# taz.de -- Kolumne Minority Report: Poolparty in Afghanistan
       
       > Tübingens OB Boris Palmer hat immer seinen Burkini dabei – für den Fall,
       > dass er ein neues Fettnäpfchen zum Planschen entdeckt.
       
 (IMG) Bild: Mit der Vespa wäre der Afghanistan-Trip natürlich auch möglich
       
       Sommer, Sonne, Strand! Endlich haben auch in den letzten Bundesländern die
       Sommerferien begonnen, sodass die Privilegierteren unter uns den lange
       geplanten Sommerurlaub antreten können. Ein paar Extra-Hunnis auf dem
       Konto, eine formelle Anstellung mit Urlaubsanspruch und ein Pass, der
       Reisefreiheit garantiert – mehr braucht es gar nicht, um für ein paar
       Wochen dem erbarmungslosen Schlandwetter zu entkommen.
       
       Ich kenne einen, der sich den Sommerurlaub mit Sicherheit leisten kann:
       Boris Palmer. Schließlich ist er Oberbürgermeister von Tübingen, diesem
       pittoresken schwäbischen Städtchen mit der gefühlt höchsten
       Mercedes-Dichte. Zwar hat er nicht bekannt gegeben, wo er die Sommerferien
       verbringen wird. Aber im aktuellen Spiegel-Interview macht er ein paar
       Andeutungen, die zumindest eine Tendenz erkennen lassen. Ich tippe auf:
       Afghanistan.
       
       ## Rechnen kann er
       
       Sie denken jetzt: „Wow, das ist aber ein gewagtes Ziel!“ Nun ja, dann
       kennen Sie Boris Palmer nicht. Lesen Sie sein neues Buch, in dem er endlich
       „Klartext“ spricht („Wir können nicht allen helfen“, Siedler Verlag), und
       Sie werden sehen: Dieser Mann ist so abenteuerlustig, der hat immer seinen
       Burkini, ähm sorry, seine Badehose dabei – nur für den Fall, dass er
       zufällig ein neues Fettnäpfchen entdeckt. Platsch!
       
       Oder nö, lassen Sie das Buch. Schlagen Sie den Spiegel auf. Dort warnt
       Palmer vor voreiligen Pauschalisierungen unter dem Deckmantel der
       „Sicherheit“: In Brasilien, rechnet er vor, würden pro Jahr 50.000 Menschen
       umgebracht – das Land sei also genauso gefährlich wie Afghanistan (nur dass
       in Brasilien 170 Millionen mehr Menschen leben, aber egal).
       
       „Trotzdem haben wir da eine Fußball-WM abgehalten, und niemand sagt, dass
       man nicht hinfliegen kann. Es gibt eine gefühlte Wahrnehmung von
       Unsicherheit, was Afghanistan angeht, die vor allem durch Bilder von
       Anschlägen transportiert wird. Sie hat aber nichts mit der
       Wahrscheinlichkeit zu tun, dass jemandem tatsächlich etwas zustößt, der
       dorthin abgeschoben wird.“
       
       ## BoRisk, BoFun
       
       Wo er recht hat, hat er recht. Komischerweise wird über Afghanistan immer
       nur berichtet, wenn ein Anschlag passiert. Und wir lassen uns davon
       manipulieren, ohne das Land überhaupt zu kennen, in real life. Und es ist
       ja nicht so, dass Palmer sagt, es sei „ungefährlich“. Nur dass es überall
       gefährlich ist und man ja trotzdem wegfährt, frei nach dem Motto: BoRisk,
       BoFun.
       
       Hätte das Interview zwei Seiten mehr bekommen, vielleicht hätte Palmer uns
       auch von den exotischen Vorzügen berichten können, die Afghanistan für den
       aufgeschlossenen Weltenbummler so bereithält:
       
       Eine Cuisine, die trotz oder gerade wegen Dürre und zersprengter Dämme
       besonders kreativ ist (kochen ohne Wasser= voll future!); die wunderschöne
       Landschaft der Taliban-Hochburg Kandahar, deren Flussufer-Feuerwerke der
       Copacabana in nichts nachstehen; und natürlich die Partyhauptstadt Kabul,
       wo die Konsularabteilung der deutschen Botschaft seit Ende Mai einen
       bombastischen Karneval feiert und deshalb kaum noch zur Arbeit kommt. Wir
       sind gespannt auf die Selfies, Bo! Schönen Urlaub!
       
       31 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fatma Aydemir
       
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