# taz.de -- Alleinerziehende über Demo in Berlin: „Kinder als politischer Streichelzoo“
       
       > Viele Alleinerziehende fühlen sich von der Politik im Stich gelassen.
       > Bloggerin Fee Linke erklärt, warum sie am Samstag in Berlin auf die
       > Straße geht.
       
 (IMG) Bild: Sozialpolitik für Alleinerziehende? Darum ist es in Deutschland derzeit schlecht bestellt
       
       taz am wochenende: Frau Linke, die Alleinerziehenden demonstrieren heute
       in Berlin. Gerade erst wurde der Unterhaltsvorschuss verlängert. Die
       Kitas werden ausgebaut. Reicht das nicht? 
       
       Fee Linke: Nein. Fast 40 Prozent der Alleinerziehenden müssen von Hartz IV
       leben oder aufstocken. Der Unterhaltsvorschuss wird damit verrechnet,
       ebenso wie das Kindergeld. Eine Erhöhung oder Erweiterung hilft diesen
       vielen Menschen also überhaupt nicht. Wir demonstrieren für eine
       Kindergrundsicherung, die nicht mit Hartz IV verrechnet wird: 600 Euro für
       alle Kinder, die dann mit steigendem Einkommen abgeschmolzen werden.
       
       Das wird teuer. Haben Sie auch einen Finanzierungsvorschlag dabei? 
       
       Wenn das [1][Ehegattensplitting] abgeschafft würde, hätten wir schon viel
       gewonnen. Wir brauchen ein Steuerrecht, das Kinder fördert, nicht Ehen.
       Alleinerziehende werden im Moment wie Singles besteuert – mit einem kleinen
       Extrafreibetrag. Sie haben weniger als Ehegatten, obwohl sie Kinder
       erziehen. Das geht nicht. Eine unserer Mitstreiterinnen, die
       Steuerberaterin Reina Becker, hat deshalb vor dem Verfassungsgericht
       geklagt.
       
       Der letzte politische Vorschlag zum Thema Alleinerziehende kam von der FDP:
       Man solle doch das Wechselmodell als Regel verankern: Kinder und damit auch
       das Armutsrisiko würden auf beide Elternteile gleich aufgeteilt werden.
       Wären damit die Probleme gelöst? 
       
       Nein. Die FDP ist den Väterrechtlern auf den Leim gegangen. Beide
       Elternteile müssten dann die volle Ausstattung inklusive Kinderzimmer
       bereit halten, das ist erst einmal teurer. Man braucht dafür auch extrem
       flexible Arbeitszeiten: In der einen Woche kann man mehr arbeiten, in der
       nächsten weniger, das ist oft wirklich nicht praktikabel. Das Armutsrisiko
       ist übrigens auch nicht gleich verteilt, solange Frauen 21 Prozent weniger
       verdienen als Männer. Im Prinzip ist das ein Modell für Besserverdienende.
       
       Warum demonstrieren Sie gerade jetzt? 
       
       Wir sind enttäuscht, weil die neue Regierung so gar nichts von sich hören
       lässt, was uns weiterhelfen würde. Im Gegenteil, CDU-Gesundheitsminister
       [2][Jens Spahn findet Hartz IV ausreichend], sein Kollege Peter Tauber
       lästert über MinijobberInnen: Das zeugt von großer Empathielosigkeit
       gegenüber uns und unserer Lebenswirklichkeit. Kinder sind für diese Leute
       eine Art politischer Streichelzoo: Ja, die Armen, für die müssen wir was
       tun. Aber konkret passiert gar nichts.
       
       11 May 2018
       
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