# taz.de -- Premierministerin enthüllt Brexit-Pläne: Beim Weißbuch sehen EU-Gegner rot
       
       > May legt einen Plan für die zukünftigen Beziehungen mit der EU vor.
       > Kritiker bemängeln, Brüssel habe nach wie vor zu viele
       > Entscheidungsbefugnisse.
       
 (IMG) Bild: Die einen lehnen den Brexit nach wie vor ganz ab, den anderen sind Mays Ausstiegs-Pläne viel zu soft
       
       Überschattet vom Eintreffen Donald Trumps zu einem umstrittenen
       Arbeitsbesuch in Großbritannien hat die britische Regierung am Donnerstag
       ihr lang erwartetes Weißbuch mit den Details ihrer neuen Brexit-Strategie
       vorgelegt. Das 98-seitige Papier zur „zukünftigen Beziehung zwischen dem
       Vereinigten Königreich und der Europäischen Union“ führt vor allem aus,
       wozu Premierministerin Theresa May am vergangenen Freitag ihr Kabinett
       verdonnert hatte: eine Freihandelszone mit der EU, ein „gemeinsames
       Regelwerk“ für den Güterverkehr und eine Zollpartnerschaft.
       
       Nachdem zwei Brexit-Enthusiasten, Brexit-Minister David Davis und
       Außenminister Boris Johnson, aus Protest gegen diesen ihrer Ansicht nach zu
       weichen Kurs [1][ihre Ämter niedergelegt] hatten, waren alle Abgeordneten
       gespannt, was in dem Weißbuch nun eigentlich steht. Umso überraschter und
       empörter waren sie, dass der neue Brexit-Minister Dominic Raab das Dokument
       vorstellte, ohne dass es vorlag. Parlamentspräsident John Bercow musste die
       Sitzung unterbrechen, damit eilig Kartons voller Weißbücher herangekarrt
       und die Dokumente quer durch den Saal geworfen werden konnten.
       
       Das Weißbuch enthält einige Präzisierungen, die dem Brexit-Flügel der
       Konservativen nicht gefallen und die im Kabinettspapier so nicht standen.
       Ein Assoziierungsabkommen mit der EU wird als Möglichkeit genannt – das
       hatte May früher ausdrücklich ausgeschlossen. Die Rolle des Europäischen
       Gerichtshofs erscheint stärker als im Kabinettspapier, die Rolle des
       britischen Parlaments schwächer.
       
       Es wird ein zukünftiges Kooperationsgerüst zwischen London und Brüssel
       skizziert, mit einem „Governing Body“ aus Regierungsvertretern beider
       Seiten und einem „gemeinsamen Komitee“ zur Umsetzung und Einhaltung der
       Brexit-Vereinbarung. All dies, sagen Kritiker, unterwirft viel zu viele
       Entscheidungsbereiche dem Mitspracherecht, wenn nicht dem
       Entscheidungsrecht, der EU.
       
       ## Der Johnson-Flügel der Konservativen fühlt sich betrogen
       
       Noch vor dem Weißbuch war der von der Premierministerin abgelehnte
       Alternativvorschlag des scheidenden Brexit-Ministers Davis an die
       Öffentlichkeit gelangt: nicht gemeinsame britisch-europäische Regelwerke,
       sondern „gegenseitige Anerkennung“ der Regeln jeder Seite durch die andere
       Seite, so wie in anderen Freihandelsabkommen der EU auf der Welt. Das hatte
       May schon vor der Kabinettsklausur am vergangenen Freitag ausgeschlossen,
       weil die EU sich darauf nicht einlassen will. Für Irritation sorgte ein
       Bericht der konservativen Wochenzeitung Spectator, wonach May bei der
       Kabinettsklausur Änderungen an ihrem Plan abgelehnt habe mit dem Argument,
       sie habe sich darüber schon mit Angela Merkel verständigt.
       
       Der Johnson-Flügel der Konservativen fühlt sich betrogen und sieht sich als
       Stimme des Volkes: In einer neuen Umfrage finden nur 13 Prozent der
       Befragten Mays Plan richtig. Medienanalysen prophezeien, dass May entweder
       bei der EU abblitzt oder am Ende im britischen Parlament sowieso keine
       Mehrheit findet.
       
       In die Defensive getrieben, behauptete May am Donnerstag in einem Schreiben
       an alle Abgeordneten, der neue Plan sei „keineswegs ein Zugeständnis“ an
       die EU: Man lehne alle von der EU ins Spiel gebrachten Modelle ab und
       verlange ein eigenes. Aber auf die naheliegende Frage des
       Brexit-Schattenministers Keir Starmer von Labour im Unterhaus am Donnerstag
       hatte Brexit-Minister Raab keine Antwort: Ist dieses Weißbuch der
       Ausgangspunkt der Brexit-Verhandlungen, steht also alles zur Disposition –
       oder ist es die rote Linie, hinter die May keinesfalls zurückweichen wird?
       Wahrscheinlich weiß sie das derzeit nicht einmal selbst.
       
       12 Jul 2018
       
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