# taz.de -- Kommentar Sozialticket in NRW: Zynisch, aber erwartbar
       
       > Schwarz-Gelb will das Sozialticket in NRW abschaffen. Das Land spart
       > dabei nur wenig – für die Bedürftigen ist es aber eine Katastrophe.
       
 (IMG) Bild: Bunt, aber für einige jetzt unerschwinglich
       
       Kalt lächelnd entlarvt Nordrhein-Westfalens CDU-Verkehrsminister Hendrik
       Wüst das gern bemühte Gerede vom „christlichen Menschenbild“ der Union als
       das, was es viel zu oft ist: leeres Geschwätz. Ausgerechnet bei den Ärmsten
       will der 42-Jährige sparen – und [1][aus der Landesförderung für
       Sozialtickets im öffentlichen Nahverkehr aussteigen]. Bis zu 40 Millionen
       Euro im Jahr will Wüst so sparen.
       
       Haushaltstechnisch ist das reine Symbolpolitik: Bei für 2018 geplanten
       Ausgaben von 74,5 Milliarden Euro geht es um ein halbes Promille des
       Landesetats. Hunderttausenden finanziell abgehängten Menschen aber bedeutet
       der verbilligte Fahrschein viel: Das Ticket, das in Nordrhein-Westfalens
       größtem Verkehrsverbund VRR aktuell 37,80 Euro im Monat kostet, sichert
       ihre Mobilität – und damit gesellschaftliche Teilhabe.
       
       Wüsts Kahlschlag gefährdet nicht nur den Besuch bei verbliebenen
       FreundInnen oder den Arztbesuch – er nimmt Marginalisierten, denen wegen
       Geldmangels ohnehin Vereinsamung droht, die Chance, überhaupt aus den
       Ghettos der Armen herauszukommen. Denn im Regelsatz nach Hartz IV sind
       gerade einmal 25,77 Euro im Monat für Mobilität vorgesehen. Die Folge: 2015
       -neuere Zahlen gibt es nicht – nutzten in dem Bundesland nur rund 290.000
       Menschen das Sozialticket – dazu berechtigt wären Millionen.
       
       Zynisch ist es deshalb, wenn Christdemokrat Wüst treuherzig versichert, er
       setze doch nur ein Wahlversprechen um: Die 40 Millionen sollen künftig in
       neue Straßen investiert werden. Gerade einmal vier Kilometer Autobahn kann
       der Verkehrsminister davon bauen. Trotzdem war dieser Zynismus auch
       erwartbar: Im Koalitionsvertrag der seit Juni regierenden Landesregierung
       von CDU und FDP kommt aktive Sozialpolitik kaum vor. Gepriesen wird
       stattdessen die „Familie als das zuverlässigste soziale Netz in unserer
       Gesellschaft“. Der Staat wird Dir nicht helfen, soll das wohl heißen.
       
       Dass es auch menschlich geht, beweist übrigens die rot-rot-grüne Koalition
       im ähnlich klammen Berlin. Dort hat der Senat den Preis für das
       Sozialticket im Sommer gesenkt – auf 27,50 Euro, den nach Hartz
       vorgesehenen Regelsatz.
       
       24 Nov 2017
       
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