# taz.de -- Die Wahrheit: Engel auf Stecknadelkopf
       
       > Die Ir*innen haben richtig entschieden! Auch dank unfreiwilliger Hilfe
       > von alten Säcken, die sich in Podcasts versuchen.
       
       Die Irinnen und Iren haben am Freitag dafür gestimmt, das absolute
       Abtreibungsverbot aus der Verfassung zu streichen. Die Debatte wurde im
       Vorfeld mit harten Bandagen geführt, aber es gab auch heitere Momente – zum
       Beispiel das Podcast-Interview, das Eamon Dunphy vorige Woche mit dem
       irischen Publizisten John Waters führte. Beide haben viel gemein: Sie sind
       Alkoholiker, haben die guten Zeiten hinter sich und sind ältere Herren, die
       irischen Frauen Abtreibungen verbieten wollten. So hätte es eigentlich ein
       harmonisches Gespräch werden können.
       
       Doch weit gefehlt. Die Sache endete abrupt, weil Waters vergessen hatte,
       dass es bei einem Interview üblich ist, Fragen zu stellen. Dabei war er
       früher selbst Journalist, und gar kein schlechter. 1996 war er kurz mit der
       Sängerin Sinéad O’Connor zusammen – lange genug, um mit ihr ein Kind zu
       zeugen.
       
       Kurz darauf verlor er offenbar den Verstand. Er begann, jedes Thema in ein
       Plädoyer für die Rechte von Vätern zu drehen. Vor gut einem Jahr gab Waters
       den Journalismus dann endgültig auf. Schuld daran sei die
       Homosexuellen-Lobby, behauptete er. Die wollte ihn fertigmachen. Da seien
       ihm die „Black and Tans“ lieber, jene Söldnertruppe, die im irischen
       Unabhängigkeitskrieg vor knapp 100 Jahren jede Menge Gräueltaten begangen
       hatten. Und die Pfaffen, die sich reihenweise an Knaben vergangen haben,
       seien keine Pädophilen, sondern Schwule, so Waters. Schließlich waren die
       Opfer Teenager.
       
       ## Sie können das Bespringen nicht stoppen
       
       Im Jahr 2007 schrieb Waters ein Lied für das Eurovisions-Kampfsingen, das
       in jenem Jahr in Helsinki ausgetragen wurde. „They Can’t Stop The Spring“
       bekam fünf Punkte und landete auf dem letzten Platz.
       
       Dunphy hingegen hat im Auftrag von U2 eine Biografie der Band geschrieben.
       Die enthielt so viele Fehler, dass die Musiker sich beschwerten. Dunphy
       bezeichnete daraufhin Bono, den Sänger der Pop-Combo, als „aufgeblasenen
       Schwachkopf“. Es war Dunphys letzter lichter Moment.
       
       Früher war er ein mittelmäßiger Fußballprofi. Seit seinem Karriereende ist
       er ein schlecht gelaunter und bisweilen betrunkener Experte und gibt seinen
       Senf zu allen wichtigen Spielen. Seit Neuestem macht er auch Podcasts zu
       bedeutenden Ereignissen. Dass er Waters zu dem Interview über Abtreibung
       eingeladen hatte, bereute er ziemlich schnell, denn der entpuppte sich als
       noch bekloppter als er selbst.
       
       ## Von Engeln und Panzern
       
       Für Waters beginnt das Leben direkt nach der Empfängnis. Und dann komme die
       Abtreibungspille, raunte er: „Das sind Engel, die auf einem Stecknadelkopf
       tanzen, während Panzer die Hauptstraße entlangrollen.“ Als Dunphy
       versuchte, eine Frage zu stellen, schrie Waters: „Du hast versprochen, dass
       es ein faires Interview wird. Das ist es aber nicht.“ Doch, das sei es,
       wandte Dunphy lahm ein: „Ich bin doch auf deiner Seite.“
       
       Es half nichts. „Du bist ein Arschloch“, tobte Waters. „Ein verdammtes
       Arschloch. Fuck off, Eamon.“ Du aber auch, John Waters. Die Irinnen werden
       es euch danken.
       
       28 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Abtreibung
 (DIR) Irland
 (DIR) Frauen-WM 2019 
 (DIR) Irland
 (DIR) Irland
 (DIR) Hotel
 (DIR) Boris Johnson
 (DIR) Gin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Kopfstöße von Klotzköpfen
       
       In Irland findet die Fußball-WM 2018 im Fernsehen nicht statt. Stattdessen
       zeigt der Sender RTÉ lieber Bilder von der Weltmeisterschaft 1990 in
       Italien.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Eiwürfler des Grauens
       
       Wer ausmistet, bekennt: „An manchen Sachen bin ich unschuldig. Den
       Eiwürfler habe ich als Geschenk bekommen, das schwöre ich …“
       
 (DIR) Die Wahrheit: Jungfrau mit Kind
       
       Irland lag im 7. Jahrhundert mit den Brehon-Gesetzen vorn. Damals hieß es:
       Ein Nein der Frau, die sich auch scheiden lassen konnte, war ein Nein.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Liebesbrief an einen Kopfsalat
       
       Einmal im Jahr wird bekanntgegeben, was Hotelgäste alles in ihren Zimmern
       zurücklassen. Es sind einige mehr als ungewöhnliche Gegenstände …
       
 (DIR) Die Wahrheit: Das goldige Blatt
       
       Wie bekommt man das Kindermädchen ins Bett? Eine Zeitlang wusste die
       Hauspostille der britischen Royals da Rat.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Goldfischglas mit Gemüse
       
       Früher, als es nur Gordon’s Gin und Schweppes Tonic gab, galt das als
       Omagetränk. Heutzutage trinken es Teenager. Die Werbung funktioniert
       tadellos.