# taz.de -- Die Wahrheit: Je wärmer, desto Grill
       
       > Hitzewelle in Irland, alle flippen aus: Es herrscht Wassermangel, und bis
       > hin zu jackettlosen Anwälten ist plötzlich alles möglich.
       
 (IMG) Bild: Endlich mal nützlich: Hamburger Wasserwerfer gießen den Stadtpark
       
       Die Iren mögen Temperaturschwankungen nicht. Zwischen Gefrierpunkt und 20
       Grad ist die Welt in Ordnung. Alles andere führt ins Verderben. Gerade
       noch hatte der schneereiche Winter die Insel lahmgelegt, da spielt das
       Wetter schon wieder verrückt.
       
       Als kürzlich die 27-Grad-Marke erreicht wurde, gab das Dubliner Wetteramt
       eine Warnung der Stufe gelb aus. Hilfsorganisationen für Obdachlose baten
       um Spenden von Sonnenschutzcreme. Michael Ring, Minister für ländliche
       Regionen, staunte: „Unglücklicherweise steigt die Zahl der Todesfälle durch
       Ertrinken bei warmem Wetter.“ Liegt es vielleicht daran, dass mehr Menschen
       schwimmen, wenn es warm ist?
       
       Der Automobilclub warnte Autofahrer vor schmelzendem Teer. Der könne an den
       Reifen kleben bleiben und jede Menge Geröll einsammeln, wodurch Autofahren
       zu einer holprigen Angelegenheit würde.
       
       ## Wasser marsch!
       
       Die Eisenbahngesellschaft Iarnród Éireann verteilte 50.000 Flaschen Wasser
       kostenlos an ihre Kundschaft, damit niemand unterwegs verdurstet. Die Züge
       müssen langsam fahren, damit sich die Schienen nicht verbiegen. Was machen
       Bahnunternehmen eigentlich in südlichen Ländern? Haben die Spezialschienen?
       
       Elefanten, Kinder und ältere Menschen sollten mit genügend Flüssigkeit
       versorgt werden, riet der Verband der Krankenschwestern und Hebammen.
       Elefanten? Im Dubliner Zoo verabreicht man den Tieren gefrorene
       Gemüsewürfel. Aber die Flüssigkeitsversorgung ist gefährdet, denn es
       herrscht akuter Wassermangel. In Irland.
       
       Weil es gefühlte zehn Monate im Jahr regnet, kommt niemand auf die Idee,
       Wasser für trockenere Zeiten zu konservieren. Die Regierung empfiehlt,
       kürzer zu duschen, gemeinsam aufs Klo zu gehen und Zähneputzen wegzulassen.
       Man bereitet ein gesetzliches Blumengießverbot vor, vom Rasensprengen ganz
       zu schweigen. Landwirtschaftsminister Michael Creed sagte: „Die Lösung für
       unsere Probleme ist Regen. Kann ich aber nicht liefern.“
       
       Manche profitieren vom „extrem heißen Wetter“, wie das meteorologische
       Institut es nennt – vor allem Eisdielen. Jeder Ire und jede Irin isst acht
       Liter Eis im Jahr, weit mehr als Italiener. Das liegt daran, dass Italiener
       Sonne gewöhnt sind, während Iren meinen, sie müssen jeden Sonnentag
       ausnutzen und sich mit Eis vollstopfen. Die Bäcker legen Nachtschichten
       ein, um pappige Brötchen für Hamburger zu backen, weil Sonnenstrahlen bei
       Männern Grillwut auslösen. Je wärmer, desto Grill.
       
       Die Hitzewelle hat sogar eine kleine Revolution ausgelöst. Die Regeln im
       exklusiven Speisesaal der Anwaltskammer wurden gelockert: Die Anwälte
       dürfen beim Essen ihre Jacketts ausziehen. Das Gesundheitsamt hatte auf
       diesen Sittenverfall gedrängt.
       
       2 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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