# taz.de -- Kommentar Doping-Urteil: Im Zweifel für die Angeklagten
       
       > 28 russische Sportler waren wegen systemischen Dopings verurteilt worden.
       > Das Schiedsgericht hebt ihre Strafen auf. Das sollte man wertschätzen.
       
 (IMG) Bild: Auch das Urteil schlägt Wellen: Die Disqualifikationen von etlichen Medaillengewinnern von Sotschi 2014 wurden rückgängig gemacht
       
       Erst lebenslange Sperre, [1][dann Freispruch]. Wenn Urteile sich von einem
       Extrem ins andere wenden, dann kann das nur daran liegen, dass die jeweils
       Urteilenden völlig Unterschiedliches in den Blick genommen haben. In diesem
       Fall ist das Verzwickte, dass man für beide Sichtweisen gute Gründe
       vorbringen kann.
       
       Das Internationale Olympische Komitee wollte – ausgehend von der
       Erkenntnis, dass in Russland systemisches Doping betrieben wurde – die
       Profiteure des Systems abstrafen und an ihnen ein Exempel statuieren.
       Angesichts der massiven Betrugsversuche wurde vom IOC ein entsprechend
       starkes Zeichen erwartet. Das Ergebnis waren 43 lebenslange Sperren für
       russische Sportler. Das Prinzip Abschreckung war dabei leitendes Motiv.
       
       Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat nun nach dem Einspruch der
       russischen Sportler 28 lebenslange Sperren [2][in einen Freispruch
       verwandelt]. Elf weitere exkommunizierte Russen dürfen bereits nach den
       Winterspielen in Pyeongchang wieder mitmachen. In seiner Urteilsfindung,
       betonte das CAS, habe man sich strikt darauf beschränkt, über die jeweils
       individuelle Verantwortung zu richten. Die Beweislast sei nicht ausreichend
       gewesen, um zu einem anderen Urteil zu kommen.
       
       Die Wellen der moralischen Empörung werden nach diesem CAS-Richterspruch
       weltweit gewiss hoch schlagen. Dass aber in diesem Fall auch im Sport
       rechtsstaatliche Grundsätze – im Zweifel für den Angeklagten – nicht außer
       Kraft gesetzt werden, sollten alle wertschätzen, die nicht selbst Opfer
       eines Willkürsystems werden wollen.
       
       Russische Sportler stehen derzeit unter Kollektivschuldverdacht. Gemeinsam
       mit ihnen will man auch das System in Haftung nehmen. Das IOC sollte sich
       stattdessen mehr über Sanktionsmaßnahmen Gedanken machen, die direkt auf
       die verantwortlichen Organisatoren des systemischen Dopings in Russland
       zielen. Diese wollen mit den Erfolgen ihrer Athleten nationale Stärke
       demonstrieren. Der Entzug von sportlichen Großveranstaltungen etwa würde
       sie gewiss schmerzen.
       
       1 Feb 2018
       
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