# taz.de -- Parteitag Berliner SPD: Müllers letzte Chance
       
       > Vor dem Parteitag gab es ein Patt zwischen Michael Müller und seinem
       > Kontrahenten Raed Saleh. Doch Müllers starker Auftritt zeigt, dass er
       > kämpft. Das muss er auch.
       
 (IMG) Bild: Michael Müller und Raed Saleh. Zwei Sieger? Zwei Verlierer? Oder doch nur einer?
       
       Es gibt die Momente, in denen selbst ein Michael Müller die Parteiseele in
       Entzückung versetzt. „Nicht jeder in der AfD ist ein Nazi“, sagte Müller am
       Samstag beim Parteitag der SPD, „aber die wollen ein anderes Land, und ich
       will in deren Land nicht leben.“
       
       Müller, Regierender Bürgermeister und SPD-Landeschef, ging angeschlagen zur
       Versammlung der 241 Delegierten am Samstag: Nach der Wahl zum Bundestag,
       bei der die SPD sogar hinter der Linken lag, waren Rücktrittsforderungen
       laut geworden. Aber auch Fraktionschef Raed Saleh, ewig stänkernder Rivale
       Müllers, hatte im Vorfeld einstecken müssen: Fast die Hälfte der Fraktion
       ließ wissen, dass er seinen Job nicht nur schlecht, sondern zuweilen gar
       nicht mache. Es war eine Art Pattsituation, von der es hinterher gern
       heißt, dass es nur Verlierer gegeben habe.
       
       Dass es am Samstag nicht so weit kam, lag an Müllers bemerkenswerter Rede.
       Darin ließ er keinen Zweifel, dass das Wahlergebnis am 24. September
       „desaströs“ und „dramatisch“ sei. Gleichzeitig verwies er darauf, dass sich
       überall in Europa die Sozialdemokratie im Sinkflug befinde. Und seine
       Forderungen, sich den Herausforderungen der Zukunft wie der Digitalisierung
       zu stellen, wiesen darauf hin, dass Müller seine Rolle neu zu definieren
       gedenkt. Als Bundesratspräsident, der er nun für ein Jahr ist, will er
       nicht nur Rot-Rot-Grün zum Erfolg verhelfen, sondern – wie zuletzt mit dem
       „solidarischen Grundeinkommen“ – Akzente setzen, die über die Landespolitik
       hinausgehen.
       
       Offenbar hat Müller begriffen, dass er nur noch diese eine Chance hat. Auf
       dem Parteitag war er der klare Punktsieger. Nun muss er zeigen, dass er die
       Spannung halten kann.
       
       Und was ist mit dem Image des Bürokraten und den „hängenden Mundwinkeln“,
       die ihm seine Kritiker anlasten? Am Samstag konnte Müller sogar
       Selbstironie. „Lasst euch von meinen Mundwinkeln nicht abschrecken“, rief
       er. „Ich sehe immer so aus, das wird auch nicht besser.“
       
       12 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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