# taz.de -- Norwegens Staatsfonds plant Öl-Ausstieg: Öl und Gas sind nicht profitabel genug
       
       > Der norwegische Staatsfonds ist der größte der Welt. Nun will er 31
       > Milliarden Euro aus Öl- und Gasaktien abziehen – die Branche rechne sich
       > nicht mehr.
       
 (IMG) Bild: Norwegen hat Milliarden mit Öl verdient und das in einen Fonds gesteckt, der jetzt aus dem Öl aussteigt: Förderplattform in Norwegen
       
       Stockholm taz | Der norwegische „Ölfonds“, mit einem Wert von 856
       Milliarden Euro der größte Staatsfonds der Welt, wird sich wahrscheinlich
       von seinen Ölaktien trennen. Die Empfehlung der norwegischen Zentralbank,
       die den Fonds verwaltet, sorgte an den Börsen für Aufruhr: Schon eine
       Minute nach Veröffentlichung der [1][Pressemitteilung der „Norges Bank“] am
       Donnerstagnachmittag [2][sank der Energie-Index „Stoxx 600“] deutlich. Die
       Ölanalytikerin Tina Saltvedt von der „Nordea“-Bank nannte den Schritt ein
       „überraschendes, ein starkes Signal“.
       
       Formal geht es derzeit nur um eine Empfehlung der Zentralbank an die
       Regierung. Letztendlich entscheiden wird darüber das norwegische Parlament,
       das allerdings in der Vergangenheit solchen Empfehlungen gefolgt ist. Alles
       andere als eine Zustimmung wäre deshalb eine Überraschung. Darauf ließen
       auch die ersten Reaktionen der Parteien schließen: Linke und grüne Parteien
       reagierten ebenso wie die Sozialdemokraten positiv und auch der
       finanzpolitische Sprecher der regierenden konservativen „Høyre“ betonte die
       Wichtigkeit „langsichtiger, voraussehbarer Investitionsentscheidungen“.
       
       Der norwegische Staatsfonds wurde mit den Geld aufgebaut, das Norwegen mit
       dem Verkauf seiner Öl- und Gasreserven verdient hat. Der Fonds legt kein
       Geld in Atomwaffenfirmen an oder in Firmen, die gegen Menschenrechte
       verstoßen. 2015 stieg der Fonds [3][außerdem aus Kohle-Aktien] aus. Die
       Einnahmen werden für künftige Generationen angespart, allerdings dürfen
       Regierungen jährlich bis zu 3 Prozent für den Staatshaushalt entnehmen.
       
       Dem Vizechef der Zentralbank, Egil Matsen, zufolge geht es aber nicht um
       klimapolitische Ziele. Die Empfehlung, aus Öl und Gas auszusteigen, beruhe
       „ausschließlich auf finanziellen Argumenten und Analysen“. Unter allen
       Sektoren des Pensionsfonds habe die Öl- und Gasbranche in den vergangenen
       sechs Jahren die geringsten Erträge gebracht. Eine künftige Wertsteigerung
       sei wegen des stark schwankenden Ölpreises nicht zu erwarten. Und weil die
       norwegische Wirtschaft sowieso stark auf Öl- und Gas beruhe und über den
       staatlichen Ölkonzern „Statoil“ eine zusätzliche Abhängigkeit bestehe,
       stelle dies ein hohes Risiko für den Staatshaushalt dar.
       
       ## „Vernünftig“, findet auch der Öl-Branchenverband
       
       Selbst der Direktor des Öl- und Gas-Branchenverbands „Norsk olje og gass“,
       Karl Eirik Schjøtt-Pedersen, bezeichnete die Empfehlung als „vernünftig“.
       Man könne sich nämlich zu Recht fragen, „ob Norwegen einen zu großen Teil
       seines Vermögens in dieser Branche gesammelt habe“. Verkaufe der Fonds nun
       Ölaktien ausländischer Unternehmen, sei das jedenfalls besser, als die
       norwegische Öl- und Gasförderung zu drosseln, was ja auch vorgeschlagen
       worden sei.
       
       Sony Kapoor, Finanzexperte und Berater des UN-Umweltprogramms UNEP spricht
       gegenüber Aftenposten von „einem späten Sieg der Vernunft“. Er selbst habe
       dem Fonds schon 2013 ein „raus aus Öl und Gas“ und ein Umleiten dieser
       Gelder in grüne Investitionen vorgeschlagen und er begrüße, wenn die
       Fondsverwalter „endlich ein wenig Rückgrat“ gegenüber der Öllobby zeigten.
       Hätte sich der Fonds schon 2012 von allen Fossilaktien getrennt, wäre
       dessen Vermögen nun deutlich höher, als es tatsächlich ist, rechnet auch
       die Finanzpublikation E24 vor. Stößt der Fonds alle Öl- und Gasaktien ab,
       würden knapp 6 Prozent, rund 31 Milliarden Euro, seines Portfolios davon
       betroffen sein.
       
       Truls Gulowsen, Vorsitzender von Greenpeace-Norwegen spricht von einem
       „klugen, aber gleichzeitig halbherzigen Schritt“. Wolle Norwegen
       tatsächlich etwas gegen sein „Karbon-Risiko“ tun, müsse das Land aufhören,
       Milliarden in die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder in der Arktis zu
       verschwenden. Was dort unter dem Boden liege sei, nicht nur unprofitabel zu
       fördern, es dürfe auch nicht mehr verbrannt werden, solle der Klimawandel
       nicht ganz außer Kontrolle geraten.
       
       17 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.norges-bank.no/Publisert/Pressemeldinger/2017/2017-11-16-pressemelding/
 (DIR) [2] https://mobile.twitter.com/bloombergnrg/status/931146802522480640
 (DIR) [3] /Pensionsfonds-aendert-Anlagemodell/!5201449
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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