# taz.de -- Verfilmung von Jo Nesbøs „Schneemann“: Kühlen Kopf bewahren
       
       > Im Thriller „Schneemann“ kämpft sich Kommissar Harry Hole bei klirrender
       > Kälte mühsam in seinen Job zurück – gegen einen sehr ungemütlichen
       > Killer.
       
 (IMG) Bild: Ermittlungen bei kalter Bratwurst: Michael Fassbender berät sich mit Rebecca Ferguson
       
       Harry Hole geht es nicht gut. Das Trinken lässt ihn nicht in Ruhe und
       beschert ihm manch lästige Überraschung. So muss er gleich zu Beginn von
       „Schneemann“ hustend in einem Spielplatzhäuschen erwachen und, unter den
       Blicken konsternierter Mütter, seinen Nachhauseweg antreten.
       
       Michael Fassbender gibt diesen brillanten, aber persönlich schwierigen
       Ermittler aus Oslo mit leicht zerknautschtem Gesicht. Allein was unter der
       Oberfläche so kräftig an ihm frisst, bekommt man wenig zu ahnen. Immerhin
       arbeitet es in ihm so sehr, dass man ihn bei der Polizei wegen seines
       auffälligen Verhaltens, etwa unangemeldetes Fehlen im Dienst für eine
       geschlagene Woche, gern loswürde. Kriminalistische Verdienste hin oder her.
       
       Dann aber geht es los. Zunächst verschwindet lediglich eine Frau. Bald
       schon steht fest: Es wird gemordet. Brutal. Frauen, genauer junge oder
       werdende Mütter, sind die Zielgruppe des Killers. Dass da ein Serientäter
       am Werk ist, ahnt die junge Kollegin Katrine Bratt (Rebecca Ferguson), die
       eigentlich im Fall ermittelt. Da sich schon bald der Jagdinstinkt von Harry
       Hole zu regen beginnt, reißt dieser den Fall ungefragt an sich. Die junge
       Polizistin lässt ihn gewähren.
       
       ## Krimi-Bestseller als Vorlage
       
       Jo Nesbøs gleichnamiger Krimi-Bestseller ist die Vorlage für „Schneemann“.
       Einen solchen hinterlässt der Mörder regelmäßig an seinen Tatorten, denn er
       schlägt stets dann zu, wenn fester Niederschlag zu fallen beginnt. Diese
       Kullerfiguren mit ihren lochartigen Augen und den angriffslustig
       aufgestellten Ärmchen aus Zweigen sind neben der menschenabweisenden
       norwegischen Winterlandschaft eine der eindeutig schönsten
       Inszenierungsideen des Films.
       
       Auch ansonsten hätte die Vorlage, ahnt man, einen packenden Thriller mit
       allerhand gebrochenen Figuren hergegeben. Der schwedische Regisseur Tomas
       Alfredson, der mit der Verfilmung betraut wurde und der so sensibel offene
       Filme wie die Vampir-Jugendgeschichte „So finster die Nacht“ verantwortet
       hat, konnte aber anscheinend nicht richtig viel mit der Geschichte
       anfangen. Oder ihm wurde kräftig während der Arbeit reingeredet.
       
       Anders lässt sich kaum erklären, wie der Film, auf dessen Besetzungsliste
       klingende Namen stehen – Charlotte Gainsbourg gibt Rakael, die ehemalige
       Freundin von Hole, in weiteren Rollen sind Chloë Sevigny, Val Kilmer oder
       J. K. Simmons zu sehen –, so wenig Atmosphäre entwickelt, eine so
       verholperte Dramaturgie entfaltet und überhaupt kaum etwas an echter
       Thriller-Spannung aufkommen lässt.
       
       ## Michaels Fassbenders Stinkstiefeligkeit
       
       Trotz der obligatorischen Verwirrspiele bei der Spurensuche und der zum
       Teil sehr grafischen Gewalt, die allerdings weniger Schock- als Ekelmomente
       hervorruft. Etwa wenn einer der Schneemänner zweckentfremdet wird und einen
       menschlichen Kopf aufgesetzt bekommt. Kann man vorab im Trailer sehen, wenn
       man will.
       
       Am erstaunlichsten ist allerdings, wie wenig die Schauspieler miteinander
       ins Geschäft kommen. Sie wirken schief in den Film hineingestellt, ohne
       dass sie eine Idee hätten, was sie da jetzt bitte schön tun sollen.
       
       Michael Fassbender hat außer abwesender Stinkstiefeligkeit kaum
       Bemerkenswertes zu bieten, ebenso wenig Charlotte Gainsbourg oder die
       extrem blass ins Geschehen integrierte Rebecca Ferguson. Einzig ein paar
       Nebenrollen wie die von Val Kilmer und dem famosen Toby Jones gespielten
       Bergener Polizisten setzen winzige Lichtpunkte in das Geschehen.
       
       Das reicht in der Summe nicht für einen Thriller, der einen in irgendeiner
       Weise für die handelnden Personen oder die Lösung des Falls – die gibt es
       am Ende, klar – einnehmen sollte. Stattdessen macht sich sehr schnell
       eisige Langeweile breit.
       
       18 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tim Caspar Boehme
       
       ## TAGS
       
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