# taz.de -- Marokkos Justiz ermittelt gegen Aktivistin: Lebenslang für Lebensretterin?
       
       > Gegen die Spanierin Helena Maleno wird in Marokko ermittelt – die
       > Aktivistin half Flüchtlingen in Seenot. Nun steht sie erneut vor Gericht.
       
 (IMG) Bild: Maleno verständigte oft die Rettungsdienste, wenn Flüchtlinge in Seenot gerieten
       
       Madrid taz | Die Seenotrettungsdienste kennen die Stimme von Helena Maleno:
       „Zwei Boote in der Meerenge von Gibraltar mit 33 und 45 Personen an Bord
       brauchen Hilfe.“ So oder ähnlich lauten die Anrufe der 47-jährigen
       spanischen Menschenrechtsaktivistin, Journalistin und Schriftstellerin, die
       im marokkanischen Tanger lebt. Viele derer, die die gefährliche Überfahrt
       von Afrika nach Europa wagen, haben für den Notfall Malenos Nummer dabei.
       Sie ist bekannt dafür, alles in Bewegung zu setzen, damit die spanischen
       und marokkanischen Rettungsdienste ausrücken. Jetzt droht der Gründerin der
       NGO „Caminando Fronteras“ (Grenzgänge) lebenslänglich Haft. Die
       marokkanische Justiz ermittelt gegen Maleno wegen Verstoß gegen das
       Einwanderungsgesetz und wegen des Verdachtes, Mitglied einer kriminellen
       Vereinigung zu sein.
       
       Am 27. Dezember stand sie erstmals vor dem Ermittlungsrichter in Tanger.
       Für den heutigen Mittwoch ist sie erneut vorgeladen. „Ich werde Dokumente
       vorlegen, die beweisen, dass ich für unterschiedliche NGOs tätig bin und
       nichts mit Schlepperorganisationen zu tun habe“, erklärte Maleno.
       
       Was die Aktivistin am meisten verwundert: Die Ermittlungen in Marokko gehen
       auf ein polizeiliches Dossier aus Spanien zurück. Dort ermittelte die
       Sondereinheit für illegale Einwanderung der Nationalpolizei mit
       Unterstützung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex seit 2012 gegen
       die Aktivistin. Die spanische Staatsanwaltschaft sah jedoch keine
       kriminellen Motive und stellte die Ermittlungen 2017 ein.
       
       Marokko hatte während der polizeilichen Untersuchungen Amtshilfe geleistet
       und das Telefon Malenos abgehört. 2015 verlangten die Marokkaner
       Akteneinsicht. Nun nutzt die marokkanische Justiz das Dossier von damals
       für eigene Ermittlungen. Unklar ist jedoch, wer die Akten ausgehändigt hat.
       „Eines steht fest: Die Unterlagen wurden nicht über den regulären Amtsweg
       weitergeleitet“, erklärt Malenos Anwältin Gema Fernández. Dieser sieht vor,
       dass ein spezieller Richter an der Botschaft seinen Kollegen im jeweiligen
       anderen Land um Akten bittet. Von dort geht die Anfrage an die jeweilige
       Justiz. Die Behörden in Spanien wüssten aber nichts von einem solchen
       Vorgang, sagt Fernández. Die Vermutung liege deshalb nahe, dass die Akten
       unter der Hand von Polizei an Polizei gingen.
       
       ## Es gehe darum, „Solidarität zu kriminalisieren“
       
       „Die spanische Polizei versucht mit Hilfe der marokkanischen Justiz ein
       Exempel zu statuieren“, sagt Maleno. Es gehe darum, die „Solidarität zu
       kriminalisieren“ und andere davon abzuhalten, „Leben auf dem Mittelmeer zu
       retten“. Allein 2017 ertranken über 3.000 Menschen bei ihrer Flucht über
       das Mittelmeer.
       
       „In den weitergeleiteten Akten werde ich als führende Schleppern
       bezeichnet“, sagt sie. Kommt es bei Schlepperaktionen zu Toten, verschärft
       dies nach marokkanischem Recht den Tatbestand der Mitgliedschaft in einer
       kriminellen Vereinigung. Die Höchststrafe ist dann lebenslänglich. Maleno
       könnte zur Last gelegt werden, dass einige Boote, auf die sie in Anrufen
       aufmerksam machte, nicht gerettet werden konnten.
       
       Die mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Maleno war schon öfter Angriffen
       ausgesetzt. Im Sommer 2017 wurde ihr ein Foto einer geladenen Pistole
       zugeschickt. „Wir raten Ihnen zu schweigen oder Sie werden sterben. Sie
       sind unbequem für die Behörden“, stand darauf zu lesen. Maleno hatte damals
       die unrechtmäßigen polizeilichen Abschiebungen am Grenzzaun in Melilla
       kritisiert.
       
       31 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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