschaftsvertrag. Den will Italiens neue Regierung gegen Flüchtlinge
       > wiederbeleben.
       
 (IMG) Bild: Von Libyen und Italien nicht erwünscht: Flüchtlinge aus Afrika in einem Lager in Tripolis
       
       Tunis taz | Zehn Jahre nach dem spektakulären Abkommen zwischen Muammar
       Gaddafi und Silvio Berlusconi soll es zu einer Neuauflage des damals pompös
       in Rom unterzeichneten Plans kommen. Die Regierungen Italiens und Libyens
       haben sich darauf geeinigt, Teile des Vertrages zu reaktivieren. Der
       libysche Außenminister Mohammed Siala teilte am Samstag während eines
       Besuchs seines Kollegen Enzo Moavero Milanesi in Tripolis mit, dass beide
       Länder vor allem zum Thema illegale Migration zusammenarbeiten wollen.
       
       Gaddafi sah den Vertrag mit Berlusconi damals als eine Wiedergutmachung für
       die Verbrechen während der bis 1942 andauernden italienischen Kolonialzeit
       an. Im Jahr 2011, nach dem Aufstand gegen Langzeitherrscher Gaddafi, setzte
       der Nationale Übergangsrat die Umsetzung des Vertrages aus.
       
       Milanesi reiste am vergangenen Samstag erstmalig in die nun von Milizen
       kontrollierte libysche Hauptstadt Tripolis. „Dieser Besuch ist der Beginn
       einer intensiveren Zusammenarbeit mit der libyschen Einheitsregierung“,
       sagte Milanesi. „Stabilität und Frieden in Libyen sind von großer Bedeutung
       für die Mittelmeerregion, Italien und die Europäische Union.“
       
       Vor zehn Jahren hatte sich Libyen in dem Abkommen unter anderem dazu
       verpflichtet, im Gegenzug für italienische Investitionen Migranten von der
       Überfahrt abzuhalten. Der staatliche italienische Ölkonzern ENI produzierte
       auch während der seit 2011 immer wieder aufflackernden Kämpfe in Westlibyen
       weiter und pumpt zwölf Prozent des italienischen Gasbedarfs durch die
       Greenstream Pipeline bei Zuwara. Unweit der Pumpstation legen auch die
       Boote nach Sizilien ab.
       
       ## Die Gefahr, zu ertrinken, war nie größer
       
       Italiens Regierung und ENI haben über Mittelsmänner immer wieder geheime
       Abkommen mit Kommandanten von Milizen geschlossen, zuletzt, um den
       Menschenhändlern das Handwerk zu legen. Innerhalb von zwanzig Jahren
       investierte Italien in Libyen eine Summe von fünf Milliarden Dollar für
       Infrastrukturprojekte, zahlreiche mittelständische Firmen exportieren auch
       während der aktuellen Krise.
       
       Jetzt soll die libysche Marine die Rettungseinsätze der privaten
       Hilfsorganisationen übernehmen. Da Italiens Innenminister Matteo Salvini
       die auf dem Mittelmeer Geretteten nicht mehr in die Häfen Siziliens und
       nach Lampedusa lassen will, drängt die Zeit, für die in Libyen wartenden
       Migranten eine Lösung zu finden.
       
       Zwar sind die Zahlen der in Italien ankommenden Boote drastisch gesunken,
       16.933 Personen zählte das Innenministerium vom ersten Januar 2018 bis zum
       neunten Juli. Die Gefahr, zu ertrinken, war jedoch nie größer. Maltas
       Regierung beschlagnahmte ein Aufklärungsflugzeug der Hilfsorganisation Sea
       Watch, Schiffe der privaten Retter von Lifeline werden ebenso wie die „Sea
       Watch 3“ im Hafen von Valetta festgehalten.
       
       Vor zehn Jahren ließ Gaddafi nach seiner Rückkehr nach Tripolis die zuvor
       von seinem Geheimdienst unterstützten Schlepperbosse verhaften, von denen
       einige wieder aktiv sind. Die aktuelle Übergangsregierung wird hingegen von
       Milizen geschützt, die selbst in Geschäfte mit Migranten verwickelt sind.
       
       12 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mirco Keilberth
       
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