# taz.de -- Diesel und die Folgen: Mehr als Stickoxid
       
       > Grünen-Umweltpolitiker Georg Kössler fordert, Fahrverbote für Diesel
       > zuerst dort zu verhängen, wo Anwohner mehrfach belastet sind.
       
 (IMG) Bild: Hamburg stellte jetzt schon Schilder für Fahrverbote vor, die es 2019 auch in Berlin geben könnte
       
       Nicht allein der höchste Stickoxidwert, sondern auch weitere Umweltaspekte
       sollen darüber entscheiden, wo es zuerst Fahrverbote für Autos mit
       Dieselantrieb gibt. Das hat der Grünen-Abgeordnete Georg Kössler gegenüber
       der taz gefordert.
       
       Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus
       schlägt vor, sich an der Umweltgerechtigkeitskarte des Landes Berlin zu
       orientieren, die neben Luftbelastung auch Lärm, Grünversorgung, Bioklima
       und Armut berücksichtigt. Geht es danach, sind nicht die Leipziger oder die
       Potsdamer Straße am stärksten belastet, sondern etwa der Beussel-Kiez oder
       Nord-Neukölln mit der Karl-Marx- und der Silbersteinstraße.
       
       Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Dienstag Fahrverbote für Dieselautos
       für zulässig erklärt. Regine Günther, die parteilose, von den Grünen ins
       Amt gebrachte Verkehrssenatorin, hatte daraufhin solche Verbote ab Anfang
       2019 in Aussicht gestellt – falls in Kürze beginnende andere Maßnahmen
       nicht für weniger Stickoxid sorgen. Sie nannte dabei die Leipziger und die
       Potsdamer Straße, wo die Belastung oft weit über den Grenzwerten liegt.
       
       „Nach der Umweltgerechtigkeitskarte sind das nicht die schlimmsten Ecken“,
       sagt Kössler. Diese Karte, bestehend aus neun Teilkarten, gehört zum seit
       1995 herausgegebenen Umweltatlas der Senatsverwaltung für Umwelt
       (berlin.de/senuvk/umwelt/umweltgerechtigkeit/). Fahrverbote will auch
       Kössler vermeiden: „Das gibt nur Stress.“ Aber wenn sie sein müssten, dann
       sollen davon aus seiner Sicht zuerst die profitieren, die nicht nur durch
       Stickoxid jenseits der Grenzwerte, sondern mehrfach belastet sind: auch
       durch zu viel Lärm, wenig Grünfläche in der Nähe, schlechtes Bioklima und
       Armut. „Das wäre ein Weg zu mehr Umweltgerechtigkeit“, so der
       Grünen-Abgeordnete
       
       Er will das nicht als Kritik am Vorgehen der Senatorin, sondern als
       Ergänzung verstanden wissen. Kössler drängt wie Günther darauf, dass die
       Bundesregierung Dieselauto-Hersteller zur Umrüstung verpflichtet, und setzt
       auf die blaue Plakette, die weniger belastende Dieselfahrzeuge von Verboten
       ausnimmt.
       
       Im Senat gibt es zu dieser Plakette weiter unterschiedliche Haltungen.
       Während Günther und Ramona Pop, als Wirtschaftssenatorin auch mit
       Lieferverkehr beschäftigt, die blaue Plakette fordern, rückte
       Regierungschef Michael Müller (SPD) bislang nicht von seiner ablehnenden
       Haltung ab. Die hatte er bereits im Herbst beim Berliner Dieselgipfel
       formuliert. Damals suchte Müller mit hiesigen Politikern,
       Wirtschaftsvertretern und Wissenschaftlern nach eigenen Wegen zu weniger
       Stickoxidausstoß, nachdem der Dieselgipfel des Bundes erfolglos geblieben
       war. Resultat war etwa eine höhere Abwrackprämie für Dieseltaxis. Außerdem
       sollen Fahrzeuge von Landesbehörden und landeseigenen Unternehmen – etwa
       BVG-Busse – möglichst wenig umweltbelastend sein.
       
       Im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses fragte am Donnerstag die
       AfD-Fraktion nach, welche Straßen nach dem Urteil gesperrt werden sollen.
       Senatorin Günther verwies darauf, dass man zuerst andere Wege gehen wolle.
       Dazu gehört mehr Tempo 30 auf größeren Straßen mit entsprechender
       Ampelschaltung. Beginnen soll das Anfang April, sagte der taz Günthers
       Sprecher Matthias Tang.
       
       Diese Maßnahme ist schon seit Monaten im Gespräch. Die Neuberechnung der
       Ampelschaltung aber habe bisher gedauert, sagte Tang – und nur in der
       Kopplung von Tempo 30 und angepassten Ampelphasen bringe das den erwarteten
       Nutzen. Bis Jahresende soll sich klären, ob das den Stickoxidausstoß unter
       die Grenzwerte senkt – oder ob das nur mit Fahrverboten zu schaffen ist.
       
       1 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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