# taz.de -- Rücktrittsforderungen in Togo: Proteste gegen die Dynastie
       
       > Die Opposition und die Zivilgesellschaft fordern das Ende der Amtszeit
       > von Präsident Gnassingbé. Doch der will bleiben. Vorerst?
       
 (IMG) Bild: Oppositionelle fordern auf einer Demonstration am 7. September den Rücktritt des Präsidenten
       
       Lomé taz | Jacque Dossey wird mit jedem Satz lauter. Der junge Mann trägt
       ein weißes, langärmeliges T-Shirt, ist Journalist und hat in den
       vergangenen Monaten zahlreiche Demonstrationen besucht – als Reporter, aber
       vor allem als Togoer, der Verantwortung für sein Heimatland übernehmen
       will. „Wir jungen Menschen haben überhaupt keine Chance“, sagt er wütend,
       meint damit aber nicht nur seine eigenen beruflichen Möglichkeiten.
       
       Togo, mit 7,6 Millionen eins der kleinen westafrikanischen Länder, sei
       völlig runtergewirtschaftet. Es gebe keine Arbeit, aber vor allem keine
       Perspektiven. Zahlreiche Menschen in seinem Alter würden deshalb versuchen,
       irgendwie nach Europa zu gelangen. Im Entwicklungsindex der UNO liegt Togo
       auf Rang 166 von 189.
       
       Was den 27-jährigen Dossey aber genauso ärgert, ist das Schweigen an der
       Staatsspitze. Präsident Faure Gnassingbé würde sich zu allem, was gerade in
       seinem Land passiert, nicht äußern, schimpft er. Die aktuelle Strategie der
       Regierung lautet stattdessen, Konfrontation und Kritik zu unterdrücken.
       Neuester Versuch ist das Demonstrationsverbot unter der Woche, von dem sich
       die Opposition aber nicht einschüchtern lassen will und es als Rechtsbruch
       bezeichnet. Sie hat angekündigt, am 18. und 19. Oktober wieder landesweit
       auf die Straßen zu gehen und das Ende der Gnassingbé-Dynastie zu fordern.
       Anfang September sollen alleine in Lomé mehr als 100.000 Menschen unterwegs
       gewesen sein.
       
       An Tagen, an denen nicht demonstriert wird, ist allerdings wenig von der
       Proteststimmung zu spüren. Die Hauptstadt, die mancherorts eher wie ein
       Dorf anmutet, wirkt träge. Rote T-Shirts und selbstgemalte Protestplakate
       tauchen nirgendwo auf. Doch egal, mit wem man spricht: Die Proteste in Togo
       sind das Thema schlechthin. Neben einem Präsidenten, der, so sagen seine
       Gegner, wie sein Vater auch im Amt sterben will, kritisieren viele Menschen
       Perspektivlosigkeit und Armut, aber auch Menschenrechtsverletzungen, die
       sehr offen angeprangert werden.
       
       ## Die Armee ist überall präsent
       
       Dabei fällt ein Name immer wieder: Mango, eine Stadt im Norden des Landes
       kurz vor der Grenze zu Ghana. „Dort gab es eine Demonstration, die
       unterdrückt wurde“, sagt Aimé Adi, Leiter des Landesbüros von Amnesty
       International (AI). Ein sei dabei ums Leben gekommen, neun Jahre alt,
       erschossen. Zahlreiche Bewohner seien nach Ghana geflüchtet. Mehr als 30
       würden in Untersuchungshaft sitzen.
       
       Obwohl all das schon knapp vier Wochen her ist, hat sich die Stimmung
       bisher nicht beruhigt: „Bis heute fahren abends Militärfahrzeuge durch die
       Straßen“, sagt Adi. Dass dieser Fall wie auch der der zwei ermordeten
       Demonstranten Ende August aufgeklärt wird, davon geht Adi nicht aus.
       „Untersuchungen werden zwar manchmal angekündigt. Aber wir haben nie
       Ergebnisse“, kritisiert der Menschenrechtler, der mehr Transparenz und das
       Ende der Straflosigkeit fordert. Ohnehin ist auffällig, dass die Armee bei
       Kundgebungen und Demonstrationen ständig und überall präsent ist und somit
       die Rolle der Polizei übernimmt.
       
       Dass die aktuelle Regierung diesen Trend wieder stoppt, davon geht niemand
       aus. Togo ist seit Jahrzehnten für seinen repressiven Umgang mit Kritikern
       bekannt. Doch das Land ist klein und strategisch unbedeutend, weshalb es
       nie zu einem ernstzunehmenden internationalen Aufschrei kam. Dabei
       berichten Ausländer, die vor Jahrzehnten in Lomé gelebt haben, Togoer, dass
       früher immer wieder Leichen von Oppositionellen an den Strand angespült
       wurden.
       
       Es waren die Jahre von Gnassingbé Edema, Vater des amtierenden Präsidenten.
       An die Staatsspitze gelangte er nach einem Putsch im Jahr 1967 und baute
       nach und nach die Herrschaftsansprüche aus. Nach dessen Tod kam Sohn Faure
       2005 an die Macht. Die Präsidentschaftswahl galt damals als Farce. Genau
       deshalb lehnt die Opposition auch das von der Regierung vorgeschlagene
       Referendum – ein angebliches Entgegenkommen – ab, in dem über die Zahl der
       Präsidentschaftsmandate abgestimmt werden könnte. Dabei hatte es bereits
       1992 eine Verfassung gegeben, die die Amtszeit auf maximal zehn Jahre
       begrenzt.
       
       ## Das Ziel der Opposition
       
       Genau dorthin will die Opposition, die sich aus 14 Parteien zusammensetzt,
       zurück. „Und zwar mit allen Konsequenzen und dem Rücktritt des
       Präsidenten“, sagt Oppositionsführer Jean-Pierre Fabre (65), der bei den
       Wahlen 2015 abgeschlagen auf dem zweiten Platz landete. Würde Gnassingbé
       noch in diesem Jahr zurücktreten, dann „wäre das gut für ihn und für uns
       alle“, so Fabre, der gerade von einem Treffen zum nächsten eilt und auch
       dafür sorgen muss, dass die Opposition nicht zerbricht und der Druck
       aufrecht erhalten werden kann. Jeder Protesttag bedeutet für Demonstranten
       schließlich einen Arbeitsausfall und keinerlei Einnahmen.
       
       Dass sich Faure Gnassingbé wie vor drei Jahren auch Blaise Compaoré in
       Burkina Faso dem Druck auf der Straße beugt, gilt trotz der Massenproteste
       bisher noch als recht unwahrscheinlich. Hinter vorgehaltener Hand wird eher
       spekuliert, dass er bis 2020 im Amt bleibt und bei den Wahlen nicht erneut
       antritt.
       
       15 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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