# taz.de -- Die Wahrheit: Welche Tiere Mieter halten
       
       > Sprachkritik der Wahrheit: Wer die Reihenfolge Subjekt, Prädikat, Objekt
       > im Satz nicht will, kann vergurken schon einmal etwas.
       
 (IMG) Bild: Manche drücken bei der korrekten Satzstellung ein Auge zu
       
       Schöne Sätze gibt es im Deutschen, Sätze wie „Am Anfang schuf Gott Himmel
       und Erde“ oder „Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und
       Universität, gehört dem Könige von Hannover und enthält 999 Feuerstellen,
       diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer,
       eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist“ –
       klassische Beispiele, in denen jedes Wort an seinem gut gewärmten Platz
       ist. Es geht auch anders.
       
       Meist auf der richtigen Seite siedelt, wer sich brav an die Reihenfolge
       Subjekt, Prädikat, Objekt hält – siehe oben Heinrich Heines sauber
       verputzten Satz. Man kann aber auch das Objekt voranstellen, am besten so:
       „Welche Tiere Mieter halten dürfen, entscheidet der Vermieter.“
       (Süddeutsche Zeitung) Hätte der Verfasser allerdings geschrieben: „Welche
       Tiere ein Mieter halten darf“, wäre es langweilig – aber er hat zum Glück
       die Pluralkrankheit.
       
       Von der Regel, dass es keine Regel ohne Ausnahmen gibt, gibt es keine
       Ausnahmen; auch hier nicht, weil es massenhaft Ausnahmen gibt vom
       SPO-Muster: dank der stilistischen Vorschrift, zuvörderst den Schwerpunkt
       der Aussage, das Rhema, zu nennen, das den Satzakzent trägt, und dann erst
       den Ausgangspunkt der Mitteilung, das Thema. Wenn dieses ominöse Rhema nach
       vorn marschiert, muss sogar der liebe Gott zurücktreten: Deshalb steht
       nicht Er, sondern buchstäblich der Anfang am Anfang der Bibel.
       
       ## Komisches Unglück
       
       Die Reihenfolge der Wörter ist nicht schnurz, sonst geht die Erschaffung
       zwar nicht der Welt, aber – „es kommt zu sagen einer Binse gleich“ (taz) –
       die eines Satzes daneben, und es geschieht ein Unglück, im besten Fall ein
       komisches: „Neun der Packstellen befinden sich auf Höfen mit bis zu 12.000
       Hühnern, die ihre Eier selbst vermarkten.“ (taz)
       
       Dass bis auf das finite Verb die Stellung der Satzglieder scheinbar
       beliebig ist, hat zur Folge, dass manche Leute die Satzglieder nach
       Belieben in den Satz stopfen, zum Beispiel im Göttinger Tageblatt: „In den
       Räumen, in denen früher das griechische Lokal Z-Zorbas seinen Platz hatte,
       bietet das Mallorca nun am Papendiek spanische Küche an.“ Besser hieße es
       „In den Räumen am Papendiek, in denen“ und so weiter, weil die
       zusammengehörenden Teile eines Satzgliedes zusammengehören. Allerdings
       erführe man so nicht, dass die sozialen Medien nicht etwa Mark Zuckerberg
       gehören: „Was für eine überraschende Reaktion auf den Wahlsieg von Donald
       Trump in den sozialen Medien von C.s Freunden!“ (taz)
       
       Und was machen die deutschen Medien? „Binnen fünf Jahren wurde eine
       Einspar-Zielmarke von 44 Millionen Euro ausgegeben“, schreibt die taz über
       den hannoverschen Madsack-Konzern, der sich also viel Zeit ließ, ein
       Sparprogramm auszuhecken, und trotzdem noch nicht weiß, binnen wie viel
       Jahren er die 44 Millionen einsparen will.
       
       Weiter im Programm! Hängt von einem Satzglied ein anderes ab, dann bilden
       die Teile des übergeordneten eine Klammer um die untergeordneten. Die taz
       demonstriert, warum: „Der New Yorker Schriftsteller und Musiker Richard
       Hell liest aus seiner aufrichtig genannten Autobiografie ,Blank
       Generation'.“ Also nicht der Titel, sondern die Autobiografie selbst ist
       aufrichtig, wie irgendjemand behauptet. Ob derjenige welcher aber recht
       hat, steht dahin, wie die taz unterschwellig zu verstehen gibt.
       
       ## Wahre Meinung
       
       Oder unfreiwillig! Ungewollt nämlich lässt mancher manchmal seine wahre
       Meinung durchscheinen: „85.000 Menschen haben 2017 schon Italien erreicht“,
       warnt die taz und zieht die Alarmglocke: Obacht, die ziehen weiter nach
       Norden! Ginge es der taz mehr um das Los der Flüchtlinge, hätte sie ja
       geschrieben, dass schon 85.000 Menschen Italien erreicht haben.
       
       Aber die Lokalpresse ist auch gut. So weiß das Göttinger Tageblatt
       Skandalöses zu vermelden: „Eine Akteneinsicht habe zudem ergeben, dass der
       Bürgermeister nach Veranstaltungen auf Kosten der Stadt wiederholt mit dem
       Taxi nach Hause gefahren sei.“ Was daran verwerflich ist, wiederholt mit
       dem Taxi zu fahren? Da diese Fahrten, anders als die städtischen
       Veranstaltungen, nicht wiederholt auf Kosten der Stadt geschahen, hat es
       doch seine Richtigkeit.
       
       Apropos richtig – drei Beispiele für nicht so klassische Sätze wie oben,
       alle aus der taz: „Die Bild ist nicht hellonophob, auch die Nordsee-Zeitung
       ist es nicht, und das Abendblatt.“ Und: „Als Journalist braucht man eine
       Haltung. Und solange die wach ist, kann auch der Journalismus nicht
       aufhören, das Bedürfnis, die Stimme zu erheben.“ Und: „Es bist Du.“ Lieber
       Leser, es bist du, der es besser kann!
       
       13 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Köhler
       
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