# taz.de -- Kommentar Bayer übernimmt Monsanto: Unselige Tradition
       
       > Jetzt wird es amtlich: Bayer schluckt den Glyphosat-Hersteller Monsanto –
       > und tilgt dessen Namen. Ein verhängnisvoller Fehler.
       
 (IMG) Bild: Schöner Schein. Doch die Übernahme von Monsanto durch Bayer ist umstritten
       
       Zwei Jahre hat es gedauert, doch an diesem Donnerstag wird die größte
       Übernahme abgeschlossen, die je ein deutscher Konzern stemmte: Für 56
       Milliarden Euro [1][schluckt Bayer den US-Saatguthersteller Monsanto] – der
       Chemie- und Pharmariese wird zum weltgrößten Anbieter von Saatgut und
       Pestiziden.
       
       Eigentum verpflichtet. Deshalb erwerben die Leverkusener mit dem
       Glyphosat-Produzenten auch Verantwortung für die Nahrung unserer Welt.
       Verantwortung für das Mittagessen von Milliarden Menschen, für
       Hunderttausende Bauern, für Millionen Hektar Ackerfläche. Nicht zu
       vergessen: Verantwortung für 20.000 Monsanto-Mitarbeiter.
       
       Höchst fraglich, ob sie bei Bayer in guten Händen ist. Gleich zu Beginn
       sagte Vorstandschef Werner Baumann zwar, sein Konzern wolle die „höchsten
       ethischen, ökologischen und sozialen Standards einhalten“. Er beging aber
       auch einen kapitalen Fehler.
       
       Baumann versucht, die Geschichte glatt zu bügeln, indem er die Marke
       Monsanto tilgen will. Die Vergangenheit tilgen, das hat unselige Tradition
       bei Bayer: Der Konzern ist Keimzelle und Überbleibsel der IG Farben, eines
       1925 gegründeten riesigen Chemiekonzerns, der sich später eng mit dem
       Nazi-Regime verbündete. Nach dem Krieg wurden die IG Farben aufgelöst. Und
       firmierten wieder wie zuvor als BASF, Hoechst oder eben Bayer – auch ein
       Versuch, die Erinnerungen an todbringendes Zyklon B, an abertausende
       Zwangsarbeiter oder an die Kumpanei der Firmenchefs mit der NSDAP vergessen
       zu machen.
       
       ## Namen sind nicht nur PR-Geklingel
       
       Das Monsanto-Management hatte schon selbst darüber nachgedacht, den
       Konzernnamen zu ändern, um das ramponierte Image des Unternehmens zu
       verbessern. Und sich aus gutem Grund dagegen entschieden. Es geht beim
       Namen ja nicht nur um PR-Geklingel, sondern auch um eine Botschaft. Namen
       weg, Probleme weg? Baumanns Löschaktion ist wohl das Gegenteil von
       verantwortungsvollem Handeln, der Essenz des Unternehmerdaseins.
       
       Eins muss für Bayer jetzt klar sein: Der Konzern mag sich nach dem Krieg
       nicht für seine Zwangsarbeiter interessiert haben. Heute läuft das so nicht
       mehr. Trotz Tilgung des Namens trägt der Dax-Konzern künftig auch die
       Sünden Monsantos mit: Die Geschichte der Firma aus St. Louis, die zuerst
       Anfang des vergangenen Jahrhunderts den Süßmacher Saccharin verkaufte, ist
       voller Leichen. Null Verantwortung.
       
       Es geht dabei um das krebserregende Insektizid DDT, den ebenfalls
       krebserregenden Weichmacher PCB, das im Vietnamkrieg von den USA
       eingesetzte Entlaubungsmittel „Agent Orange“ – oder eines Tages vielleicht
       auch um die Folgen des hierzulande verbotenen Genmais' Mon810.
       
       Und jetzt kommt's: Glyphosat darf weiter so heißen, auch unter Bayer-Ägide.
       Zwar ist das Unkrautvernichtungsmittel möglicherweise krebserregend und
       artengefährdend – viele Studien sprechen dafür – aber auch ein globaler
       Kassenschlager.
       
       7 Jun 2018
       
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