# taz.de -- Kritik an Wagenknechts Migrationsthesen: Die Linken streiten weiter
       
       > PolitikerInnen der Linkspartei kritisieren Wagenknechts Thesen scharf:
       > Sie spiele MigrantInnen und ArbeitnehmerInnen gegeneinander aus.
       
 (IMG) Bild: Die Linkspartei streitet über ihre Haltung zur Einwanderung
       
       Ein [1][Thesenpapier zum Thema „Einwanderung“] aus dem Umfeld von
       Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hat inner- und außerhalb der Linkspartei
       Widerspruch ausgelöst. InnenpolitikerInnen der Partei sowie
       GewerkschaftssekretärInnen mit und ohne Parteibuch haben unabhängig
       voneinander scharfe Erwiderungen verfasst.
       
       Im Kern kritisieren beide Repliken, dass das Thesenpapier Einwanderer und
       einheimische ArbeitnehmerInnen gegeneinander ausspiele. „Rechten Positionen
       kann man nicht begegnen, indem man eigene Positionen aufgibt und den
       Rechten entgegenkommt“, sagt die Bundestagsabgeordnete Martina Renner der
       taz.
       
       Renner, die auf dem Parteitag im Juni als Parteivize kandidiert, gehört zu
       den Mitautorinnen [2][des Papiers „Für das Recht auf Migration“]. Die
       Abgeordnete aus Thüringen befindet sich in guter Gesellschaft mit
       Autorinnen aus dem linken Parteispektrum. „Was uns eint, ist, dass wir
       Innenpolitiker sind und uns als Fachleute jahrelang mit rechten
       Begrenzungsdiskursen auseinandergesetzt haben“, heißt es.
       
       Am meisten irritiere sie der am Nationalstaat orientierte Ansatz des
       Thesenpapiers, der MigrantInnen und Geflüchtete zu Objekten der Steuerung
       und Kontrolle erkläre, schreiben Renner und Co. Ein Sozialstaat lasse sich
       unvermeidlich nur nationalstaatlich organisieren, heißt es im
       Ursprungspapier. Darauf erwidern die InnenpolitikerInnen: „In einer
       nationalstaatlich verengten Perspektive geht es strukturell nur um das
       Wohlergehen der eigenen Staatsangehörigen, der ‚Rest der Welt‘ erscheint
       aus einer solchen Perspektive vor allem als mögliche Bedrohung.“ Was in dem
       Thesenpapier fehle, sei die Vision von einem grenzüberschreitenden
       solidarischen Kampf für gemeinsame soziale Interessen, so Renner und Co.
       
       ## Streit um „offene Grenzen“
       
       Verärgert sind die InnenpolitikerInnen auch über die im Thesenpapier
       geäußerte Behauptung, die Position der „offenen Grenzen“, die sich auch im
       Grundsatz- und Wahlprogramm der Partei wiederfindet, sei „kurzschlüssig und
       weltfremd“. „Wir sind keine realitätsfremden Träumer“, sagt Renner zur taz.
       „Wir setzen auf die Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse durch
       soziale Kämpfe und nicht durch Ordnungspolitik und Verabschiedung von der
       Forderung nach sozialen Rechten für alle Menschen.“
       
       Ähnlich argumentieren auch die GewerkschaftssekretärInnen gegen [3][das
       Thesenpapier], darunter Katharina Schwabedissen, ehemals Sprecherin der
       Linken in Nordrhein-Westfalen und heute kein Parteimitglied mehr. Die
       AutorInnen des Papiers griffen auf „neoliberale Spaltungsszenarien zu“,
       schreiben sie. Viele Argumente zielten vor allem darauf ab, deutlich zu
       machen, dass die Sorgen der „breiten Bevölkerung“ zum Thema Migration
       berechtigt seien. „Es ist kein Geheimnis, dass diese Einschätzung vor dem
       Hintergrund des Aufstiegs der AfD zu sehen ist“, heißt es. „Ängste werden
       aber nicht dadurch kleiner, dass man sie stützt …“
       
       Die Einlassungen der Gewerkschafter sind auch bemerkenswert, weil einer der
       Autoren des Thesenpapiers, Ralf Krämer, hauptamtlicher
       Verdi-Gewerkschaftssekretär ist und aus dieser Perspektive für die
       Betroffenen argumentiert.
       
       In der Linken gibt es drei Position zu dem Thema: die ganz linke, die für
       offene Grenzen ohne Wenn und Aber streitet; die Gruppe um Wagenknecht, die
       Einwanderung aus wirtschaftlichen Motiven ablehnt; außerdem eine Gruppe,
       die softe Einwanderungsregelungen fordert. Zu letzterer Gruppe gehört auch
       Renner. Auch auf dem Parteitag im Juni könnte das Thema Einwanderung
       debattiert werden, es gibt bereits entsprechende Anträge. Renner sagte der
       taz jedoch, der Beitrag der InnenpolitikerInnen sei als Signal an die
       Fraktion zu verstehen. Die Haltung der Partei sei richtig und klar und
       bedürfe keiner Änderung.
       
       22 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.fabio-de-masi.de/de/article/1923.thesenpapier-linke-einwanderungspolitik.html
 (DIR) [2] https://www.jungewelt.de/artikel/332624.f%C3%BCr-das-recht-auf-migration.html
 (DIR) [3] https://www.die-linke.de/disput/debatte/debatte-im-disput-einwanderungsgesetz/news-default-detailseite/news/auslassung-und-suggestion/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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