# taz.de -- Rassismusvorwurf gegen Leipziger Polizei: Empörung über Nachteinsatz
       
       > Teilnehmer einer Tagung in Leipzig wurden von der Polizei für Einbrecher
       > gehalten. Nur, weil sie schwarz waren? Die Polizei bestreitet das.
       
 (IMG) Bild: Nicht bei allen beliebt: Farbbeutelanschlag auf ein Leipziger Polizeirevier, Juli 2017
       
       Berlin taz | Eine Konferenz in Leipzig schlägt nachträglich hohe Wellen.
       Zwei Teilnehmer, die aus Kamerun stammen und in Deutschland leben, werden
       ihren Aufenthalt in der sächsischen Messestadt wohl so schnell nicht
       vergessen. Während der dreitägigen Konferenz waren sie in der Wohnung einer
       Tagesmutter untergebracht, die dort unter der Woche Kleinkinder betreut.
       
       Nachbarn kamen die Gäste aber offenbar suspekt vor, weshalb sie die Polizei
       riefen. Die Beamten klingelten die Gäste am Samstagabend aus dem Schlaf und
       gingen dabei recht grob vor – einem der Gäste legten sie sogar Handschellen
       an. Das hat nun ein öffentliches Nachspiel.
       
       Nachdem er die Tür geöffnet habe, sei einer der Polizisten sofort gewaltsam
       auf ihn losgegangen, habe „Ausweis, Ausweis“ gerufen und ihm schmerzhaft
       den Arm verdreht, berichtet der Referent Péguy Takou Ndie. „Ich wollte
       einen Freund anrufen, damit er mit der Polizei spricht, warum wir hier
       untergebracht sind und dass alles seine Richtigkeit hat“, so Péguy Takou
       Ndie, „aber ich wurde gar nicht erst angehört. Mir wurde einfach der Arm so
       sehr nach hinten gebogen, dass ich heute noch Schmerzen in der Schulter
       habe.“
       
       Der zweite Betroffene, der Filmemacher Richard Djif, stützt diese
       Darstellung: „Mich hat schockiert, dass die Polizisten sofort Gewalt
       angewendet haben, obwohl wir nur Schlafanzüge trugen und ganz
       offensichtlich nicht gefährlich waren.“ Beide beteuern, ruhig reagiert und
       sich gesprächsbereit gezeigt zu haben. Erst nachdem die Organisatoren der
       Konferenz herbeigerufen wurden und mit den Polizisten sprechen konnten,
       seien die Gäste in Ruhe gelassen, und die Polizei verließ den Ort, heißt
       es.
       
       ## Veranstalter sprechen von „rassistischer Polizeigewalt“
       
       Das Organisationsteam der Konferenz spricht von rassistisch motivierter
       Polizeigewalt. „Wir sind empört, weil es wegen Alltagsrassismus und
       Polizeigewalt unmöglich war, ungestört die Zusammenhänge von Migration,
       selbstbestimmter Entwicklung und ökologischer Krise zu diskutieren und
       konkrete Handlungsmöglichkeiten zu besprechen“, klagt Matthias Schmelzer
       vom Konzeptwerk Neue Ökonomie in einer Presseerklärung.
       
       Neben anderen Vereinen hatte sein Verband am vergangenen Wochenende die
       Konferenz „Selbstbestimmt und solidarisch!“ zu „Migration, Entwicklung und
       ökologischer Krise“ in Leipzig organisiert. Vom Leipziger Initiativkreis
       „Menschen.Würdig.“ heißt es, es gehöre zur sächsischen Realität, dass Teile
       der Polizei mit Pegida sympathisieren. Darum sei das Vorgehen nicht
       überraschend.
       
       Die Leipziger Polizei weist diese Vorwürfe scharf zurück. „Die Leipziger
       Polizei ist nicht rassistisch!“, heißt es in einer Pressemitteilung der
       Behörde, welche deren Sicht schildert. Demnach seien die Beamten am
       Samstagabend gerufen worden, weil in der im Erdgeschoss eines
       Mehrfamilienhauses ansässigen Kindertagesstätte mehrere Unbekannte bemerkt
       worden seien. Weil in den Räumen der Kindertagesstätte kein Licht gebrannt
       habe, aber Menschen zu hören gewesen seien, habe ein Beamter mehrfach gegen
       die Tür geklopft und mit den Worten „Polizei, aufmachen!“ diese
       aufgefordert, die Tür zu öffnen.
       
       Die Tür sei erst nach einer Weile geöffnet worden, woraufhin man die
       Personen aufgefordert habe, sich auszuweisen, weil man sie für „Unbefugte“
       hielt. Eine Person sei „unverständlicherweise zunehmend verbal aggressiv“
       aufgetreten und habe sich geweigert, ihren Ausweis zu suchen. Weil dieser
       Mann handgreiflich geworden sei, habe man ihm „kurzzeitig“ Handschellen
       angelegt. Nachdem telefonisch geklärt werden konnte, dass es sich um Gäste
       handelte, denen die Wohnung zur Übernachtung überlassen worden sei, habe
       man die Handschellen entfernt. Von Schmerzen sei dabei jedoch keine Rede
       gewesen.
       
       ## Leipzigs Polizeipräsident keilt zurück
       
       Das Bündnis „Menschen.Würdig“, fordert von der Leipziger Polizei, sich bei
       den beiden Männern zu entschuldigen. Kim Schönberg vom Initiativkreis
       fordert, dass „interkulturelle Kompetenzen sowie Antirassismustraining zum
       Inhalt verpflichtender Fortbildungen werden“, und spricht sich für eine
       unabhängige Beschwerdestelle aus, um Fehlverhalten der Polizei zu
       verfolgen.
       
       Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz nennt die Rassismusvorwürfe dagegen
       „eine Unverschämtheit“, „Stimmungsmache“ und spricht von „Stigmatisierung
       der Polizei“. Er verwahre sich entschieden dagegen, dass seine Beamten als
       „rassistisch“ dargestellt würden, empört er sich.
       
       Merbitz wirft den Veranstaltern vielmehr vor, sie hätten die Polizei vorab
       über die Veranstaltung und deren Gäste informieren müssen. „Kann man es
       einem Bürger verübeln, welcher über Notruf die Polizei verständigt, wenn
       Personen zu ungewöhnlicher Zeit in einer Kindertagesstätte sind“, fragt er.
       „Was wäre, wenn die Polizei nicht reagiert hätte“? Seine Beamten hätten den
       Verdacht gehegt, dass es sich um einen Einbruch gehandelt habe. Das habe
       mit der Hautfarbe nichts zu tun, so Merbitz. Er habe kein Verständnis
       dafür, seine Beamten öffentlich anzuklagen, ohne zuvor das Gespräch mit ihm
       gesucht zu haben.
       
       „Ich fühle mich sehr unsicher in Deutschland, wenn rassistische Vorurteile
       bei der Polizei zu solchen Übergriffen führen“, sagt dagegen Richard Djif.
       So steht in Leipzig nun Aussage gegen Aussage.
       
       11 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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